Von der „Autobahn“ zum natürlichen Fluss: Großbaustelle zur Renaturierung der Iller

Die Iller soll durch das Projekt „Agile Iller“ wieder ein ursprünglicher Fluss werden und schneller fließen können, zudem sollen mehr Laichplätze für die unterschiedlichen Fischarten geschaffen werden und die Menschen sollen die Iller als Naherholungsraum erleben können. Im Bereich des Marktes Altenstadt rückt hierzu ein Großprojekt in den Blickpunkt, das voraussichtlich rund sechs Millionen Euro kosten wird. Los geht es im Herbst mit einer großflächigen Rodung von Bäumen an der Iller und im Iller-Auwald.
Peter Faigle vom Regierungspräsidium Tübingen berichtete in Altenstadt, dass auf einem relativ langen und rund 40 Meter breiten Teilstück der Iller mehrere ökologische Verbesserungen umgesetzt werden sollen. Es handelt sich dabei um einen 1,3 Kilometer langen Abschnitt, der sich von der Illerbrücke/Kreisstraße flussabwärts in Richtung Balzheim zieht. Ziel der Maßnahme ist es, die Iller dort wieder zu einem sich dahinschlängelnden Fluss umzugestalten: „Die Iller ist in diesem Bereich gerade wie eine Autobahn. Das wollen wir ändern.“
Ökologische Umgestaltung der Iller bei Altenstadt startet Ende 2025
Altenstadts Bürgermeister Wolfgang Höß sprach mit Blick auf die Bauarbeiten, die Ende 2025 abgeschlossen sein sollen, von einem enormen logistischen und organisatorischen Aufwand. Es gehe darum, dem Fluss Naturraum wieder zurückzugeben. Um dies zu erreichen, werden auf bayerischer Seite Ausbuchtungen ins Illergries hineingearbeitet und kleine Inseln geschaffen. Auf diese Weise sollen auch Zonen geschaffen werden, in die sich die Iller bei Hochwasser ausdehnen kann. In den Fluss selbst werden Steinaufschüttungen eingebracht. Auf diese Weise soll sich letztlich mehr Fließgewässer mit unterschiedlichen Strömungsbereichen entwickeln.
Das ganze Gewässer werde leicht seitlich verschoben. An der Abfahrt der Kreisstraße an der Brücke wird ein Naherholungsbereich entstehen, der im Flachwasser auch Zugang zur Iller ermöglichen soll. Laut Planer Jürgen Rapp vom Planungsbüro RSI in Ummendorf fördert diese Neugestaltung der Iller die Artenvielfalt und die Anzahl der Lebewesen. Der neue Lebensraum werde zu mehr Fischnährtieren und zu einer höheren Population an Fischen führen.
Iller-Radwanderweg ist von den Arbeiten nicht betroffen
Der Kiesweg auf der bayerischen Seite der Iller müsse wegen der Einbuchtungen ins Illergries zurückgebaut werden. Der neue Weg führt in Richtung Kaula-Kanal, an diesem entlang und nach dem Ende der Ausbaustrecke wieder zurück an die Iller. Den Radweg an der Iller zu belassen ergebe keinen Sinn, da im Auwald Ausdehnungszonen für Hochwasser geschaffen werden sollen. Am Kaula-Kanal wird zudem ein rund eineinhalb Meter hoher Damm erstellt. Der Iller-Radwanderweg befindet sich auf württembergischer Seite und sei nicht beeinträchtigt. Auch Sinningen sei nicht betroffen, in diesem Bereich greife man nicht in die Iller ein.
Große Teile des benötigten Walds befinden sich im Besitz des Freistaats, ein Teil des Gebiets gehört dem Markt Altenstadt. Der überschüssige Kies wird nicht abgefahren, sondern im Bereich des Filzinger Wehrs wieder in den Fluss eingebracht. Der Kies soll als natürliches Geschiebe dienen – er bewegt sich also mit dem fließenden Wasser mit. Die Transportbewegungen nehmen ein beachtliches Ausmaß an. Jürgen Rapp erläuterte, dass von rund 3000 Lastwagenfahrten mit Kies in Richtung Filzinger Wehr auszugehen sei. Letztlich müssen demnach rund 80.000 Kubikmeter Kies, circa 30.000 Kubikmeter Sand und eine große Menge an Waldboden bewegt werden. Die Baustelle wird beidseitig an der Iller eingerichtet.
Marktrat Hubert Berger fragte nach, ob der Markt Altenstadt entschädigt wird. Peter Faigle antwortete, dass die Marktgemeinde eine Entschädigung für das Holz erhalte. Der entnommene Waldboden habe keinen finanziellen Wert. Auf einer Breite von 40 Metern habe sich die Wasserwirtschaft das Nutzungsrecht gesichert. Wolfgang Höß fügte an, dass es einen Forstbetriebsplan für die Waldbewirtschaftung gebe. Daraus gehe hervor, welche Flächen bewirtschaftet und aufgeforstet werden oder eben brach liegen.
Quelle: Illertisser Zeitung 01.08.24
ie Iller im Wandel
von Ursula Katharina Balken
Vöhringen In der Vielzahl der Gebirgsflüsse, die der Donau entgegenströmen, ist die Iller ein besonderes Juwel. Sie prägt mit ihrer Wasserkraft Landschaften, Städte und Gemeinden, gibt ihnen ein unverwechselbares Gesicht. Aber der Fluss hat auch seine Launen. Bei Hochwasser war er jahrelang unberechenbar. Wasserfluten verwüsteten Äcker und Felder und machten auch vor den Siedlungen nicht halt. Ein Lied davon können die Bewohner von Illerzell singen.
Erinnert sei an das verheerende Hochwasser von 1999. Schutz vor der unberechenbaren Iller lautete das Gebot der Stunde. Dafür wurde viel Geld investiert. Aber man wollte auch berücksichtigen, dass die Iller wieder zu einem lebendigen naturnahen Fluss werden sollte mit Laichplätzen für Fische und mehr Lebensraum für ufernahe Vegetation. Das soll mit dem Projekt „Agile Iller“ erreicht werden, das nach längerem Vorlauf 2017 auf den Weg gebracht wurde. Dafür haben der Freistaat Bayern und das Land Baden-Württemberg, die das Projekt gemeinsam tragen, 70 Millionen Euro bereitgestellt.
Die Planungen sehen 59 Umbaumaßnahmen vor. So werden Fische wieder die Iller hinauf wandern können und es werden neue Seitenarme geschaffen. Aber genau das löst bei den Illerzeller Bewohnern Befürchtungen aus. Doch dazu sagt der Projektleiter Agile Iller vom Wasserwirtschaftsamt Kempten, Jonas Meinzer, „die Seitenarme werden durch Ein- und Auslassbauwerke im Hochwasserfall von der Iller abgeriegelt. Es befindet sich dann kein Abfluss in diesen Bereichen. Die Hochwassersituation wird definitiv nicht verschlechtert. Dies ist stets Bedingung bei unseren wasserbaulichen Vorhaben.“ Die Iller, so Meinzer, ist durch die Vielzahl der Querbauwerke geprägt von Staubereichen. Diese fehlende Dynamik soll in den Seitengewässern wiederhergestellt werden. Diese bieten nämlich verloren gegangene Lebensräume und Rückzugsorte für Fische bei Hochwasser.
„Vereinfacht kann gesagt werden, je mehr Vielfalt in der Gewässerstruktur, desto mehr Artenvielfalt erreichen wir. Im jetzigen Zustand stellt die Iller eine sehr monotone Wasserautobahn dar.“ Das ursprünglich natürliche Gefälle wird als Folge der Illerbegradigung zu großen Teilen durch die errichteten Querbauwerke abgebaut. So entstanden Flussabschnitte mit niedrigem Gefälle und damit gingen die voralpinen Fließgewässereigenschaften verloren. Durch den Bau von Seitenarmen, so Meinzer, wird versucht, einen erweiterten Fließgewässer-Lebensraum mit natürlichen Sohllagen und Funktionen als Lebensraum zu schaffen. „Das ermöglicht eine Annäherung an den verzweigten Gewässerlauf mit seinen zahlreichen Nebenrinnen“, erklärt Meinzer.
Oberste Priorität bei dem Projekt Agile Iller hat aber die Herstellung der Ökologischen Durchgängigkeit – sprich der Umbau der Querbauwerke in Rampen. „Dies wird drei bis vier Jahre dauern“, sagt Jonas Meinzer und erklärt am Abschnitt bei Illerzell: „Die Seitengewässer werden dann im nachfolgenden Schritt geplant und hergestellt. Eine Umsetzung wird daher wahrscheinlich nicht in den nächsten fünf Jahren erfolgen. Da müssen wir uns noch ein wenig gedulden.“
Das Gesamt-Projekt Agile Iller soll in einem Zeitraum von zehn Jahren verwirklicht werden, aber ob dieser Termin eingehalten werden kann, sei nicht sicher, meint Gunther Wölfle vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth. „Ursprünglich gingen wir davon aus, die Maßnahmen innerhalb von zehn Jahren umzusetzen. Ob dies aufgrund langwieriger Planungsabläufe und Verfahren gelingt, bleibt abzuwarten.“ Wölfle weist darauf hin, dass die Iller-Renaturierung im Bereich Vöhringen mit den bereits abgeschlossenen und sichtbaren Maßnahmen schon vor 2017 begonnen wurde, also bevor das Projekt Agile Iller startete. „Aus Konformitätsgründen wurde dieses Stück der Renaturierung in das Gesamtprojekt Agile Iller integriert“, erklärt Wölfle. Freunde des Flusses wissen dies zu schätzen. Denn bei Niedrigwasser bietet sich großen und kleinen Leuten ein wunderschönes Naherholungsgebiet.
Die Europäische Union hat Wasserrichtlinien erlassen, nach denen der Durchgängigkeit eines Flusses oberste Priorität einzuräumen ist. Darauf weist Meinzer hin. So finden Fische erneut einen naturnahen Lebensraum vor und die Artenvielfalt nimmt wieder zu. Ziel sei es, der Iller dadurch zu einem befriedigenden Zustand zu verhelfen. Auch die Uferbereiche werden im Zuge des Projekts neu gestaltet. Meinzer: „Eine agile Iller schafft mit neuen Zugängen wieder ein Naturerlebnis, so kann man lernen, den Fluss zu begreifen und zu erleben.“
Natur und Technik bilden einen Kontrast. Im Sommer sind die Uferbänke freigelegt, ein willkommenes Gebiet, um sich an der Iller zu erfreuen. Foto: Ursula K. Balken
Quelle: Illertisser Zeitung 04.05.21
Altenstadt
Kleine Inseln, Badestelle und neue Wege: Das bringt die Agile Iller

Die Iller soll wieder ein ursprünglicher Fluss werden, zudem sollen mehr Laichplätze für die unterschiedlichen Fischarten geschaffen werden und die Bewohner die Iller als Naherholungsraum erleben können. Im Bereich des Marktes Altenstadt rückt nun eine weitere Maßnahme in den Blickpunkt.
Peter Faigle vom Regierungspräsidium Tübingen berichtete dem Gemeinderat, dass auf einem relativ langen Teilstück der Iller mehrere ökologische Verbesserungen umgesetzt werden sollen. Es handelt sich dabei um ein 1,3 Kilometer langes Teilstück der Iller von der Illerbrücke/Kreisstraße flussabwärts in Richtung Balzheim. Ziel der Maßnahme ist es, die Iller in dem betreffenden Bereich wieder zu einem sich dahinschlängelnden Fluss umzugestalten.
Um dies zu erreichen, werden Ausbuchtungen ins Illergries hineingearbeitet und kleine Inseln geschaffen. Auf diese Weise sollen auch Zonen geschaffen werden, in die sich die Iller bei Hochwasser ausdehnen kann. In den Fluss selbst werden Steinaufschüttungen eingebracht. Auf diese Weise soll sich mehr Fließgewässer mit unterschiedlichen Strömungsbereichen entwickeln. Das ganze Gewässer werde leicht seitlich verschoben.
Naherholungsbereich bei Altenstadt soll zum Baden einladen
Am Abfahrtsbereich der Kreisstraße an der Brücke wird ein Naherholungsbereich entstehen, der mit flachen Wasserbereichen auch zum Baden einladen soll. Laut Planer Jürgen Rapp vom Planungsbüro Rapp+Schmid fördert diese Neugestaltung der Iller die Artenvielfalt und die Anzahl der Lebewesen. Der neue Lebensraum werde für mehr Fischnährtiere und zu einer höheren Population an Fischen führen.
Der Kiesweg auf der bayerischen Seite der Iller müsse wegen der Einbuchtungen ins Illergries entfallen. Der neue Weg führt in Richtung Kaula-Kanal und nach dem Ende der Ausbaustrecke wieder zurück zur Iller. Der Iller-Radwanderweg befindet sich auf württembergischer Seite und sei nicht beeinträchtigt.
Große Teile des benötigten Waldes befinden sich im Besitz des Freistaats, ein Teil gehört dem Markt Altenstadt. Der überschüssige Kies wird nicht abgefahren, sondern dem Fluss überlassen. Die Baustelle wird beidseitig an der Iller eingerichtet. Im Frühjahr 2021 soll die Verbesserungsmaßnahme laut Peter Faigle ins Planfeststellungsverfahren gehen. Die Genehmigung soll dann Ende 2021 vorliegen, sodass man 2022/23 in die Umsetzung gehen könne. Die beiden schon geplanten Fischaufstiege sollen 2021 umgesetzt werden. Die wasserrechtliche Genehmigung hierfür werde demnächst erwartet.
Die Iller: Von der Wasserautobahn zurück zum ökologisch wertvollen Gewässer
FWG-Marktrat Robert Heller fand es gut, dass die Iller in diesem Bereich wieder von der Wasserautobahn zum ökologisch wertvollen Gewässer umgebaut wird. Mit der Verlegung des Radwegs in Richtung Kaula-Kanal könne er sich allerdings nicht anfreunden. „Dann fehlt die Durchgängigkeit des Radwegs“. Zudem sei die Iller zwischen den Querbauwerken aufgestaut und könne wenig Fließgeschwindigkeit bekommen. Faigle bejahte dies und meinte, dass es das Ziel ist, kleinräumige Strömungen zu schaffen. Einen Radweg direkt neben die Iller zu setzen mache keinen Sinn, wenn man Ausdehnungszonen für Hochwassersituationen schaffen will, bei denen sich die Iller in den Wald hineinarbeiten kann. Hubert Berger (CSU) sagte, man müsse prüfen, ob es ökologisch sinnvoll sei, dass sehr viel Wald zurückgebaut werden muss. Faigle sagte dazu, dass man, falls erforderlich, einen Ausgleich schaffen müsse. FWG-Rat Albert Merk betonte, dass der Waldankauf durch die Marktgemeinde sehr umstritten gewesen sei und es sich um verwildertes Illergries handelt, das für die Fluss-Renaturierung gut geeignet sei. CSU-Rat Wolfgang Rommel merkte an, dass man nichts mehr aufforsten darf, wenn der Wald in zwei Jahren zurückgebaut wird.
Altenstadt
Agile Iller: Bald können die Fische ungehindert wandern


Die Iller zu einem natürlichen Fluss voller Leben zurückgestalten: Das ist der Kern des Gemeinschaftsprojekts Agile Iller von Bayern und Baden-Württemberg. Im kommenden Jahr stehen in Altenstadt zwei Maßnahmen auf dem Plan, die maßgeblich zur Renaturierung beitragen sollen. Das Projekt, das 70 Millionen Euro kostet, umfasst insgesamt 59 Maßnahmen, von denen bereits die Hälfte in Planung sind. Diese seien dringend nötig. Jetzt im Moment, sagt Bürgermeister Wolfgang Höß, sei das Gewässer ein Schatten seiner selbst.
Querbauwerke unterbinden die Fischwanderung in der Iller
Grund hierfür seien Querbauwerke wie Wehranlagen und Schwellen, die unter anderem Fischwanderungen unterbrachen. An diesem Punkt setzen die nächsten zwei der insgesamt 57 Maßnahmen des Programms an. An der Iller gibt es zwei Wehranlagen auf Höhe von Ober- und Unterbalzheim, die zum jetzigen Zeitpunkt für Fische nicht passierbar sind. Da die Wehre jedoch als Schutz vor Hochwasser erhalten bleiben müssen, sollen dort Fischaufstiegsanlagen entstehen.
Paul Lehmann vom Karlsruher Ingenieurbüro Rolf-Jürgen Gebler hat sich auf diese Auf- und Abstiegshilfen für Fische an Fließgewässern spezialisiert. Mit Fotos von ähnlichen Projekten stellt er die Maßnahmen dem Gemeinderat vor.
Bachläufe sollen als Aufstiegshilfen für die Fische dienen
Vorgesehen sind an beiden Wehren das Ausheben langer, naturnaher Bachläufe von etwa fünf bis acht Metern Breite und einem Meter Tiefe. Diese Aufstiegshilfen sollen sich über eine Länge von 300 Metern erstrecken. Große Steine im Bett stauen das sauerstoffreiche Wasser.
Den Erfahrungen des Ingenieurs nach halten sich gerade dort viele Fische auf. An diese Bachläufe schlössen sich zudem Tümpel an, wodurch Amphibien Lebensraum erhielten. Doch ganz ohne Technik geht es Lehmann zufolge nicht: Ein sogenannter Schlitzpass an der Wehranlage helfe den Fischen, das Bauwerk zu passieren.
Das Programm verhindert weitere Kraftwerke an der Iller
Das Programm verhindert Bürgermeister Höß zufolge die Zulassung weiterer umweltschädigender Kraftwerke an der Iller. Denn das Projekt stünde an erster Stelle. Nur für einen Standort sei es zu spät: Auf Höhe Dietenheim habe ein privater Investor ein Schachtkraftwerk an der Iller genehmigt bekommen. Er kündigte zudem an, weitere Anträge auf ähnliche Werke zu stellen. Höß klingt hörbar verärgert: „Das ist eine ökologische Katastrophe und rentiert sich nicht.“
Fragen gibt es im Gemeinderat vor allem zum Umfang der Baumaßnahmen. Fraktionssprecher Robert Heller von den Freien Wählern erkundigt sich nach den Auswirkungen auf den Illerradweg, der nach Angaben von Peter Faigle vom Tübinger Regierungspräsidium jedoch nicht umgelegt wird. Für die Zeit des Baus würden jedoch Teilabschnitte gesperrt.
So kann die Allgemeinheit die Bachläufe erleben
Gemeinderat Stefan Briglmeir möchte wissen, ob die neu entstehenden Bachläufe nur einsehbar oder auch für die Allgemeinheit erlebbar seien. Faigle antwortet: „Die Abschnitte sind nicht als Erlebnisspielplatz gedacht.“ Im Zuge der weiteren Planung würden die Zugänglichkeit und Erlebbarkeit für die Bevölkerung diskutiert. Fachplaner Lehmann bestätigt den Wert der Umbaumaßnahmen für Natur und Menschen: „Das wird eine ökologische und optische Aufwertung.“
Der Umbau soll zwischen März und April 2021 starten und bereits im darauffolgenden Herbst abgeschlossen sein. Hier im Internet finden Sie weitere Informationen und eine Auflistung aller Maßnahmen der Agilen Iller.
Quelle: Illertisser Zeitung 26.06.20

Die Natur als Vorbild und ein Kraftwerk als Streitpunkt
Die Iller ist in einem schlechten Zustand, deswegen wird sie über Jahre saniert. Eine Klage gegen das geplante Schachtkraftwerk ist nun endgültig gescheitert.
Die Natur soll das Vorbild sein beim Projekt “Agile Iller”, in das die Länder Bayern und Baden-Württemberg gemeinsam 70 Millionen Euro investieren. Der Grenzfluss zwischen den beiden Bundesländern wird saniert, über zehn Jahre, in 59 Maßnahmen, weil die Flusslandschaft zu verbaut sei und sich “in mäßigem bis unbefriedigendem Zustand” befinde. Maßstäbe soll die Sanierung setzen, schreiben die Bundesländer, was die Gewässerökologie betrifft. Streit gibt es aber über ein neues Kraftwerk, das in den Fluss gesetzt werden soll: Der Bund Naturschutz lehnt es ab, ist allerdings vor Gericht mit einer Klage dagegen nun endgültig gescheitert. Mathias Fontin, der Betreiber aus München sagt: “Die Diskussion ist schon lange nicht mehr sachlich: Mit unserem Projekt verbinden wir Naturschutz und Klimaschutz so gut wie möglich.”
Der Streit vor Gericht währt schon Jahre, nun hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg eine Revision für nicht zulässig erklärt, worüber Bernd Kurus-Nägele sauer ist: “Damit wird das Projekt Agile Iller wegen Paragraphenreiterei ad absurdum geführt. Der Fluss soll wieder naturnäher werden und jetzt bauen wir ihn für die nächsten Jahrzehnte mit einem Kraftwerk zu.” Für den Geschäftsführer der Kreisgruppe Neu-Ulm des Bundes Naturschutz ist die Sache klar: Das Kraftwerk nahe Dietenheim südlich von Ulm werde für Fische nicht ausreichend durchgängig sein. Und auch das für die Wasserökologie wichtige Geschiebe von Kies und Geröll werde unterbunden. “Das hat Auswirkungen auf die Auenwälder und auf die Fauna, auf Amphibien, Libellen, kleine Organismen und auch Kammmolche.” Er habe nichts gegen Wasserkraftwerke, schimpft Kurus-Nägele, aber da gebe es genug in den Kanälen. “Das brauchen wir jetzt nicht im Mutterbett.”
Mathias Fontin gibt dem Bund Naturschutz sogar recht, dass Teile der Iller in einem ökologisch “katastrophalen Zustand” seien. Da enden die Gemeinsamkeiten allerdings schon: Er sieht das Kraftwerk als Kompromiss zwischen Klimaschutz durch grünen Strom und ökologischer Verbesserung – eben weil es kein normales Kraftwerk sei. Das Schachtkraftwerk, wie es genannt wird, hat Peter Rutschmann entwickelt, Professor für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der Technischen Universität München. Wenn Rutschmann über sein Kraftwerk redet, dann kann er exakt erläutern, in welchem Winkel Fische den Kopf in die Strömung halten.
Bei herkömmlichen Flusskraftwerken wird das Wasser durch ein Maschinenhaus umgeleitet, um die Turbine anzutreiben. Das Schachtkraftwerk erzeugt Strom, indem Wasser in einen Schacht fließt, in dem Turbine und Generator untergebracht werden. Der Sog in den Schacht ist dabei zehn Mal geringer als bei herkömmlichen Kraftwerken. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Mortalität für besonders gefährdete Fische in der Größe acht bis zehn Zentimeter bei zwei Prozent liege. Für mehr als 15 Zentimeter große Fische liege das Risiko gar bei null Prozent. Das Geschiebe von Kies funktioniere mit der Schachtkraftwerkstechnik sogar besser als im jetzigen Zustand ganz ohne Kraftwerk. “Wir hatten eigentlich gedacht, dass uns Naturschutzverbände dafür danken”, sagt Rutschmann. Stattdessen gab es bereits beim Pilotprojekt in Großweil an der Loisach Klagen dagegen.
Unternehmer Fontin will noch mehr solche Kraftwerke in die Iller bauen, auch auf bayerischer Seite. Dafür, heißt es beim Bund Naturschutz, werde er durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine erhöhte Vergütung bekommen: Zwölf Cent pro Kilowattstunde statt wie bei alten Kraftwerken drei Cent. Fontin wird sich jedoch auf Widerstand einstellen müssen. Jonas Meinzer vom Wasserwirtschaftsamt Kempten, der für das Projekt Agile Iller zuständig ist, hält weitere Wasserkraftnutzung wegen des schlechten Zustands des Flusses für schädlich. “Das ist ein sehr sensibler Bereich”, sagt er. Und auch das Umweltministerium teilt mit, dass staatliche Grundstücke an und in der Iller für Naturschutzprojekte genutzt und nicht für eine Wasserkraftnutzung zur Verfügung gestellt werden sollen. Das Ministerium spricht sich wegen der Sanierung des Flusses “gegen einen weiteren Wasserkraftausbau im Projektgebiet Agile Iller” aus. Bernd Kurus-Nägele kritisiert, dass der Freistaat schon früher klare Worte hätten finden müssen: “Dann hätte auch das jetzige Projekt verhindert werden können.”
Quelle: Süddeutsche Zeitung 22.05.20
Illertissen / Altenstadt
Agile Iller: Altenstadt prescht voran

Barben und Äschen sollen sich wieder wohlfühlen in der Iller. Vor rund einem Jahr wurde eine Teststrecke angelegt. Das ist aus dem Projekt geworden.
Von Regina LanghansGleich unterhalb des Filzinger Wehrs, nach Ausleitung des Kanals der Unteren Iller AG aus der Iller, plätschert diese mit der für ein lebendes Gewässer gerade so nötigen Wassermenge zwischen Kiesbänken hindurch. Fische tummeln sich darin und „Kieslaicher“ wie Nasen, Barben und Äschen haben längst die kleinen Flussinseln für sich entdeckt.
Wolfgang Höß, Altenstadter Bürgermeister und Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Untere Iller, konnte sich davon persönlich überzeugen. Somit präsentiert er jetzt nicht ohne berechtigte Freude diese Musterstrecke für eine gelungene Renaturierung in der Vorausschau auf das länderübergreifende Projekt Agile Iller. Dessen Ziel: den Gebirgsfluss von der Mündung bis zur Quelle für Fische wieder durchgängig zu machen, ihm ein Stück weit Natur zurückzugeben. Wie berichtet, steht diesen Plänen der kürzlich genehmigte Bau eines Schachtkraftwerkes und damit die industrielle Nutzung der Iller auf württembergischer Seite bei Dietenheim durch einen privaten Investor entgegen.
Altenstadt als Vorbild für Illertissen
So waren bei der Pressekonferenz an der Iller Initiatoren und Interessierte zugegen: Dietmar Wagner von der Fischereigenossenschaft, Ulrich Dambacher von der Werkleitung Untere Iller AG, Ralf Klocke von den Lechwerken Bereich Wasserwirtschaft sowie Bürgermeister Jürgen Eisen aus Illertissen. Ihm schwebt eine ähnliche, von Leader-Geldern geförderte Renaturierung der Iller zwischen der Zubringerbrücke im Süden und der Dietenheimer Brücke weiter nördlich vor. Die Ufergrundstücke im Auwald habe die Stadt bereits erworben, sagt Eisen. Sein Wunsch dabei: die Iller den Bürgern wieder wie früher zugänglich zu machen, im Sinne eines Naherholungsgebietes. Er sagt: „Schon allein, weil unsere Stadt den Fluss im Namen trägt, gehört sich das.“

Was Höß vorzuweisen hat, scheint so verblüffend wie ermutigend. Für die 200 Meter lange Teststrecke im Mutterbett der Iller wurde das Ufer abgeflacht, dabei das Flussbett aufgeweitet und das Geröll samt zusätzlichem Kies hineingekippt.
Die Maßnahme mit Kosten von rund 25000 Euro wurde im Auftrag der Fischereigenossenschaft von der Unteren Iller AG durchgeführt und mit Fördermitteln aus der Fischereiabgabe finanziert. Das geschah vor gut einem Jahr – Befürchtungen zum Trotz, dass die Iller den Kies abtransportieren würde oder Geröll und Erde alles verwüsten könnten. Inzwischen ist das erste Hochwasser überstanden und der Gebirgsfluss hat auf der ihm zurückgegebenen Fläche ein Stück weit wieder seinen Charakter entfalten können: als mit Leben erfülltes Gewässer mit wechselnden Kiesflächen und Strömungen.
Betonschwelle ist nun niedriger
Noch eine weitere Maßnahme, wieder experimenteller Natur, lässt sich für das Projekt Agile Iller auswerten: Die vor der Altenstadter Illerbrücke eingebaute Betonschwelle wurde ein Stück weit um einen halben Meter abgesenkt, sodass in dem Bereich das Wasser schneller abfließt. Zwei Interessen werden dadurch gleichermaßen abgedeckt: Es staut sich genügend Wasser, um den Grundwasserspiegel zu halten, zugleich ist aber eine gewisse anhaltende Strömung gewährleistet. Höß erklärt: „So lässt sich totes Gewässer vermeiden.“ Beide Maßnahmen seien überzeugende Beispiele dafür, wie Renaturierung funktionieren könne.

Hans-Joachim Weirather, Ex-Landrat und Präsident des Fischereiverbands Schwaben, sagt, keinesfalls könne es so weitergehen, dass Jungfische in die Iller eingesetzt werden müssten, um den Bestand zu halten. Nur bei einer durchgängigen Iller könnten die Fischarten wieder flussaufwärts wandern, um an ihre Laichgebiete zu gelangen. Und er erinnert an alte Zeiten, als die sogenannten Steckerlfische beim Oktoberfest in München alle aus der Iller gefischt wurden. Ernst fügt er an: „Ich weiß, dass Investoren, die das im Mutterbett verbliebene Wasser der vor der Renaturierung stehenden Iller industriell nutzen wollen, etwa durch Schachtkraftwerke, auf bayerischer Seite nicht willkommen sind.“
Quelle: Illertisser Zeitung 22.05.20
Das Iller-Kraftwerk bei Dietenheim darf endgültig gebaut werden

Der Verwaltungsgerichtshof setzt der juristischen Auseinandersetzung um das geplante Kraftwerk bei Dietenheim ein Ende. Die Naturschützer sind frustriert, denn Investor hat noch mehr vor.
Für Mathias Fontin war es eine gute Nachricht: Seinen Plänen, bei Dietenheim ein Kraftwerk zu errichten, steht nun juristisch nichts mehr im Weg. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat die seit drei Jahren währende Auseinandersetzung nun beendet. Jetzt will das Unternehmen zügig mit dem Bau beginnen, ein Zeitplan steht schon. Wie der aussieht und was die Kraftwerksgegner sagen.
Wie mehrfach berichtet, war das Schachtkraftwerk auf Dietenheimer Seite vom Landratsamt des Alb-Donau-Kreises längst genehmigt worden. Dagegen hatte der Bund Naturschutz vergeblich vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen geklagt. Er versuchte deshalb sein Glück bei der nächsthöheren Instanz, doch der Verwaltungsgerichtshof Mannheim ließ eine Revision des Urteils nicht zu. Damit sind die rechtlichen Möglichkeiten der Kraftwerksgegner ausgeschöpft und das Münchner Unternehmen Fontin & Company kann nun bauen.
Bauherr Fontin: Im Sommer geht es los
Das wird es auch, wie Mathias Fontin im Gespräch mit unserer Zeitung sagte. Er sei froh, dass die Sache nun durch sei. Seiner Ansicht nach habe die Diskussion um die Illerkraftwerke wenig mit sachlichen Themen zu tun gehabt, sondern mehr mit Ideologie. Im Sommer will Fontin mit dem Bau beginnen. Im Juli solle das sogenannte Baufenster vorbereitet werden, im Herbst werde bei Niedrigwasser im Flussbett gearbeitet.
Das Kraftwerk bei Dietenheim, das in das bestehende Wehr eingebracht werden soll, ist allerdings nur eines von insgesamt acht, die Fontin nach und nach zwischen Memmingen und Illertissen errichten möchte. Ob er jedoch alle Vorhaben umsetzen kann, steht noch in den Sternen, das weiß auch der Unternehmer. Er gibt sich „verhalten optimistisch“, wie er sagte. Die Zurückhaltung hat auch damit zu tun, dass der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (FWG) zuletzt in einem Brief an die Kreis-CSU beteuert hatte, der Freistaat Bayern werde seine Grundstücke für neue Wasserkraftwerke in der Iller nicht hergeben. Denn das stehe dem Sanierungsplan „Agile Iller“ entgegen, mit dem die beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg die zur Wasserautobahn begradigte Iller in ein natürlicheres Fließgewässer zurückverwandeln wollen. Die Kreis-CSU, die wiederum nichts von den Kraftwerken hält, nahm diese Aussage Glaubers Anfang des Jahres mit „großer Befriedigung und Freude“ zur Kenntnis. Mathias Fontin wiederum glaubt, dass in dieser Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und sich ein tragbarer Kompromiss finden lasse. Er argumentiert, aus Klimaschutzgründen seien solche Wasserkraftwerke wie seine absolut notwendig. Deshalb sagt er, die Rahmenbedingungen für die „recht intensiven Gespräche“ mit dem Ministerium seien nicht so schlecht.
Kraftwerksgegner: Der Todesstoß für die Iller
Die Gegner sind hingegen frustriert. Die Kreisgruppe Neu-Ulm des Bundes Naturschutz in Bayern sieht in den geplanten neuen Kraftwerken den „endgültigen Todesstoß für das Flusssystem der Iller“. Der Verwaltungsgerichtshof habe keine Lehren aus der „Geschichte der Iller-Zerstörung durch Begradigung und Verbauung“ gezogen, heißt es in einer Stellungnahme. So finde tatsächlich trotz vieler neuer Erkenntnisse im Flussbau ein „weiterer, menschengemachter Vernichtungsschritt des einst mächtigen Alpenflusses Iller statt“. Der Kreisgeschäftsführer Bernd Kurus-Nägele stellt fest: „Hier wird auf dem Altar einer marginalen, durch das Kraftwerk erzeugten Strommenge, gestützt durch das vom Steuerzahler finanzierte Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Flussökologie der Iller geopfert.“ Der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz, Richard Mergner, kritisiert: „Mit dem jetzigen Urteil ist die Chance vertan, das Mutterbett der mittleren und unteren Iller auf über 50 Kilometern wieder umfassend ohne Staustufen zu renaturieren.“
Quelle: Illertisser Zeitung 12.05.20
Wasserkraftwerk Dietenheim Iller-Kraftwerk bei Dietenheim: Berufung abgelehnt
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat den Antrag auf Berufung im Klageverfahren des Bund Naturschutz gegen die Errichtung eines Wasserkraftwerkes im Flussbett der Iller in Höhe von Dietenheim abgelehnt. Das ist das Ende eines nunmehr drei Jahre dauernden Rechtsstreites, teilt der Kreisverbands-Geschäftsführer Bernd Kurus-Nägele mit.
Keine weiteren rechtlichen Mittel möglich
Weitere rechtliche Mittel sind für den Bund Naturschutz Bayern nicht mehr möglich. Die Umweltschützer hatten in ihrem Antrag auf Berufung ausgeführt, dass das Projekt gegen die europäische Wasserrahmenrichtlinie verstoße und das „Verschlechterungsverbot“ und das „Verbesserungsgebot“ vom Verwaltungsgericht Sigmaringen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Das Gericht habe sich auf die Vorgaben des staatlichen Förderprojektes „Agile Iller“ gestützt, bei dem der Umbau der bestehenden Betonschwelle – als Grundstein für die Stromgewinnung – zu einer ökologischen Rauen Rampe ohnehin nicht vorgesehen sei, kritisiert Kurus-Nägele.
Quelle: Südwest Presse 08.05.20
Natur
Werden neue Illerkraftwerke jetzt ausgebremst?
Umweltminister Glauber will dafür keine Grundstücke aus Staatsbesitz hergeben. Das freut die CSU
Das sind gute Signale, zumindest sieht das der stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende und Bezirksrat Herbert Pressl so: Der Bayerische Umweltminister Thorsten Glauber will für weitere Wasserkraftwerke in der Iller keine Grundstücke hergeben, die dem Freistaat gehören. Das hat die Partei schriftlich bekommen und nimmt das mit „großer Befriedigung und Freude“ zur Kenntnis. Ende vergangenen Jahres hatte der CSU-Kreisverband den Umweltminister von den Freien Wählern aufgefordert, sich verbindlich gegen den Verkauf von bayerischen Grundstücken auszusprechen, ebenso gegen die Vermietung von Querbauten im Fluss. Damit wäre neuen Kraftwerken wohl die Grundlage entzogen. Hintergrund dieses Ansinnens ist das Sanierungsprogramm „Agile Iller“, das die beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg vor rund drei Jahren aufgelegt haben, um die stark begradigte Iller wieder in ein etwas natürlicheres Fließgewässer umzuwandeln. Doch dieses Vorhaben ist in den Augen von Christsozialen sowie Naturschützern gefährdet, denn das Münchner Unternehmen Fontin will zwischen Memmingen und Illertissen acht Kraftwerke errichten. Doch ohne Grundstücke aus Staatsbesitz würde wohl nicht daraus. Deshalb drängte der CSU-Kreisverband den Umweltminister zu einer Stellungnahme.
Die liegt nun vor und Glauber beteuert, auch ihm sei es wichtig, die Renaturierung der Iller zusammen mit Baden-Württemberg fortzuführen. Dafür sei eine Grundvoraussetzung „die Verfügbarkeit der benötigten Grundstücke“. Deshalb sei die Nutzung entsprechender Immobilien des Freistaates „durch andere“ ausgeschlossen. Das ist für Pressl ein klares Bekenntnis.
Allerdings ist eines der angepeilten Kraftwerke, das bei Dietenheim entstehen soll, bereits genehmigt. Eine Klage des Bund Naturschutz dagegen ist in erster Instanz gescheitert. Ob es allerdings ein zweites Verfahren geben wird, steht noch längst nicht fest, wie Bernd Kurus-Nägele auf Nachfrage bestätigte. Der zuständige Verwaltungsgerichtshof in Mannheim habe noch nicht darüber entschieden, ob eine Berufungsverhandlung zugelassen werde. Damit sei „bis auf Weiteres“ nicht zu rechnen, denn das Gericht sei überlastet.
Selbst wenn die Klage gegen die Anlage scheitert, hofft Pressl, dass sie nicht kommt. Wenn die anderen Kraftwerke wegen fehlender Grundstücke nicht gebaut werden können, mache ein einzelnes Kraftwerk wirtschaftlich keinen Sinn.
Quelle: Illertisser Zeitung 04.03.20
Streit um Kraftwerk in der Iller: Ein Machtwort muss her

Der Streit um den geplanten Bau eines Schachtkraftwerks in einem Iller-Wehr bei Dietenheim geht weiter. Ohne eine endgültige Gerichtsentscheidung wird der sich auch nicht beilegen lassen.
Das in der Iller bei Dietenheim geplante Schachtkraftwerk ist eine verzwickte Angelegenheit: Weil der Bauherr eine Genehmigung hat, ist die Sache eigentlich längst entschieden. Und doch auch wieder nicht: Der Rechtsstreit um das Vorhaben dauert an – was den Baubeginn nun trotz bereits erteilter Erlaubnis verzögert. Es ist an der Zeit, dass eine endgültige Entscheidung fällt. Davon würden nicht nur einerseits die Firma Fontin und andererseits der Bund Naturschutz profitieren, sondern auch alle Menschen, die sich um die Zukunft der Iller in der Region Gedanken machen.
Die Diskussionen gehen weiter
Bis dahin werden die Diskussionen munter weitergehen. Denn es prallen unversöhnliche Ansichten aufeinander, verschiedene Weltanschauungen. Der Bauherr betont, wie wichtig eine neue, umweltverträgliche Technik zur Energieversorgung aus Wasserkraft ist. Immerhin habe der Entwickler, Professor Peter Rutschmann, dafür die bayerische Umweltmedaille erhalten. Die Gegner befürchten jedoch erhebliche negative Auswirkungen für die Iller, für Tier- und Pflanzenwelt. Beide Parteien können ihre Argumentationen begründen – um so schwerer tut sich der Laie, über das Gesagte zu urteilen. Deshalb ist die Justiz als übergeordneter Impulsgeber weiterhin gefordert.
Fakten sollten geprüft werden
Auch wenn das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Klage der Gegner gegen den Bau bereits abgewiesen hat – die Fakten, Argumente und Einwände sollten noch einmal genau geprüft werden. Am besten von neutralen Gutachtern. Das erhöht die Chance, dass die Beteiligten am Ende mit einer wie auch immer gearteten Entscheidung leben können. Das ist derzeit überhaupt nicht in Sicht: Solange sich Kläger wie Bauherr voll im Recht sehen und keine Seite zurückzieht, wird die unselige Debatte um das Schachtkraftwerk weitergehen. Der Streit lässt sich wohl nicht beilegen, ohne dass die verzwickte Situation noch einmal genau analysiert wird. Ohne Machtwort von oben dürfte das jedoch nicht passieren.
Quelle: Illertisser Zeitung 12.08.19
Iller-Kraftwerk: Der Baubeginn verzögert sich

Plus Im Frühjahr hatte der Bund Naturschutz im Rechtsstreit um das Schachtkraftwerk einen Antrag auf Berufung gestellt. Aber der Verwaltungsgerichtshof lässt sich Zeit.
Bis die Bauarbeiter am Iller-Wehr bei Dietenheim anrücken, kann es noch dauern: Die noch in diesem Jahr geplante Errichtung eines Schachtkraftwerks verzögert sich offenbar. Denn noch steht eine abschließende Entscheidung im Rechtsstreit aus. Die Sache liegt weiter beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Dort hatte der Bund Naturschutz, wie berichtet, im April einen Antrag auf Berufung gestellt. Zuvor waren die Kläger in erster Instanz mit ihrem Einwand gegen den Bau gescheitert. Ob die Berufung zugelassen wird, ist unklar. Kürzlich hat der Verwaltungsgerichtshof den Streitparteien mitgeteilt, dass eine Entscheidung derzeit nicht zu erwarten sei. Man habe viele andere Fälle zu bearbeiten. Das stimmt den Bauherrn Mathias Fontin nicht gerade froh.
Bauherr tut “Beschleunigungsinteresse” kund
Man sei von Herbst oder Winter dieses Jahres für den Baubeginn ausgegangen, teilt er auf Anfrage unserer Redaktion mit. Der vom Bund Naturschutz eingebrachte Antrag auf Zulassung der Revision sollte schon längst verhandelt sein. Jedoch sei die zuständige Kammer am Verwaltungsgerichtshof Fontins Informationen nach nicht vollständig besetzt und mit vielen anderen Fällen überlastet. Der Bauherr weist darauf hin, dass die Revision vom Verwaltungsgericht Sigmaringen ausgeschlossen worden sei. Sowohl das zuständige Landratsamt des Alb-Donau-Kreises als auch seine Firma hätten „zwischenzeitlich unser Beschleunigungsinteresse bei Gericht kundgetan“. Jedoch sei noch kein konkreter Termin für eine Entscheidung genannt worden. Der Beginn des Einbaus des Schachtkraftwerks verzögere sich entsprechend, so Fontin. Ob der anvisierte Zeitpunkt zum Ende dieses Jahres zu halten ist, ließ er offen. Der Bau der Anlage ist bereits seit Ende 2016 genehmigt, die Firma dürfte also loslegen. Allerdings sei das unter anderem aus Umweltschutzgründen nicht jederzeit möglich.
Naturschützer: Einwände sollen geprüft werden
Als Vertreter der Klägerseite hat auch Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bundes Naturschutz im Landkreis Neu-Ulm, das Schreiben des Verwaltungsgerichtshofs erhalten. Eine Bewertung will er dazu nicht abgeben, es gebe aber wohl dringlichere Fälle in Mannheim. Er hofft, dass die Einwände gegen das Schachtkraftwerk sorgsam geprüft werden. Man erwarte durch die Anlage negative Auswirkungen auf die gesamte Iller. Das wurde bei einem Ortstermin im April bekräftigt – genauso wie die Tatsache, dass die Kläger ihren Widerstand gegen das Projekt nicht aufgeben wollen. Das Verwaltungsgericht habe bei der Ablehnung der Klage „grobe fachliche Fehler“ gemacht, hieß es damals.

Kritisiert wird unter anderem, dass im Verfahren zur Genehmigung des Kraftwerkbaus keine Umweltverträglichkeitsprüfung erstellt worden sei. Eine Untersuchung der Auswirkungen des Schachtkraftwerks fehle somit – sie müsse aber her. Denn Fischarten wie Huchen und Äschen seien in Gefahr. Und durch den Umbau des Ufers verlören Zauneidechsen ihre Heimat. Auch könnten die nahen Bäume von Fledermäusen bewohnt sein.
Pläne verstoßen laut Klägern gegen europäisches Recht
Überhaupt verstießen die Baupläne gegen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Jene fordere bis 2027 ein „gutes ökologisches Potenzial“ bei Gewässern wie der Iller. Ziel sei ein naturnahes Fließverhalten. „Das ist hier gar nicht gegeben“, sagte Kurus-Nägele damals über das bestehende Wehr. Eine weitere Befürchtung: Angrenzende Feuchtgebiete verlören die Wasserzufuhr, was zu einer Gefahr für seltene Kammmolche werde, die zwischen Vöhringen und Ulm lebten.
Sollte die Berufung zugelassen werden, dürfte es zu einem weiteren Gerichtsverfahren kommen. „Man kann nur abwarten“, sagt Kurus-Nägele nun. Er betont, dass Fontin bereits über Baurecht verfüge und starten könne. Wenn er dies aus rechtlichen Erwägungen nicht tue, halte sich sein Mitleid in Grenzen, so Kurus-Nägele weiter. „Der Mann kapiert nicht, dass außer ihm keiner das Kraftwerk will.“
Fontin sieht keine Zweifel an Rechtmäßigkeit
Fontin hingegen bestreitet, dass sein Projekt solch negative Auswirkung haben wird. Das Schachtkraftwerk ermögliche, dass Fische und Steine, die sich auf dem Grund des Flusses bewegen, das Wehr passieren können. Somit werde die geforderte Durchgängigkeit erhöht. Das Verwaltungsgericht habe keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Vorhabens gelassen. Das wollten die Naturschützer offenbar nicht einsehen. Er habe den Verdacht, dass es bei dem Streit nicht um Fakten geht, sondern um ideologische Positionen, so Fontin.
Quelle: Illertisser Zeitung 12.08.19
Illertissen/Landkreis
In der Region wird die Iller agiler

Das Wohl der Iller und deren Tier- und Pflanzenwelt ist derzeit ein zentrales Anliegen der Fischereigenossenschaft Untere Iller. Was unternommen wird.
Von Armin SchmidDas Wohl der Iller und deren Tier- und Pflanzenwelt, die durchgängige Renaturierung des Flusses und auch der Erhalt des Naturerholungsraums sind derzeit die zentralen Anliegen der Fischereigenossenschaft Untere Iller. Hoffnungsträger ist das Projekt „Agile Iller“, das von den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg je zur Hälfte getragen wird und mit Gesamtkosten in Höhe von 70 Millionen Euro veranschlagt ist.
Mit dem Umbau der Fischaufstiegsanlage an der Illerschwelle bei Dietenheim sei die erste von 59 Maßnahmen des Arbeitsprogramms umgesetzt worden. Dies berichtete Peter Faigle vom „Landesbetrieb Gewässer“ im Regierungspräsidium Tübingen während der Fischereigenossenschaftsversammlung in Illertissen. Insgesamt seien 100 Tonnen Granit verbaut worden. Nun sei der Fischaufstieg so gestaltet, dass er von allen im Illerwasser lebenden Organismen durchwandert werden kann. Die Kosten haben sich auf rund 25 000 Euro belaufen.
Untere Iller: Verbesserung der Gewässerstruktur als Ziel
Das Arbeitsprogramm „Agile Iller“ schließt den Flussbereich von Ferthofen/Aitrach bis zur Mündung in die Donau bei Ulm auf eine Länge von 57 Kilometern mit ein. Die vorhandenen Defizite liegen laut Faigle vor allem bei der nicht vorhandenen Durchgängigkeit der Iller für Fische und Mikroorganismen und beim fehlenden Geschiebetransport (Kiestransport), der durch die Querbauwerke verhindert wird. Aue und Auwälder sind durch die Eintiefung der Iller vom Fluss entkoppelt.
Eine Verbesserung der Gewässerstruktur und des Geschiebetransports soll durch Kiesumlagerungen und Ufergestaltung erreicht werden. Der Fischereigenossenschaftsvorsitzende Wolfgang Höß betonte, dass mit dem Pilotprojekt „Kieslaichplatz im Iller-Mutterbett“ eine erste, 300 Meter lange Teststrecke am Filzinger Wehr eingerichtet wurde. Initiatoren sind die Fischereigenossenschaft Untere Iller in Zusammenarbeit mit der Unteren Iller AG (UIAG) gewesen.
Laich- und Jungfischhabitate sollen geschaffen werden
Die umgesetzten Maßnahmen liegen unterhalb des Altenstadter Wasserkraftwerks. Dort befand sich eine rund 500 Meter lange und 15 Meter breite Kiesbank. Letztlich wurde das vorhandenen Kies genutzt, um ein pendelndes Gerinne über das gesamte, 45 Meter breite Flussbett zu modelliert. Zudem wurden Flussbausteine eingesetzt, die zur Unterstützung von eigendynamischen Kiesumlagerungen dienen sollen.
Ziel ist die nachhaltige Schaffung von Laich- und Jungfischhabitaten. Durch den pendelnden Verlauf des Gerinnes sollen Strömungs- und Tiefenvariabilität der Iller erhöht werden. Nachdem die erstmaligen Kiesumlagerungen durch ein Hochwassersituation verschoben wurde, sei mittlerweile wieder der optimale Zustand hergestellt worden. Im Hinblick auf den Fischbesatz und das Laichverhalten haben sich lautHöß bereits erste Erfolge eingestellt.
Quelle: Illertisser Zeitung 30.07.19
Illertissen
Naturschützer setzen Kampf gegen Illerkraftwerk fort

Nach der Niederlage vor Gericht gehen die Kläger in Berufung. Sie sehen Fehler im Urteil und legen ein neues Gutachten vor. Der Bauherr will bald loslegen.
Der Rechtsstreit um den Einbau eines Schachtkraftwerks in ein Wehr bei Dietenheim geht weiter: Mit seiner Klage gegen die Baugenehmigung war der Bund Naturschutz im November 2018 vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen gescheitert – will den Kampf aber nicht aufgeben. Nun wurde bei der nächsthöheren Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, ein Antrag auf Berufung eingereicht.
Die Gegner des Kraftwerks erwarten negative Auswirkungen für die gesamte Iller. Das bekräftigten sie am Montag bei einem Ortstermin am Wehr. Mit dabei war auch der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz, Richard Mergner. In der 84 Seiten umfassenden Urteilsbegründung aus Sigmaringen sehen die Kläger „grobe fachliche Fehler“. Die wollen sie nun in Mannheim anführen. Kritisiert wird, dass im Verfahren zur Genehmigung des Kraftwerkbaus keine Umweltverträglichkeitsprüfung erstellt wurde. Diese exakte Untersuchung der Auswirkungen der Anlage auf die gesamte Iller fehle, sagt Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bundes Naturschutz im Kreis Neu-Ulm. Sie müsse aber her: Fischarten wie Huchen und Äschen seien in Gefahr. Zu diesem Fazit komme ein Gutachten, das der Bund Naturschutz vorlegen will.

Weitere Kritikpunkte: Durch den nötigen Umbau des Illerufers verlören Zauneidechsen ihre Heimat, die aktuell zwischen den großen Steinen, totem Holz und einem alten Fischpass lebten. Und die umstehenden Bäume könnten von Fledermäusen bewohnt werden – durch den Bau einer Stromleitung hin zum Kraftwerk werde es wohl zu Fällungen kommen, so Kurus-Nägele. „Das sind schwere Eingriffe.“
Gegner: Kraftwerksbau verstößt gegen EU-Richtlinie
Er bleibt dabei, dass die Pläne zum Bau der Anlage gegen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verstoßen: Diese fordere bis 2027 ein „gutes ökologisches Potenzial“ bei Gewässern wie der Iller. Ziel sei ein naturnahes Fließverhalten. „Das ist hier gar nicht gegeben“, sagt Kurus-Nägele mit Blick auf das bestehende Wehr. Gehe es nach der WRRL sollte dieses nicht umgebaut werden – sondern komplett weichen. Sonst könnten Fische und Steine nicht passieren. Zudem grabe sich der Fluss immer tiefer ein: Angrenzende Feuchtgebiete in den Auen würden die nötige Wasserzufuhr verlieren. Und das gefährde unter anderem die seltenen Kammmolche, die zwischen Vöhringen und Ulm lebten.
„Agile Iller“ als Widerspruch zum Kraftwerk
Diese Argumente seien vom Verwaltungsgericht außer Acht gelassen worden, so Kurus-Nägele. Es sei „sehr schwer“, einem Richter die komplexe Ökologie eines Flusses zu erklären. Völlig unverständlich sei das Urteil vor dem Hintergrund des Programms „Agile Iller“, bei dem die Länder Bayern und Baden-Württemberg gemeinsam 78 Millionen Euro in eine Renaturierung stecken. Auch wenn das Wehr bei Dietenheim dabei keine Rolle spielt: Es wurde laut Kurus-Nägele in den 1980er-Jahren erbaut und gilt damit als jung. Eine Umgestaltung sei nach Angaben der zuständigen Wasserwirtschaftsämter nicht ins Auge gefasst. Das ärgert die Mitglieder des Bundes Naturschutz: „Entweder bin für eine naturnahe Iller und verzichte auf neue Kraftwerke oder ich setze auf Technisierung – dann kann ich mir aber auch die Millionen sparen“, so Kurus-Nägele.

Der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, Wolfgang Döring, hält es für „bedauerlich“, dass die zuständigen Behörden zurückzuckten und nicht klar Stellung für die so wichtige Durchgängigkeit der Iller bezögen. „Ein Kraftwerk hat da keinen Platz.“ Mit Sorge blickt Landesvorsitzender Mergner auf die Iller: Wie sie seien viele Flüsse in Bayern in keinem guten Zustand. Renaturieren laute das Gebot der Stunde.
Bauherr Fontin will im Herbst loslegen
Dass die Berufung abgelehnt wird, davon geht Bauherr Mathias Fontin aus. Das Sigmaringer Gericht habe keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorhabens gelassen. Es dränge sich der Eindruck auf, dass es seitens der Kläger inzwischen nicht mehr um Fakten, sondern um eine eher ideologische Position gehe. Ihm fehle die Fantasie, was nach den verlorenen drei Verfahren (samt Eilverfahren) noch vorgetragen werden soll. Das Kraftwerk behindere die ökologische Aufwertung nicht, es unterstütze sie. Der bereits genehmigte Bau soll im Herbst beginnen, bekräftigt Fontin.
Ob und wie es in dem Rechtsstreit weitergeht, entscheidet sich in Mannheim. Wie lange das dauert, ist unklar. Kurus-Nägele rechnet mit mehreren Wochen oder Monaten.
Quelle: Illertisser Zeitung 01.04.19
Filzingen
In der Iller sollen neue Lebensräume für Fische entstehen

Der Fluss an der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg soll wieder natürlicher werden. Mit einem Pilotprojekt bei Filzingen ist ein erster konkreter Schritt getan worden.
Von Armin SchmidDie Iller soll wieder ein ursprünglicher Fluss werden. Dazu gehören zum Beispiel eine höhere Fließgeschwindigkeit und mehr Laichplätze für die unterschiedlichen Fischarten. Die Menschen, die rund um den Fluss leben, sollen die Iller als Naherholungsraum erleben können.
Mit wenig Geld kann man viel erreichen
Mit dem Pilotprojekt „Kieslaichplatz im Iller-Mutterbett“ hat die Fischereigenossenschaft Untere Iller in Zusammenarbeit mit der Unteren Iller AG (UIAG) im Bereich des Altenstadter Wasserkraftwerks eine publikumswirksame Teststrecke umgesetzt. Der Fischereigenossenschaftsvorsitzende Wolfgang Höß erklärte während der Mitgliederversammlung des Fischereivereins, dass die Genossenschaft mit dem Projekt in Vorleistung gegangen sei. Sie habe zeigen wollen, was mit wenig Geld und überschaubarem Aufwand schon jetzt machbar ist. Eigentlich gehe es aber darum, was im Rahmen des Förderprojekts „Agile Iller“ noch alles möglich wäre. Bei der „Agilen Iller“ haben der Freistaat Bayern und das Land Baden-Württemberg für die kommenden zehn Jahre insgesamt 70 Millionen Euro bereitgestellt, um aus dem Grenzfluss wieder ein lebendiges Fließgewässer machen zu können.
Das Projekt erstreckt sich auf eine Länge von rund 57 Flusskilometern, von Aitrach im Landkreis Ravensburg bis Wiblingen bei Ulm. Im Mittelpunkt steht dabei auch das Ziel, Querbauwerke aus der Iller zu entfernen und durch Raue Rampen zu ersetzen. Der Illerbereich bei Filzingen wurde für die 300 Meter lange Teststrecke ausgewählt, weil dort viel Kies vorhanden ist, das bei Hochwasser angeschwemmt wurde.
In neuen Flussbett sollen Fische Laichplätze finden
Die Pilotstrecke liegt unterhalb des Altenstadter Wasserkraftwerks, das von der UIAG betrieben wird. Dort befindet sich eine rund 500 Meter lange und 15 Meter breite Kiesbank. Diese Kiesfläche war fast vollständig mit Gräsern und Stauden bewachsen. Gründe dafür: Die mangelnde Flussdynamik und anhaltende Niedrigwasserperioden in den vergangenen Jahren. Die UIAG ist für den Unterhalt des Gewässers und damit für das Entfernen des Bewuchses verantwortlich.
Wie Wolfgang Höß erklärte, habe sich gezeigt, dass sich die Iller immer wieder eine Abflussrinne parallel zur Kiesbank suchte, was immer wieder zu neuerlichem Bewuchs führte. Daraufhin hat die UIAG in Abstimmung mit der Fischereigenossenschaft ein Konzept zur nachhaltigen Verbesserung der Situation entwickelt: Aus dem vorhandenen Kies wurde ein pendelndes Gerinne über das gesamte, 45 Meter breite, Flussbett modelliert. Flussbausteine als grobe Strukturelemente sollen eigendynamische Kiesumlagerungen unterstützen. Ziel der ganzen Maßnahme ist es, neue und dauerhafte Laich- und Jungfischhabitate zu schaffen. Durch den pendelnden Verlauf des Gerinnes sollen Strömungs- und Tiefenvariabilität in der Iller erhöht werden.
Dazu wurden insgesamt 15.000 Kubikmeter Kies umgelagert und modelliert. Die Kosten werden bei rund 25.000 Euro liegen. Höß berichtete, dass man auf Antrag rund 20.000 Euro an Fördermitteln aus der Fischereiabgabe erhalten werde. 5000 Euro wird die UIAG tragen. Damit sei die Maßnahme kostenneutral.
Hochwasser könnte das Bauwerk wieder zerstören
Nur eine Sorge bleibt der Fischereigenossenschaft: Das pendelnde Kiesgerinne könnte bei Hochwasser weggeschwemmt werden. Wolfgang Höß, der auch Bürgermeister von Altenstadt ist, fügte an, dass der Markt Altenstadt rund 23 Hektar Auwald gekauft habe. Die Kommune sei jetzt im Besitz des kompletten Auwaldbereichs entlang des Illerabschnitts nahe Marktgemeinde. Mit dem Kauf hat Altenstadt auch die Unterhaltspflicht übernommen.
Das Pilotprojekt soll auch ein Zeichen gegen den geplanten Bau von Wasserkraftwerken sein. Die Wasserkraftwerke im Bereich der bestehenden Querbauwerke verhindern laut Wolfgang Höß eine sinnvolle Renaturierung der Iller zwischen Buxheim und Ulm auf Jahrzehnte hinaus. Spaziergängern und Radfahrern soll an der Teststrecke bei Filzingen den Erholungswert einer renaturierten Iller erleben und die Vorteile eines lebendigen Fließgewässers und artenreichen Lebewesen kennen lernen. Kritisch sah Höß, dass der Wasserkraft-Investor für die Nutzung der Querbauwerke keine Miete zahlen müsse – obwohl diese sich in der Hand der Länder befänden. Zudem bekomme der Investor für den Strom eine Einspeisevergütung, die rund dreimal so hoch ist wie der Strompreis, den die UIAG an ihren Wasserkraftwerken erzielen kann. „Das geht gar nicht“, sagte Höß mit Blick darauf, dass die Zukunft der Iller nach seiner Ansicht finanziellen Vorteilen eines Investors geopfert werde. Höß hofft, dass es gelingt die Bevölkerung mit dem öffentlichkeits- und publikumswirksamen Pilotprojekt „Kieslaichplatz im Iller-Mutterbett“ in den Widerstand gegen die geplanten Wasserkraftwerke in der Iller mit einzubinden.
Quelle: Illertisser Zeitung 26.03.19
Vöhringen
Patient Iller ist auf dem Weg der Besserung

Die Renaturierung des Flusses wird auch in diesem Jahr vorangetrieben. Bei Vöhringen zeigen sich erste positive Ergebnisse, wie ein Experte jetzt erklärte.
Von Ursula Katharina BalkenDie Renaturierung der Iller zeige Erfolg, der Fischbestand erhole sich – es ist eine positive Bilanz, die Gewässerbiologe Karl Wurm bei der Jahresversammlung der Fischereigemeinschaft Vöhringen gezogen hat. Seine Beobachtungen fokussierte er auf den Streckenabschnitt 14,6 bis 13,6 Flusskilometer bei Vöhringen.
„Die Arten haben sich vermehrt“, sagte Wurm. Das habe eine genaue Untersuchung dieses Flusskilometers bei Vöhringen ergeben. Die Fische hätten sich zum Teil von selbst diesen neuen Lebensraum gesucht, aber die Vermehrung des Bestandes sei auch durch Besatzmaßnahmen erfolgt. Auch Fischarten wären nun wieder in der Iller zu finden, die es seit Jahrzehnten schon nicht mehr gegeben habe. So schwimmen laut Wurm wieder Huchen, Nasen, Elritzen und Barsche in der Iller, um nur einige der Arten zu nennen. Auch Muscheln hätten sich wieder angesiedelt.
Ganz allgemein gesehen könne man sagen, so Wurm, die Habitate haben sich verbessert. Die Barbe habe von der Renaturierung der Iller mehr gewonnen als die strömungsliebende Äsche. Das liege an den Kiesbänken, die stille Wasserzonen bilden, was wiederum dem Fischnachwuchs dienlich sei. Totholz in die Iller einzubringen bringe hingegen wenig. „Die toten Bäume bilden kein Rückzugsgebiet für die Fische“, erklärte Wurm.
Die Umgestaltung der Uferbereiche sei den Fischen gut bekommen, wenngleich es auch noch Verbesserungsmöglichkeiten gebe. Als Beispiel nannte Wurm kleine Buchten, die in heißen Sommern, wie der vergangene einer war, trocken fallen. Am Auebach, der in die Iller mündet und vom Wieland-Kanal gespeist wird, sei der Niedrigstand des Wassers so alarmierend gewesen, dass man die Fische in einer Rettungsaktion in andere Gewässer umgesetzt habe, unter anderem auch in die Iller.
Renaturierung: Die Iller soll wieder begehbar sein
Die naturnahe Umgestaltung des Gebirgsflusses gehört zu dem Projekt „Agile Iller“. Aus dem zur Wasserautobahn verkommenen Fluss soll wieder ein lebendiges Fließgewässer werden. Dazu unternehmen der Freistaat Bayern und das Land Baden-Württemberg erhebliche Anstrengungen und haben für die kommenden zehn Jahre 70 Millionen Euro bereitgestellt. Im November 2017 unterzeichneten Vertreter der beiden Länder eine entsprechende Vereinbarung (wir berichteten). Das Projekt erstreckt sich auf eine Länge von rund 57 Kilometern, von Aitrach im Landkreis Ravensburg bis Wiblingen bei Ulm. Die Iller, ein rechter Nebenfluss der Donau, ist 147 Kilometer lang. Das Gewässer entsteht aus Zuflüssen von Bächen wie Breitach, Stillach und Trettach sowie der Aitrach, der wasserreichste Zufluss zur Iller.
Warum wurde in die Iller überhaupt eingegriffen?
Die jetzigen Maßnahmen zur Renaturierung der Iller sind die Konsequenzen aus der Korrektur des Flusses, die Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Das aber hatte seinen Grund. Der wilde Gebirgsfluss überschwemmte Jahr für Jahr Wiesen und Äcker und brachte es bei Hochwasser auf die stattliche Breite von 200 und 300 Metern und drang manchmal bis in die Wohnbebauung ein. Die „Iller-Correction“, wie es damals hieß, wurde als Jahrhundertbauwerk dargestellt und war durchaus umstritten. Schon damals erwarteten Fachleute Eintiefungen der Iller, die sich schneller als erwartet bemerkbar machten. Die Umweltschützer stellten sich gegen die Umgestaltung von Flussläufen mit dem Lineal. Sie dachten mehr an die Natur als an die Schäden, die in jedem Jahr der Landwirtschaft durch die immer wiederkehrenden Hochwasser zugefügt wurden. 1901 bereits versuchte man die Absenkung der Flusssohle in den Griff zu bekommen. Es entstanden Wehre und Sohlschwellen. Doch sie konnten die Eingrabung der Iller nicht aufhalten.
Kraftwerks-Pläne an der Iller bei Dietenheim
Erst als man feststellte, wie viel Natur durch die Begradigung der Iller verloren gegangen war, wurde mit immensem Aufwand die Renaturierung eingeleitet. In Vöhringen hat sich seitdem schon etwas getan, wie Fachmann Wurm nun bestätigte. Dennoch: Die Iller rückt immer wieder in den Mittelpunkt einiger kontroverser Diskussionen. Nicht zuletzt, weil eine Münchner Firma ein Schachtkraftwerk in ein Wehr bei Dietenheim einbauen will. Umweltschützer klagten vor Gericht dagegen – kassierten jedoch eine Niederlage.
Quelle: Illertisser Zeitung 29.01.19
Ökologie
Das Ende der Wasserautobahn

Die Iller soll zwischen Kellmünz und Neu-Ulm saniert werden, doch das könnte länger dauern als erwartet. Die geplanten Kleinkraftwerke lassen die Emotionen hochgehen
Man könnte es auch so sagen: Bis die Iller zwischen Kellmünz und Neu-Ulm wieder einigermaßen ökologisch saniert ist, fließt noch viel Wasser in die Donau. Zehn Jahre soll es im Rahmen des Planes „Agile Iller“ dauern, die Begradigungen vergangener Jahrzehnte rückgängig zu machen und für eine natürlichere Gestaltung des Flussbettes zu sorgen. Vermutlich wird das nicht reichen, das deutete am Montag der zuständige Mann vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth im Umwelt- und Werkausschuss des Landkreises an. „Realistischerweise muss man sagen, es wird länger dauern“, sagte Gunther Wölfle. Vermutlich dürfte es dann auch nicht mit den für die Sanierung angesetzten 70 Millionen Euro getan sein, die immerhin für den gesamten Oberlauf von Memmingen bis Neu-Ulm reichen müssen. Und dann sind da noch die Pläne für acht Kleinkraftwerke, die einen der anwesenden Bürgermeister zu einem leidenschaftlichen ökologischen Plädoyer brachte.
Vor gut einem Jahr war das länderübergreifende Projekt der „Agilen Iller“ auf den Weg gebracht worden. Wie notwendig es ist, etwas zu unternehmen, zeigte Wölfle mit einer einfachen, aber eindrucksvollen Grafik: In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Iller um 2,50 bis knapp drei Meter tiefer in ihr Bett eingegraben. Das bedeutet, dass der Grundwasserspiegel absinkt und der Auwald austrocknet. Ohnehin befinde sich der Fluss „nicht überall in einem guten ökologischen Zustand“. Durch die Begradigungen, die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen und vor allem in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts fortgesetzt wurden, ist die Iller streckenweise zu einer „Wasserautobahn“ geworden, wie Wölfle urteilt.
Deshalb soll zumindest ein Stück weit versucht werden, sie natürlicher zu gestalten, etwa indem stillgelegte Alt-Arme wieder angeschlossen werden oder Kiesbänke die Fließgeschwindigkeit herabsetzen. Bestehende Sohlschwellen sollen umgestaltet werden zu rauen Rampen, über die das Wasser rieseln kann. Ein vordringliches Projekt wird der Umbau des Abschnitts oberhalb des Ayer Wehrs werden, wo die Iller unter anderem kleinere Abzweigungen erhält. In solchen Bereichen können Fische ablaichen. Eine flache raue Rampe als Ersatz für eine Sohlschwelle soll eine naturnahe Alternative zum klassischen Wehr darstellen, wo sich Kies ablagert und Fische wandern können. Das Planfeststellungsverfahren für die Umbauten auf einer Länge von vier Kilometern soll nächstes Jahr beginnen. Auch wenn diese Maßnahmen den Flusslauf natürlicher machen, räumte Wölfle ein: „So richtig natürlich wird das nicht mehr.“ Es werde aber den Lebensraum für die Fische verbessern und auch für die Menschen den Fluss wieder zugänglicher machen.
Möglicherweise bekommt die Iller auch wieder mehr Wasser spendiert, das bisher zum größten Teil in den Kanal zur Stromerzeugung abgeleitet wird. Wie viel der Fluss benötigt, wird noch in einem Gutachten ermittelt.
Der Altenstadter Bürgermeister Wolfgang Höß nutzte die Gelegenheit zu einer ausführlichen Wortmeldung, denn er beschäftigt sich schon sehr lange mit der ökologischen Rettung des Flusses, an dem seine Heimatgemeinde liegt. Er kritisierte, unter anderem, dass der Iller zu wenig Wasser zur Verfügung stehe. Das habe während des langen heißen Sommers beinahe in die ökologische Katastrophe geführt: „Der Uiag-Kanal musste weitgehend stillgelegt werden.“ Seiner Ansicht nach reichen schon allein wegen der steigenden Baupreise die angesetzten 70 Millionen nicht aus, um den Fluss zu sanieren. Er setzt eher 100 Millionen an. Es sei dringend notwendig, etwas zu unternehmen.
Ein Dorn im Auge sind dem Bürgermeister die Pläne für die acht Kleinkraftwerke. Eines bei Dietenheim ist bereits genehmigt, eine Klage dagegen hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen kürzlich zurückgewiesen. Nach Ansicht von Höß wurde der prozessierende BUND dabei alleine gelassen. Deshalb müsse der Organisation der Rücken gestärkt werden: „Die braucht unsere Unterstützung, das ist unsere Iller. Diese ökologische Achse muss erhalten werden.“ Nach Ansicht von Höß dürften keine Kleinkraftwerke ans Illerbett gesetzt werden. Das laufe der ökologischen Entwicklung der Iller entgegen. Er forderte die bayerische Staatsregierung, „jetzt klare Kante zu zeigen“, damit es im Mutterbett keine Stromnutzung mehr gebe: „90 Prozent des Wassers werden eh schon ausgeleitet, das muss reichen.“
Quelle: Illertisser Zeitung 04.12.18
Bisher unbekanntes Virus
Forscher lüften Geheimnis um Bachforellen-Sterben

Ein Forellensterben im Alpenraum sorgte für Rätselraten. Nun haben Forscher die Ursache geklärt: ein bislang unbekanntes Virus. Aber Fragen bleiben: Wo kommt der Erreger her?
Münchner Forscher haben das Rätsel um ein massenhaftes Sterben von Bachforellen in alpinen Gewässern Süddeutschlands, Österreichs und der Schweiz gelöst. Die Wissenschaftler entdeckten ein bisher unbekanntes Virus, wie die Technische Universität München (TUM) mitteilte.
Die Studie war bereits im Fachblatt “PLOS One” veröffentlicht worden. Bei der Krankheit färbt sich binnen weniger Tage die Haut der Tiere dunkel und sie gehen zugrunde. Betroffen waren stets dieselben Abschnitte in Flüssen und Bächen – und immer nur Bachforellen (Salmo trutta fario).
Die Münchner Forscher hatten jahrelang nach der Ursache gesucht. “Es waren zehn Jahre Detektivarbeit”, sagt der Zoologe und Leiter des interdisziplinären Forscherteams, Ralph Kühn. “Am Anfang war nicht klar, ob es sich um ein Bakterium, ein Virus, einen Parasiten oder ein Umweltgift handelt. Es war eine Suche der Nadel im Heuhaufen.”
Die Forscher legten zwei Versuchsstationen mit Aquarien an der Iller im Allgäu an und konnten schließlich mit modernsten genetischen Methoden das Virus identifizieren und sein Genom entschlüsseln.
Jetzt gehe es darum herauszufinden, woher der Krankheitserreger kam. Die Wissenschaftler vermuten, dass der globale Handel zur Verbreitung beigetragen haben könnte. “Jetzt können wir in den nächsten Schritt der Forschung einsteigen: Woher kommt das Pathogen und warum haben wir es in bestimmten Flüssen im alpinen Bereich?”
In Norwegen, Kanada und Südamerika seien vor kurzem und fast zeitgleich ähnliche Viren entdeckt worden – bei Lachsen als verwandter Gruppe. Lachse würden als Speisefisch weltweit transportiert. “Da muss man sich in Zukunft Gedanken machen: Was bedeutet das?”, sagt Kühn. (dpa)
Quelle: Illertisser Zeitung 28.11.18
Gericht
Streit um Iller-Kraftwerk: Kläger fahren Niederlage ein

Der Bund Naturschutz ist mit seiner Beschwerde gegen die Baugenehmigung gescheitert. Aufgeben will er nicht
Abgewiesen: Mit der Klage gegen die Baugenehmigung eines sogenannten Schachtkraftwerks bei Illertissen (Landkreis Neu-Ulm) hat der Bund Naturschutz eine Niederlage kassiert. Das zuständige Verwaltungsgericht in Sigmaringen lehnte die juristische Beschwerde gegen die Pläne ab. Das geht aus einem Urteil hervor, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. Eine Begründung dafür werden die Richter erst in den kommenden Wochen liefern, hieß es. Die Entscheidung war in der Region mit Spannung erwartet worden: Zwischen Memmingen und Illertissen sind insgesamt acht solcher Kraftwerke geplant. Und die sind umstritten: Die Gegner befürchten, dass die Renaturierung der Iller dadurch blockiert wird.
Entsprechend enttäuscht reagierte die Klägerseite auf das Urteil: „Das ist bitter“, sagte Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutz im Landkreis Neu-Ulm. Er sieht in dem Kraftwerksbau einen „Sargnagel“ für die Iller: Die zahlreichen Wehre hemmten die Fließgeschwindigkeit, was sich negativ auf Natur und Tierwelt auswirke. Diese Bauwerke müssten im Zuge einer naturnahen Gestaltung entfernt oder durch noch anzulegende Rampen umgangen werden – baue man allerdings, wie geplant, ein Kraftwerk in das Wehr ein, sei das eine Bestandsgarantie. Und es bleibe bei der unbefriedigenden Situation. Kurus-Nägele warnt: Im einige Kilometer entfernten Naturschutzgebiet Untere Illerauen hätten seltene Tierarten wie Kammmolche eine Heimat gefunden. Sie seien nun in Gefahr. Würden nämlich wenige Steine am Boden der Iller mitgespült (weil sie in den Wehren hängen bleiben), grabe sich der Fluss immer tiefer ein. Dann sinke der Wasserspiegel auch in den angrenzenden Tümpeln, Lebensräume gingen verloren. Das dürfe laut EU-Recht nicht passieren, weshalb das Kraftwerk „ein grober Verstoß“ sei, sagt Kurus-Nägele.
Und das noch in anderer Hinsicht: Beim Genehmigungsverfahren habe es das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises in Ulm (der Standort des Kraftwerks befindet sich auf baden-württembergischen Gebiet) versäumt, etwaige Folgen für die in dem Bereich lebenden Zauneidechsen zu prüfen. Aus Sicht von Kurus-Nägele hätte allein dieser Fehler zum Erfolg der Klage führen müssen. Hat er aber nicht.
Der Knackpunkt: Ein Abriss der bestehenden Wehre ist weder vorgesehen noch rechtlich verankert. Das wurde vonseiten der Richter festgestellt. Eine frei fließende Iller sei also „eine Vision“. Die von Umweltschützern kritisierte Situation habe sich über Jahrzehnte entwickelt.
„Dafür können wir nichts“, sagte Bauherr Mathias Fontin nach der Urteilsverkündung. Er betonte, dass das Schachtkraftwerk, anders als von den Klägern behauptet, Steine und Lebewesen durchlasse. Und zwar besser als bisher. Die von der TU München für geringe Wasserfallhöhen entwickelte Anlage werde das Areal also ökologisch aufwerten. Fontin äußerte sich erfreut über das Urteil: „Wir wollen jetzt natürlich loslegen.“ Frühestens sei das wohl im Herbst 2019 möglich.
Hinnehmen wollen die Kläger das Urteil indessen nicht: Man werde eine Berufung beantragen, sagte Kurus-Nägele. Auch für die weiteren Kraftwerksbauten kündigte er Widerstand an. „Wir werden nicht aufgeben.“ “Kommentar
Quelle: Illertisser Zeitung 16.11.18
Illertissen / Dietenheim
Kraftwerk in der Iller: Gericht weist Klage gegen Bau ab

Der Bund Naturschutz hat vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen eine Niederlage kassiert. Die Klage gegen den Bau eines Schachtkraftwerks bei Dietenheim wurde abgewiesen.
Von Jens CarstenDer Bund Naturschutz hat vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen eine Niederlage kassiert. Die Klage gegen den Bau eines Schachtkraftwerks bei Dietenheim wurde abgewiesen. Die Entscheidung des Gerichts wurde am Donnerstag um 11 Uhr veröffentlicht, eine Begründung lieferten die Richter noch nicht mit. Das soll erst in den nächsten Tagen erfolgen, hieß es.
Damit kann das umstrittene Kraftwerk in einem Wehr bei Dietenheim wohl gebaut werden. Es soll die erste von insgesamt acht Anlagen in jenem Bereich werden. Während der Bauherr Mathias Fontin aus München mit seinem Projekt eine ökologische Aufwertung der Iller verspricht, gehen die Mitglieder des Bund Naturschutzes und Fischer von einer gegenteiligen Wirkung aus. Es geht um die Fließgeschwindigkeit der Iller und die Blockadefunktion der dort vorhandenen Wehre für Fische und Lebenwesen. Darum wird seit längerer Zeit gestritten.

Das Landratsamt des Alb Donau-Kreises in Ulm hatte Ende 2016 eine Baugenehmigung für das sogenannte Schachtkraftwerk erteilt. Die Behörde ist zuständig, weil sich das fragliche Querbauwerk bei Dietenhiem (und damit auf baden-württembergischen Boden) befindet.
Iller markiert Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg
Die Iller verläuft in jenem Bereich an der Grenze zwischen den beiden Bundesländern, Bund Naturschutz Bayern und Landesfischereiverband Bayern erwarten negative Folgen auf bayerischer Seite, sie reichten Klage ein. Eine Beschwerde (im Eilverfahren) war bereits im Jahr 2017 abgewiesen worden. Nun ist die Klage auch im Hauptsacheverfahren abschlägig beschieden worden.
Ob der Rechtsstreit damit ausgestanden ist, ist unklar. Die Kläger hatten bereits vor der Entscheidung in Sigmaringen erklärt, möglicherweise vor die nächste Instanz ziehen zu wollen. Bauherr Mathias Fontin bekräftigte, den Bau nun in die Wege leiten zu wollen: „Wir sind sehr froh über die Entscheidung.“ Realistisch für einen Beginn sei Herbst 2019. Anders als von den Gegnern gemeinhin behauptet, werde das Schachtkraftwerk in dem Wehr die ökologische Situation vor Ort nicht verschlechtern. Der Transport von Steinen (so genanntes Geschiebe) sei möglich und erwiesen. Es handele sich um eine durch lange Forschung entwickelte, umweltfreundliche Technik.
Quelle: Illertisser Zeitung 15.11.18
Illertissen
Streit um Kraftwerk in der Iller: Fällt jetzt die Entscheidung?

In der kommenden Woche verhandelt ein Gericht in Sigmaringen die Klage gegen den Bau des umstrittenen Kraftwerks bei Dietenheim. Um was es dabei geht.
Um die Zukunft der Iller wird in Illertissen und Umgebung seit Jahren erbittert gestritten: Auf der einen Seite stehen Umweltschützer, auf der anderen steht das Münchner Unternehmen Fontin, das in einem Wehr bei Dietenheim ein neuartiges Wasserkraftwerk bauen will. Der Konflikt beschäftigt seit längerer Zeit auch die Justiz. Nun könnte ein Abschluss bevorstehen: Am Mittwoch wird die Klage gegen die Baugenehmigung vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen verhandelt. Darauf dürften viele Menschen in der Region mit Spannung warten. Um was geht es bei dem Rechtsstreit? Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie ist die Sachlage: Der Münchner Unternehmer Mathias Fontin will ein Schachtkraftwerk in ein Wehr bei Dietenheim bauen. Es soll die erste von acht Anlagen sein, als weitere Standorte sind unter anderem Illertissen, Dietenheim, Balzheim, Altenstadt und Kellmünz im Gespräch. Der Bau in Dietenheim wurde bereits Ende 2016 vom Landratsamt des Alb-Donau-Kreises in Ulm genehmigt. Bund Naturschutz und Landesfischereiverband Bayern klagten dagegen.

Was ist geplant: In das Wehr eingebaut werden soll ein sogenanntes Schachtkraftwerk. Turbine und Generator befinden sich unter Wasser. Es soll sich um eine umweltfreundliche Technik handeln, sagt Fontin. Der Entwickler, Professor Peter Rutschmann, habe dafür die bayerische Umweltmedaille erhalten. Das Schachtkraftwerk ermögliche, dass Fische, Kleinstlebewesen und auch Steine, die sich auf dem Grund des Flusses bewegen, das Wehr passieren können. Somit werde die geforderte Durchgängigkeit erhöht. Ein feiner Rechen soll Fische zudem davon abhalten, in dem Wehr verletzt zu werden. Durch die 4000 Kilowattstunden Strom könnten 400 Haushalte versorgt werden. Seine Anlagen trügen zur Energiewende bei, sagt Fontin. Das Vorhaben sei im Genehmigungsverfahren geprüft worden. Es erfülle die Vorgabe, das Areal ökologisch aufzuwerten.
Bund Naturschutz sieht Renaturierung der Iller in Gefahr
Was kritisieren Umweltschützer: Skeptiker sehen die Illerrenaturierung in dem Bereich in Gefahr. Um eine naturnahe Situation zu erreichen, müsse sich Material auf dem Grund des Flusses frei bewegen können. Das Wehr ist dabei im Weg: Mitgespülte Steine im Flussbett, ein wichtiger Lebensraum für Fische und viele andere Tiere, würden durch das Bauwerk aufgehalten, heißt es. Was das Schachtkraftwerk in der Hinsicht leiste, sei zu wenig. Die 24 Querbauwerke in jenem Bereich müssten stattdessen entfernt oder durch Rampen umgangen werden. Werde das Kraftwerk gebaut, zementiere das die jetzige, als unbefriedigend empfundene Situation auf Jahre. Dazu sagt Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bundes Naturschutz im Kreis Neu-Ulm: „Kommt die Anlage, könnten wir die Renaturierung des Flusses für Jahrzehnte vergessen.“ Außerdem werde an der Iller schon genug Strom erzeugt, das Mutterbett führe nur noch einen Bruchteil seiner ursprünglichen Wassermenge. Die Kraftwerke der Münchner Firma hätten nur eine geringe Leistung – zur Energiewende trügen sie deshalb kaum etwas bei.

Wie ist der Rechtsstreit verlaufen: Gegen die Genehmigung des Landratsamts in Ulm hatten Bund Naturschutz und Fischereiverband geklagt und im Eilverfahren Beschwerde eingelegt – Letzteres ohne Erfolg: Die Beschwerde wurde zuerst vom Verwaltungsgericht in Sigmaringen und dann in zweiter Instanz vom Verwaltungsgerichtshof in Mannheim zurückgewiesen. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren – also in der Klage an sich – steht noch aus. Sie soll am kommenden Mittwoch in Sigmaringen fallen.
Fontin will mit dem Bau von Schachtktraftwerk beginnen
Wie könnte das Verfahren ausgehen: Das ist unklar. Unternehmer Fontin sieht sich im Recht. Darauf deute die Ablehnung des Einspruchs im Eilverfahren (im Herbst 2017) hin. „Es gab nicht die Haaresbreite eines Zweifels an der Zulässigkeit der Anlage“, sagte er damals. Und: „Wir werden sehen, was jetzt passiert.“ Naturschützer setzen hingegen darauf, dass die groß angelegte Renaturierungsaktion des Flusses durch das Projekt „Agile Iller“ den Kraftwerksplänen entgegensteht. Wie im November 2017 bekannt gegeben wurde, wollen Bayern und Baden-Württemberg 70 Millionen Euro für eine naturnahe Gestaltung ausgeben. Das spreche gegen das Kraftwerk, so die Umweltschützer. Sie erhoffen sich eine Gerichtsentscheidung in ihrem Sinne. Außerdem will die Stadt Illertissen an der Iller ein Erlebnisareal errichten, nach Vöhringer Beispiel. Auch das passe nicht mit den Kraftwerksplänen zusammen, so Kurus-Nägele.
Wie geht es weiter: Das hängt davon ab, wie das Verfahren ausgeht – und ob es überhaupt eine Entscheidung gibt. Die Naturschützer haben bekräftigt, notfalls weitere rechtliche Schritte zu prüfen und weitere Instanzen bemühen zu wollen. Vom Europäischen Gerichtshof war die Rede. Fontin hält seinerseits an dem Projekt fest. Entscheidet das Gericht am Mittwoch in seinem Sinne, dürfte mit einem Baubeginn zu rechnen sein.
Quelle: Illertisser Zeitung 12.11.2018
Altenstadt
Mit welchen Projekten die Iller wieder gesund werden soll

Der Fluss soll wieder attraktiver gestaltet und ökologisch aufgewertet werden. In Altenstadt gibt es schon konkrete Pläne.
Idyllisch sieht sie aus und auf den ersten Blick auch ganz gesund: die Iller. Doch, und das ist seit Jahren immer wieder Thema in verschiedenen Kommunen und Verbänden, der schöne Schein trügt. Denn die Iller hat eine Frischzellenkur bitter nötig. Das ökologische Gleichgewicht ist aus den Fugen geraten, sagt beispielsweise der Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Untere Iller, Wolfgang Höß.
Der Bürgermeister des Marktes Altenstadt ist selbst Fischer und bekennender Naturliebhaber, er weiß aus Erzählungen seines Großvaters, wie die Iller in der Region vor etlichen Jahren ausgesehen hat. „Früher konnte man, überspitzt gesagt, zur Laichzeit auf den Nasen (Fischart, Anmerkung der Redaktion) über die Iller laufen“, sagt Höß. Sogar in Netzen habe man diese Fische in Massen aus dem Wasser gezogen. Doch dann sei das Ayer Wehr bei Senden gebaut worden – und die Iller habe sich verändert. Zwei Jahre später, so Höß, habe es bei Leubas im Allgäu keine Nasen mehr gegeben. Das bestätigt auch Oliver Born, Fischereifachberater im Bezirk Schwaben. „Das waren früher 10000, die da die Iller aufgestiegen sind.“ Born vergleicht die damalige Situation mit Bildern von massenhaften Lachsen in Flüssen in Alaska. Und auch der Huchen, der bis zu 1,2 Meter lang und laut Born bis zu 20 Kilogramm schwer werden kann, sei tausendfach den Fluss aufgestiegen. Und heute? „Es gibt noch Huchen“, sagt der Fachmann. Aber eben sehr viel weniger.
Iller: Kaum noch Huchen und Nasen vorhanden
Denn seit dem Bau des Ayer Wehrs, das vor allem zur Energiegewinnung dienen sollte, habe sich der Fluss drastisch entwickelt: Mehr und mehr Wehre stießen dazu, die Durchgängigkeit wurde eingedämmt, die Fische konnten nicht mehr „wandern“ – die Populationen schwanden. Teilweise auch, weil man die gesammelten Fische an den Anlagen mit – wie Born es nennt – brachialen Methoden tötete. Man habe die Tiere aufgespießt.
Außerdem seien vermehrt Flächen neben der Iller genutzt worden. Die Folge: Das Gewässer musste an den Ufern verkleinert werden. „In dieser Zeit galt der Rückgang der Fischarten wenig“, kommentiert Born diese Entwicklung. Inzwischen, so der Experte, gebe es nicht einmal mehr Auwälder. Damit ist ein Wald gemeint, der phasenweise im Wasser steht. Dadurch bietet er Wasserlebewesen etwa bei Hochwasser einen „Zufluchtsort“. Nach dem Hochwasser können die Tiere durch direkte Anbindung an den Fluss wieder in diesen zurück. Doch solche Verbindungen gebe es in der Region nicht mehr. Ein weiteres Problem: „Heute ist die Iller 50 bis 60 Meter breit. Früher waren es teilweise sogar bis zu einem Kilometer“, sagt Born. Die Iller hat sich durch den Verlust an Breite tiefer in den Boden gegraben. Das wiederum führte dazu, dass es kaum noch Kies am Grund gibt. Diesen aber brauchen beispielsweise die Nasen als Laichgrube, sagt Fischereigenossenschaftschef Höß.
Um all diese Probleme wieder in den Griff zu bekommen, steht nun die Ökologie des Flusses im Vordergrund – und die soll mithilfe mehrerer Projekte aufgewertet werden. „Die Iller ist eine der Hauptwanderachsen für Fische. Deshalb muss die Wanderbarkeit der Iller wieder hergestellt werden“, betont Born. Eines der wohl wichtigsten Vorhaben ist die „Agile Iller“. Wie berichtet, handelt es sich um ein Bayern und Baden-Württemberg übergreifendes Programm zwischen Aitrach und Wiblingen, 70 Millionen Euro werden darin investiert. Neben der Durchgängigkeit des Flusses soll auch die Struktur verbessert werden. Haufenweise Kies wurde in diesem Rahmen erst vor wenigen Tagen in die Iller bei Vöhringen eingelassen. „Kies ist für das gesamte Leben in der Iller unverzichtbar“, so Born.
Projekte: Kranke Iller soll wieder aufgewertet werden
Daneben beteiligen sich unter anderem Kellmünz und Altenstadt am Projekt „Kulturlandschaft Untere Iller erleben“. Der Schwerpunkt liegt auf Themenrunden am Gewässer. Träger der Maßnahmen sind die Bayerischen Elektrizitätswerke (BEW). Die Kommunen sind jeweils mit ihren Vorhaben involviert, in Altenstadt etwa mit dem Bau der neuen Grieshofbrücke, den der Gemeinderat nun in die Wege geleitet hat. Seit über einem Jahr ist der marode Übergang über den sogenannten Uiag-Kanal bei Untereichen gesperrt. Mithilfe des Projektes soll, statt der Brücke, ein neuer Erlebnissteg für Radler und Fußgänger über den Kanal führen und an den Illerradweg anknüpfen. Kosten: Rund 260000 Euro, die vom Leader-Programm und vom Projektträger gefördert werden. Die Gemeinde müsste noch knapp 78000 Euro zahlen. „Bis 2020 muss das abgeschlossen sein“, sagt Altenstadts Bürgermeister Höß, ansonsten gebe es keine Zuschüsse mehr.
Er ist sich sicher: Wird die Bedeutung der Iller den Menschen bewusst, steige auch das Verständnis für die Projekte an dem Fluss. „Das Bedürfnis der Menschen ist ja schon da, sich in der Natur aufzuhalten und sie zu erleben.“
Quelle: Illertisser Zeitung 23.10.18
Vöhringen
Umweltminister wirft kritische Blicke auf die Iller


Wo könnte man besser über die Iller sprechen als an der Iller? Und dann auch noch bei deutlich mehr als 20 Grad? Einen sonnigen Nachmittag verbrachte nun der Bayerische Minister für Umwelt und Verbraucherschutz, Marcel Huber (CSU), an dem Fluss, um – zwischen den Wieland-Werken auf der einen, und einem Waldstück auf der anderen Seite – über die Iller zu diskutieren. Dass es dabei auch emotional zugehen würde, war vorauszusehen. Denn immer noch steht eine Entscheidung zu den umstrittenen Kraftwerksplänen bei Dietenheim aus. Wie berichtet, möchte eine Münchner Firma in bestehende Betonschwellen in der Iller acht Schacht-Kraftwerke errichten. Das Land Baden-Württemberg stimmte zu, hiesige Naturschützer klagten. Dieser Zwist ist auch an dem Bayerischen Umweltminister nicht vorbei gegangen. Und er vertritt eine klare Meinung.
Gehe das Genehmigungsverfahren zugunsten der Kraftwerksbetreiber aus, werde das dem Projekt „Agile Iller“ im Wege stehen, sagte er. „Dann ist das das Gegenteil von dem, was wir hier machen wollen“, so Huber. Die „Agile Iller“ sei das bedeutendste Programm zur Gewässerrenaturierung in ganz Deutschland (Lesen Sie dazu auch: Von der „stinkenden Kloake“ zum Vorzeigefluss ). 70 Millionen Euro werden seit 2017 über einen Zeitraum von zehn Jahren in den Fluss gesteckt. Dieser soll mehr Raum erhalten, attraktiver gestaltet werden – und mehr Lebensqualität sowohl für Menschen als auch für Tiere bieten. „Ich spreche dabei immer gerne von einer Win-win-win-Situation“, sagte Huber: Hochwasserschutz, Lebensqualität und Natur.
Der Politiker machte aber keinen Hehl daraus, dass es noch ein langer Weg wird, ehe die Gewässerziele erreicht sein werden. „Das, was sich in 150 Jahren entwickelt hat, kann man nicht von heute auf morgen verändern“, so Huber. „Es gibt aber viele gute Ideen für die Iller.“ 60 Einzelmaßnahmen gehörten zum Programm „Agile Iller“. Querbauwerke sollen beispielsweise umgebaut werden, um den Fluss durchgängig zu machen und Rampen für Fische entstehen. Nicht zu vergessen: Die Naturräume um das Gewässer, auch in diese soll investiert werden. „All das, was jetzt beeinträchtigt ist, muss sich als Ganzes entwickeln.“ Der Zeitplan ist straff: 2027 sollen die Arbeiten für die „Agile Iller“ umgesetzt sein. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinkriegen“, sagte Huber.
Wolfgang Höß: Kraftwerkspläne bei Dietenheim seien ein gordischer Knoten
Dem schloss sich der Altenstadter Bürgermeister und Vorsitzende der Fischereigenossenschaft „Untere Iller“, Wolfgang Höß, an. Er nutzte seine Chance und verdeutlichte dem Minister in einer emotionalen Rede, wie wichtig ihm die Klage der Naturschützer im Dietenheimer Kraftwerks-Fall ist. „Wir stehen hier vor einem renaturierten Abschnitt. Es ist eine tolle Erkenntnis, was man aus so einem Gewässer machen kann.“ Im Süden des Landkreises Neu-Ulm hingegen stehe der Fluss regelrecht. Die 70 Millionen Euro seien nun ein „großer Wurf“ für die Iller – wäre da nicht dieser „gordische Knoten“ bei Dietenheim. „Das ist ein Zipfel aus Baden-Württemberg, der zu uns ragt. Und die haben sich erdreistet, da eine Genehmigung zu erteilen“, so Höß. Werde dieses Vorhaben umgesetzt, stelle das die Investitionen für die „Agile Iller“ infrage. Die Schwelle bei Dietenheim teilten sich die beiden Länder. „Vielleicht sagt Bayern jetzt: ’Ich gebe das nicht mehr her’.“ Er wünsche sich, dass es eine Abstimmung mit dem Land Baden-Württemberg geben wird, ohne einen riesen Rechtsstreit, den die Verbände letztlich führen müssen, sagte Höß. „Damit die 70 Millionen Euro richtig angelegt sind.“ Aber nicht nur Höß nutzte die Gunst der Stunde, dem Umweltminister seine Anliegen zu verdeutlichen.
Auch die Illerzellerin Gisela Brocke wagte sich ans Rednerpult. Sie wohne an der Iller und könne die Ansichten der Naturschützer verstehen. Trotzdem, sagte die Bürgerin, ginge es nach den neuen Ideen, hätte ihre Familie keinen direkten Zugang mehr zum Fluss. „Wir heißen aber Illerzell und nicht Dammzell“, sagte die 44-Jährige in Anspielung auf einen Damm, der gebaut werden könnte. Auf der anderen Seite befürchte sie, dass die Keller durch das Anheben des Grundwassers überflutet werden könnten.
Huber versicherte der Illerzellerin: „Das schauen wir uns direkt mal an“, und kündigte so indirekt seinen nächsten Besuch an der Iller an.
Quelle: Illertisser Zeitung 21.09.18
Vöhringen
In der Iller wird das Wasser knapp

Die Iller leidet an Auszehrung. Aus dem lebhaften, manchmal sogar ungestümen Gebirgsfluss ist ein Gewässer geworden, das ruhig in seinem Bett fließt und Einblicke in sein Inneres freigibt. Die anhaltende Trockenheit hinterlässt deutliche Spuren: Die Uferzonen liegen weithin frei, mitten im Gewässer tauchen Steine auf, die bei normalem Pegel nie zu sehen sind. Erholungsuchende freuen sich, sie waten bei schwacher Strömung ungehindert durch die Iller. Was für die einen ein ungewohnter Badespaß ist, bereitet den Fischern und Wasserwirtschaftsämtern allerdings zunehmend Sorge. Um dem Fluss Wasser zuzuführen, wurde jetzt der Wasserstand des Illerkanals um 20 Zentimeter abgesenkt.
Südlich von Vöhringen beim Einlassbauwerk Au, wo der Zufluss zum Kanal geregelt wird, wurde die Einleitung in den Kanal reduziert. Eine Maßnahme, die nötig war und vom Wasserwirtschaftsamt angeordnet wurde. Allerdings darf dem Kanal nur so viel Wasser entzogen werden, dass Turbinenkraftwerke weiterlaufen und Strom erzeugen können. Eckhart Zimmermann von der Firma Wieland, der mit dem Illerkanal bestens vertraut ist, sagt: „Für Iller und Kanal bedeutet Niedrigwasser auch eine Gefahr für die Fische.“ Denn das Wasser wärme sich dann auf. Das bekomme den Fischen nicht, die an die kühlen Fluten des Flusses gewöhnt sind.
Trockenheit: Der Sauerstoff wird zur Mangelware
Wie Patrick Kastler, Vorsitzender der Vöhringer Fischereigemeinschaft sagt, sei nicht primär die Wärme das Problem für die Tiere: „Je wärmer das Wasser ist, umso weniger Sauerstoffgehalt weist es auf.“ Salmoniden wie Äsche, Bachforellen und Saiblinge sind laut Kastler davon besonders betroffen. Im Auebach, der vom Wasser des Wieland-Kanals gespeist wird, ist der Pegel so drastisch abgesunken, dass der Bach zum Teil trocken gefallen ist. „Da mussten wir eine Fischbergung durchführen.“ Kastler erklärt, was gemacht wurde: „Es wurde elektrisch abgefischt und die Fische in die umliegenden Gewässer wieder zurückgesetzt.“
Ein Blick auf die Durchflussmengen, die am Pegel bei Kempten gemessen werden, macht deutlich, wie sehr die Trockenheit der Iller zusetzt. Hubert Mahler vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth erklärt auf Nachfrage, dass der aktuelle Stand der Durchflussmenge bei 8500 Liter pro Sekunde liegt. Der Wert des Mittelwasserabflusses – also die Durchschnittsmenge – liegt bei 46000 Liter pro Sekunde. „Das ist natürlich von den Witterungsbedingungen abhängig. Es gibt ja auch regenreiche Sommer.“
Der Abfluss der Iller in Kubikmetern pro Sekunde gemessen, ist in Stufen eingeteilt. Er richtet sich nach der Jahreszeit. Da die Iller ein Gebirgsfluss ist, führt sie in den Monaten April, Mai und Juni durch die Schneeschmelze sehr viel Wasser, in den Sommermonaten weniger.
Was die Wasserversorgung anbetrifft, so besteht nach Auskunft von Bernd Jünke von den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm trotz Trockenheit keine Gefahr. Grundwasser im Durchflussbereich von Iller und Donau sei ausreichend vorhanden und damit auch die Trinkwasserversorgung gesichert.
Der Illerkanal selbst entstand in einer Zeit, als die Wasserkraft zur Erzeugung von Strom entdeckt wurde. Das war gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Aber schon vorher bestand ein Kanal, der – wie man heute sagt – durch einen „wilden Anstich“ entstanden war. Dieses Gewässer nahm seinen Anfang bei Au, in Chroniken ist die Rede von einem Kanal, der bereits um 1800 entstanden war. Dieser wurde durch Illerwasser gespeist. Zunächst diente das Fließwasser dazu, Mühlen anzutreiben. Später waren es Turbinen, die in der beginnenden Industrialisierung zur Erzeugung von Strom genutzt wurden. Diese Technik setzten die Wieland-Werke ein, die sich 1864 an der Iller niedergelassen hatten. Die Wasserkraft wurde dabei für die Produktion von Messingfabrikaten genutzt. 1904 wurde der Kanal dann erweitert, es entstanden weitere Wasserkraftanlagen. Der Illerkanal erstreckt sich von einem Abzweig bei Au – kurz vor dessen Rückfluss in die Iller – bis zur Mündung in die Donau bei Neu-Ulm.
Quelle: Illertisser Zeitung 17.08.2018
Illertissen
Wie Illertissen das Illerufer zum Erlebnis machen will

Die Iller plätschert munter über Kiesbänke hinweg, sie bietet verschiedenen Tieren einen Lebensraum und zahlreichen Menschen ein Ausflugsziel: Durch die Renaturierung ist der Fluss bei Vöhringen zum begehbaren Naturidyll geworden. Das gilt gemeinhin als Beispiel für eine gelungene Ökologisierung – und weckt nun in der Nachbarschaft Begehrlichkeiten. Zumindest was den Zugang zum Fluss betrifft. Am Illertisser Illerufer könnte sich Bürgermeister Jürgen Eisen Ähnliches vorstellen: „In Vöhringen ist das richtig toll geworden, die Leute gehen gerne zur Iller.“ Eine Idee für Illertissen gibt es auch schon.
Eine Skizze zeigt, wie das Erlebnisareal am Illerufer aussehen könnte. Eine Insel, eine Rampe, eine Liegefläche und Sitzblöcke sind darauf eingezeichnet. Das Bild entstammt allerdings keinem konkreten Bauplan für Illertissen – viel mehr handelt es sich um ein allgemeines Muster, sagt Ralf Klocke, Leiter der Sparte Wasserbau der Bayerischen Elektrizitätswerke (BEW) mit Sitz in Augsburg. Die Tochter der Lechwerke betreibt fünf Wasserkraftwerke an der Iller und ist über die Untere Iller AG an drei Anlagen zwischen Altenstadt und Illertissen beteiligt. Umgesetzt werden könnten solche Zugänge vielerorts, grundsätzlich auch im Bereich der Vöhlinstadt. Als Wasserkraftbetreiber sehe man sich in der Verantwortung für die Flüsse, lässt die BEW wissen. Die ökologische Aufwertung sei ein wichtiges Ziel. Unter dem Arbeitstitel „Themenradweg Untere Iller“ lote man mit den Kommunen zwischen Altenstadt und Vöhringen deshalb mögliche Maßnahmen aus. Dazu gehören naturnahe Kiesufer, bessere Zugänge zum Fluss in Form von Treppen aus Naturstein, Übergänge und radgerechte Rastplätze, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.
Möglicherweise könnte all das auch bei Illertissen stattfinden. Beschlossen ist bisher allerdings nichts, betont Rathauschef Eisen. Den Stadträten hat er die Idee in einer nicht öffentlicher Sitzung bereits vorgestellt. Der Weg für ein solches Projekt scheint grundsätzlich frei: Kürzlich hat die Stadt einen Waldstreifen am Ufer gekauft, es handelt sich um Flächen von insgesamt rund 2,5 Hektar.
Ein Ort für die Umsetzung sei noch nicht ausgeguckt, sagt Eisen: „Das könnte man überall machen.“ Der Zugang wäre ein Gewinn für Illertissen, glaubt der Rathauschef: „Momentan kann man gar nicht bis zur Iller runter.“ Allerdings bleibe abzuwarten, ob es eine politische Mehrheit für das umfangreiche Unterfangen gibt. „Über vieles wird noch zu reden sein“, sagt Eisen. Das Projekt „Iller-Zugang“ werde wohl eines für die kommenden Jahre sein. Dafür könnten Gelder aus dem EU-weiten Leader-Fonds beantragt werden. Dieser stellt Mittel für Aktionen zur Entwicklung von ländlichen Räumen zur Verfügung.
Das besucherfreundliche Ufer bei Illertissen könnte sich in ein Bündel von Maßnahmen eingliedern, die im Zuge des Projekts „Agile Iller“ umgesetzt werden. Wie berichtet, machen die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg 70 Millionen Euro locker – durch 60 Umbauten soll der Fluss auf einer Länge von 60 Kilometern zwischen Aitrach bei Memmingen und Neu-Ulm zurück zur Natur finden. Beim von der BEW angedachten „Themenradweg“ handelt es sich um ein ergänzendes Vorhaben.
Die hiesigen Naturschützer stehen hinter dem Konzept: „Die Iller erlebbar zu machen, das können wir absolut befürworten“, sagt Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutz im Landkreis Neu-Ulm. Das trage dazu bei, die Menschen für die Umwelt und deren Schutz zu sensibilisieren. Zu einer touristischen Nutzung dürfe es allerdings an der Iller nicht kommen – so etwas wie einen Kiosk kann sich Kurus-Nägele deshalb nicht vorstellen.
Der Iller-Zugang könnte allerdings ein Argument gegen das von der Münchner Firma Fontin geplante Schachtkraftwerk bei Dietenheim sein, sagt der Naturschützer. Wie berichtet, läuft vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen ein Rechtsstreit um die Genehmigung. Ein Urteil erwartet Kurus-Nägele in diesem Herbst. Und zwar ein Negatives: „Es gibt viele Gründe gegen das Kraftwerk, wir hoffen, dass jetzt mal einer durchschlägt.“
Quelle: Illertisser-Zeitung 27.07.2018
Altenstadt
Illerkraftwerk: Hoffnung für Naturschützer und Fischer

Bei Dietenheim ist ein umstrittenes Bauwerk vorgesehen. Demnächst soll es dazu Neuigkeiten geben.
Von Wilhelm SchmidGute Aussichten sieht Wolfgang Höß, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Untere Iller, für den Erfolg der Klage gegen das umstrittene Kraftwerkprojekt, das eine Münchner Firma an der Iller plant. Er informierte über den aktuellen Stand bei der Mitgliederversammlung der in der Genossenschaft zusammengeschlossenen Vereine in Altenstadt.
Zum Hintergrund: Die Firma Fontin will – wie berichtet – , ein sogenanntes Schachtkraftwerk in ein Wehr bei Dietenheim einbauen. Diese Anlage soll nicht nur umweltfreundlich betrieben werden können, sondern die ökologische Situation vor Ort sogar aufwerten, sagte Bauherr Mathias Fontin vor einiger Zeit. Auch eine Fischtreppe und Laichplätze seien laut Unternehmenschef vorgesehen. Allerdings ist das Projekt sehr umstritten. Zu den Gegnern zählen unter anderem der Bund Naturschutz Bayern und der bayerische Fischereiverband, die gegen die Baugenehmigung geklagt hatten.Doch die Beschwerde wurde 2017 zurückgewiesen.
Nun gibt es allerdings Hoffnung für Fischer und Naturschützer. Denn der Prozess gegen das geplante Kraftwerk ist derzeit nach einer Eilentscheidung beim zuständigen Gericht in Sigmaringen im Hauptverfahren anhängig. Dazu haben die Kläger unter Federführung des Bundes Naturschutz ein neues Gutachten fertigen lassen. Dieses kommt zu dem Schluss, dass vor der bereits erteilten Genehmigung eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte stattfinden müssen.
Illerkraftwerk: Höß sieht gute Aussichten für Fischer
Das aktuell entstehende Gewässerentwicklungskonzept, so Altenstadts Bürgermeister Wolfgang Höß, erhalte dazu eine „tragende Rolle“, und so stehen nach seiner Ansicht die Chancen gut, dass das Gericht entgegen der ersten Entscheidung nun doch zugunsten der Fischerei- und Naturschutzverbände urteilt. Die Baugenehmigung sei zwar laut Eilverfahren rechtskräftig, aber die Firma Fontin, die das Schachtkraftwerkprojekt betreibt, warte offensichtlich das Hauptverfahren ab, weil sie selbst nicht unbedingt mit einem Urteil zu ihren Gunsten rechne.
Und noch eine weitere gute Nachricht für die Fischer hatte Höß parat: Die Untere Iller AG (Uiag) habe vorgeschlagen, in die bestehenden Querbauwerke an der Iller Öffnungen einzuschneiden, womit „zügig und kostengünstig“ ein „sehr nützlicher Effekt“ für den Naturschutz zu erreichen sei. Im dadurch entstehenden schmäleren Flussbett, so Höß, werde Kies umgelagert, was zu besseren Laichplätzen führe. Der Uiag-Kanal dagegen solle weiterhin voll genutzt werden.
Der Grund: Werde diesem Wasser entnommen, um es durch die geplanten Schachtkraftwerke in der Iller zu führen, erhalte deren Betreiberfirma deutlich höhere Zahlungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz als die Uiag am Kanal. Das führe dazu, dass der Bürger den vierfachen Strompreis zu tragen habe. „Über diese Hintergründe müssen wir die Bevölkerung informieren“ forderte Höß auf und betonte, dass bereits jetzt 90 Prozent des Illerwassers energetisch genutzt würden, sodass eine noch höhere Nutzung nicht ratsam sei.
Höß lobte unter anderem das gute Einvernehmen mit dem Bund Naturschutz und dem Landesbund für Vogelschutz in der Interessengemeinschaft Naturraum Iller auch bei Problemen mit Kormoran und Gänsesäger.
Im Verlauf der Versammlung informierte Geschäftsführer Norbert Frank über die umfangreichen Aktivitäten des vergangenen Jahres, wobei die Besatzmaßnahmen im Rahmen des Artenhilfsprogrammes, die Zusammenarbeit mit Jagd und Naturschutz, diverse Wasserbaumaßnahmen und der Kassenbericht im Mittelpunkt standen.
Über „Fang und Besatz“ referierte im Detail Patrick Kastler, und Oliver Born, Fischereifachberater des Bezirks Schwaben, bat die Vereinsvertreter, die in den kommenden Jahren anstehende Fortsetzung der Renaturierungsmaßnahmen positiv zu begleiten, da diese große Verbesserungen für den Naturraum Untere Iller mit sich brächten.
Born leitete auch die Wahlen: Der Altenstadter Bürgermeister Wolfgang Höß bleibt Vorsitzender, sein neuer Stellvertreter wird Holger Plangl. Der bisherige Zweite Vorsitzende Dietmar Wagner übernimmt die Geschäftsführung, nachdem Norbert Frank dieses Amt nach rund 20 Jahren abgab. Frank wurde mit besonderen Ehren verabschiedet und vergab in seiner Funktion als Kreisobmann des Fischereiverbandes Schwaben weitere Ehrungen.
Quelle: Illertisser Zeitung 09.06.2018
Illertissen
Naturschützer haben Pläne für Betonschwellen

Für den Umbau der Wehre gibt es eine neue Idee. Der Fluss soll wieder schneller fließen. Das Vorhaben kommt an. Doch was wird aus den Kraftwerken?
Von Regina LanghansIn Sachen Illerrenaturierung haben die Naturschützer auf der bayerischen Seite eine neue Idee: Sie wollen die zum Anstauen des Flusses errichteten Betonschwellen umbauen, damit die Iller in dem Bereich auch wieder als Fließgewässer funktionieren kann. Zugleich wollen sie damit eine Antwort auf die Pläne einer Münchner Firma geben, die, wie berichtet, in die Staustufen sogenannte Schachtkraftwerke einbauen will.
In einer gut besuchten Infoveranstaltung von Bund Naturschutz, Vertretern der Iller-Gemeinden sowie Fischerei- und Vogelschutzverbänden stellte Ralf Klocke von der Unteren Iller AG das Konzept vor. Es betrifft den Flussabschnitt von Filzingen bis Vöhringen. Wobei in der Wieland-Stadt die Iller schon vorbildlich renaturiert sei, so die Naturschützer.
Derzeit läuft eine Klage der Naturschützer gegen die vom Alb-Donau-Kreis erteilte Baugenehmigung für ein Kleinkraftwerk bei Dietenheim. Dieses soll in ein bestehendes Wehr eingebaut werden. Die Erlaubnis wurde damit begründet, dass sich an den Betonschwellen (zugunsten eines höheren Grundwasserspiegels) in den nächsten 30 bis 40 Jahren nichts ändern werde – auch nicht im Zuge der groß angelegten Illerrenaturierung. Dazu haben die Länder Bayern und Baden-Württemberg ein gemeinsames Programm aufgelegt.
Die Idee der Naturschützer steht der Absicht des Münchner Bauherren Fontin wohl entgegen: Es geht um den Bau einer Teilrampe. Mit breiten Einschnitten sollen die Betonmauern durchbrochen und die Bodenschwelle angeglichen werden, hieß es. So könne die Iller in dem kleinen Abschnitt als Fließgewässer funktionieren. Mit der Zeit könnten sich wieder Steine ablagern und das sogenannte Geschiebe das Flussbett füllen. Denn das sei im Lauf der Jahrzehnte bis auf die Erdschicht blank gewaschen worden. Werde diese durchbrochen, sei das Grundwasser in Gefahr, sagte Klocke in Illertissen. Die Kiesschicht berge auch Nahrung für viele Fischarten. Des weiteren stellten die Wasserableitungen in die Kanäle ein Problem dar: in der iller bleibe nur wenig Wasser, von drei bis neun Kubikmetern pro Sekunde war die Rede.
Die Teilrampen-Idee könnte in das Konzept der beiden Bundesländer („Agile Iller“) und in den Gewässerentwicklungsplan einfließen, sagten Gunther Wölfle vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth und sein Kollege Peter Faigle aus Baden-Württemberg nach dem Vortrag. Im Zuge der Renaturierung werde ein Gutachten erstellt, hieß es. Dessen Befunde seien maßgeblich sei.
Zur Genehmigung des geplanten Kleinkraftwerks bei Dietenheim sagten die Vertreter der Ämter: „Die Entscheidung haben wir zu akzeptieren.“ Im Rahmen der Renaturierung seien an der Iller 57 Maßnahmen vorgesehen, die nach und nach umgesetzt würden. Der nun geäußerte Vorschlag, die Betonschwellen zu Rampen umzubauen, sei wohl grundsätzlich schnell umsetzbar, war zu erfahren.
Die Idee der Naturschützer stieß bei den Anwesenden grundsätzlich auf zustimmung.
Dagobert Smija, der als Berater der Bayrischen Elektrizitätswerke vor Ort war, gab zu Bedenken, dass sich die Iller als Folge ihrer Begradigung in die Tiefe gegraben habe. Zu den Folgen gehörten gesunkener Grundwasserspiegel, dürre Auwälder und bei trockenen Sommern komme es zu Fischesterben in der Iller. „Wir haben von der Wasserkraft profitiert, aber wir sind auch für die Gewässer verantwortlich.“
Norbert Frank, Dritter Bürgermeister von Bellenberg, lobte die einheitliche Haltung der Naturschützer, die vor Jahren schon die Kleinkraftwerke in der Iller abgelehnt hätten. Altenstadts Bürgermeister Wolfgang Höß begrüßte die Teilrampen als Kompromiss, ebenso wie das Fluten alter Gräben im Auwald zugunsten der Natur und für einen Hochwasserschutz. Bürgermeister Michael Obst aus Kellmünz erfuhr, dass die angesprochenen Vorhaben seinen Ort nicht beträfen. Und Stadtrat Uwe Bolkart aus Illertissen wollte wissen, ob und wie die neue Idee umgesetzt werde. Das werde man im Zuge der „Agilen Iller“ prüfen, war die Antwort.
Quelle: Illertisser Zeitung 12.04.2018
Iller: Weg vom Kanal, hin zum Fluss
Die ersten Umbauten sind schon erledigt, nun gibt es Gesamtkonzept: Die Iller soll bis nach Ulm breiter werden, Seitenarme bekommen, durchlässiger werden.
Seit 1996 arbeiten Bayern und Baden-Württemberg gemeinsam daran, der vor 150 Jahren begradigten und in ein Korsett gezwängten Iller wieder eine natürlichere Form zu geben: Der Fluss wird verbreitert, die Sole mit riesigen Steinen gesichert, Seitenarme, Kiesbänke und Mulden werden angelegt. So soll die Hochwassergefahr reduziert, der Grundwasserspiegel gestützt, neuer Lebensraum für Tiere geschaffen werden. Der letzte große Abschnitt im Landkreis Neu-Ulm war der Umbau von einem Flusskilometer bei Vöhringen für rund 3,5 Millionen Euro. Folgen soll die daran anschließende Strecke bis Senden. Nun haben die beiden Länder dieses Projekt in ein neues, mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattetes Programm integriert.
„Agile Iller“ heißt die Überschrift, unter welcher in den kommenden zehn Jahren der bei Oberstdorf entspringende Gebirgsfluss ökologisch aufgewertet werden soll. Das Programm umfasst 59 Bauvorhaben zwischen Aitrach westlich von Memmingen und Wiblingen. Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg stellen dafür jeweils 35 Millionen Euro zur Verfügung. So sollen beispielsweise Auen entwickelt und bestehende Seitengewässer besser angebunden werden. Die Durchgängigkeit für Fische und andere Tiere soll verbessert werden. Indem Deiche vom Ufer abgerückt werden, soll die Iller wieder mehr Raum bekommen und stärker erlebbar werden.
Planungen fortgeschritten
Am weitesten fortgeschritten in der Planung ist das Projekt „13,6 bis 9,242“, wie der Experte sagt. Das ist in diesem Fall Gunther Wölfle vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth. Die beiden Zahlen markieren die den Bauabschnitt begrenzenden Flusskilometer: 13,6 bei Vöhringen und 9,242 am Ayer Wehr in Senden. Dazwischen sollen zwei jeweils rund 400 Meter lange, offene Deckwerke entstehen. Das eine dort, wo 2004 bereits eine solche Solesicherung eingebaut wurde, bei Kilometer 11, etwa auf Höhe des Golfclubs Ulm in der Wochenau. Das andere Deckwerk etwa einen Kilometer nördlich des 2014 beendeten Bauabschnittes bei Vöhringen. Deckwerke sind mit großen Steinen belegte Abschnitte. Damit soll verhindert werden, dass sich der Fluss weiter in sein Bett eingräbt. Zudem soll die Iller verbreitert werden, von derzeit 45 auf rund 60 Meter. Auch Ausleitungen sind vorgesehen, also konstante Rinnenstrukturen auf beiden Seiten des Flusses in die Auwälder.
10 Millionen Euro, wahrscheinlich eher mehr, wird das alles kosten. Die Genehmigungsplanung läuft schon seit Jahren. Zuletzt, berichtet Gunther Wölfle, gab es eine Abstimmung mit den Naturschutzbehörden. Nun müssten erneut Wasserspiegel-Untersuchungen vorgenommen und weitere Varianten untersucht werden. Das Ergebnis wird dann erneut diskutiert. Im ersten oder zweiten Quartal 2018 soll dann das Planfeststellungsverfahren starten. Zuständige Behörde ist das Landratsamt Neu-Ulm.
Rampe statt Schwelle
Ein weiteres Projekt in Wölfles Zuständigkeitsbereich ist ebenfalls schon recht konkret: Bei Flusskilometer 29,116 bei Altenstadt soll die Betonschwelle umgebaut werden – und zwar zu einer so genannten Rauen Rampe. Das bedeutet: Der bestehende, 2,85 Meter messende Höhensprung, der einst erstellt wurde, um die Eintiefung der Iller zu verhindern, wird abgebrochen. Stattdessen wird eine sanft ansteigende Schräge aus Steinen eingebaut, die Fische in beide Richtungen durchwandern können. 55 Meter ist die Iller an dieser Stelle breit. Kürzlich sind die Planungsleistungen europaweit ausgeschrieben worden, Baubeginn könnte in zwei Jahren sein. Kostenpunkt: rund 4 Millionen Euro.
Kritik Nicht alle waren begeistert, als die Umweltminister Franz Untersteller (Baden-Württemberg) und Ulrike Scharf (Bayern) jetzt bei Tannheim/Buxheim im Unterallgäu den offiziellen Startschuss für das Programm „Agile Iller“ gaben: Umweltschützer, allen voran aus Senden Bernd Kurus-Nägele vom Bund Naturschutz Kreisverband Neu-Ulm, protestierten gegen den geplanten Bau eines Schachtkraftwerkes in einem Wehr bei Dietenheim. Die Renaturierung und das Kraftwerkprojekt passten nicht zusammen. Doch Peter Faigle vom Regierungspräsidium Tübingen winkte ab: Es sei prinzipiell möglich, an besagter Stelle ein kleines Kraftwerk zu bauen. Es sei nicht vorgesehen, das Wehr zu einer Rampe umzubauen. Die Naturschützer gehen rechtlich gegen die Genehmigung für das Kraftwerk vor, sind allerdings mit ihren Eilverfahren schon mal gescheitert. Eine Entscheidung in der Hauptsache gibt es noch nicht.
Quelle: Südwest Presse 13.11.2017
Bayern und Baden-Württemberg wollen Iller zwischen Memmingen und Neu-Ulm ökologisch aufwerten
Umwelt · Vom Gebirgsfluss zum müden Rinnsal: Die Iller hat ihre ursprüngliche Kraft durch zahlreiche Umbauten größtenteils eingebüßt. Sie begannen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Um Flächen entlang des einst mehrere hundert Meter breiten Stroms urbar zu machen, wurde er verschmälert.
Weil sich die Iller daraufhin eingrub und auch das Grundwasser absank, wurden Wehre zur Befestigung eingebaut. Um Strom aus Wasserkraft zu gewinnen, entstanden Kanäle. Das alles drosselte die Geschwindigkeit des Flusses: Heute gleicht er in weiten Teilen mehr einem Kanal denn einem Wildbach. Vormals heimische Tierarten seien deshalb fast völlig verschwunden, kritisieren Umweltschützer und Fischer.
Das soll sich ändern: mit viel Geld und großem Zeitaufwand. Gemeinsam legen die Länder Bayern und Baden-Württemberg nun ein Programm mit dem Titel „Agile Iller“ auf. Es umfasst rund 60 Umbaumaßnahmen auf einer Länge von fast 60 Kilometern – zwischen Aitrach bei Memmingen und Neu-Ulm, wo die insgesamt etwa 150 Kilometer lange Iller in die Donau mündet. Ziel ist es, dem Fluss, der zwischen den Bundesländern verläuft, seine Natürlichkeit zurückzugeben. Zumindest ein Stück weit.
Denn der ursprüngliche Zustand des Gewässers scheint unwiederbringlich verloren: „Wir können die Uhr nicht um 150 Jahre zurückdrehen, und das glaubt auch niemand“, sagte die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) am Wochenende bei einem Treffen in Tannheim bei Memmingen zum offiziellen Auftakt des Programms. Allerdings gebe es viele Ideen, durch die Verbesserungen erreicht werden könnten. Das sei auch notwendig, sagte die Ministerin. Denn die Iller entspreche in jenem Bereich nicht den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Dieses Regelwerk soll Wasserwirtschaft und Umweltschutz europaweit vereinen: Mit Blick auf die Iller gibt es Aufgaben vor, so Scharf. Die sollen mit dem Programm „Agile Iller“ angepackt werden.
Große Umbauten stehen bevor: Aus Wehren werden Rampen, über die das Wasser hinwegströmen kann. Tiere und Steine könnten sich dann ungehindert bewegen – und somit natürlicher, hieß es. 15 solcher Baumaßnahmen sind vorgesehen, sagte Peter Faigle, der im Regierungspräsidium in Tübingen für die Entwicklung der Gewässer zuständig ist. Außerdem soll die Iller an einigen Stellen verbreitert und an den Ufern sollen Kiesbänke angelegt werden. Dazu lassen die Bauherren hier und da die Uferwege zurückversetzen. An den Seiten der Iller sollen neue Lebensräume für Tiere entstehen, auch von Laichplätzen für Fische ist die Rede. Ein Problem: Für das alles wird Platz benötigt. Faigle appellierte an Kommunen und Privatleute, die nötigen Grundstücke bereitzustellen. Das Programm zur ökologischen Aufwertung ist auf zehn Jahre angelegt und soll rund 70 Millionen Euro kosten. Die Länder teilen sich die Summe.
Ein finanzieller Kraftakt, wie der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sagte. Das Geld sieht er jedoch gut angelegt: „An der Iller ist nichts mehr, wie es einmal war.“ Der Minister erinnerte an die 1920er Jahre, als die Iller zur Gewinnung von Strom stark umgestaltet wurde. Zahlreiche Kanäle entstanden, in die viel Wasser aus dem sogenannten Mutterbett abfloss. Eine Folge: ein großes Fischesterben in den 1970er Jahren. Zwar sei danach festgelegt worden, dass eine Mindestmenge an Wasser in der Iller bleiben muss, so Untersteller. Allerdings könne noch vieles verbessert werden. Zurück zur Natur bedeute zurück zu einem funktionierenden Ökosystem. Geht es nach Untersteller, soll die Iller für die Menschen zu einem „echten Naturerlebnis“ werden.
Quelle: Allgäuer Zeitung 06.11.2017
70 Millionen Euro für die Renaturierung der Iller
Bayern und Baden-Württemberg wollen die Iller zwischen Memmingen und Neu-Ulm im großen Stil ökologisch aufwerten. Dafür geben sie 70 Millionen Euro aus.
Von Jens Carsten
Vom Gebirgsfluss zum müden Rinnsal: Die Iller hat ihre ursprüngliche Kraft durch zahlreiche Umbauten größtenteils eingebüßt. Sie begannen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Um Flächen entlang des einst mehrere hundert Meter breiten Stroms urbar zu machen, wurde er verschmälert. Weil sich die Iller daraufhin eingrub und auch das Grundwasser absank, wurden Wehre zur Befestigung eingebaut. Um Strom aus Wasserkraft zu gewinnen, entstanden Kanäle. Das alles drosselte die Geschwindigkeit des Flusses: Heute gleicht er in weiten Teilen mehr einem Kanal denn einem Wildbach. Vormals heimische Tierarten seien deshalb fast völlig verschwunden, kritisieren Umweltschützer und Fischer.
Das soll sich ändern: Mit viel Geld und großem Zeitaufwand. Gemeinsam legen die Länder Bayern und Baden-Württemberg nun ein Programm mit dem Titel „Agile Iller“ auf. Es umfasst rund 60 Umbaumaßnahmen auf einer Länge von fast 60 Kilometern – zwischen Aitrach bei Memmingen und Neu-Ulm, wo die insgesamt etwa 150 Kilometer lange Iller in Donau mündet. Ziel ist es, dem Fluss, der zwischen den Bundesländern verläuft, seine Natürlichkeit zurückzugeben. Zumindest ein Stück weit.
Denn der ursprüngliche Zustand des Gewässers scheint unwiederbringlich verloren: „Wir können die Uhr nicht um 150 Jahre zurückdrehen und das glaubt auch niemand“, sagte die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) am Wochenende bei einem Treffen in Tannheim bei Memmingen zum offiziellen Auftakt des Programms. Allerdings gebe es viele Ideen, durch die Verbesserungen erreicht werden könnten. Das sei auch notwendig, sagte die Ministerin. Denn die Iller entspreche in jenem Bereich nicht den Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Dieses Regelwerk soll Wasserwirtschaft und Umweltschutz europaweit vereinen: Mit Blick auf die Iller gibt es Aufgaben vor, so Scharf. Die sollen mit dem Programm „Agile Iller“ angepackt werden.
Große Umbauten stehen bevor: Aus Wehren werden Rampen, über die das Wasser hinwegströmen kann. Tiere und Steine könnten sich dann ungehindert bewegen – und somit natürlicher, hieß es. 15 solcher Baumaßnahmen sind vorgesehen, sagte Peter Faigle, der im Regierungspräsidium in Tübingen für die Entwicklung der Gewässer zuständig ist. Außerdem soll die Iller an einigen Stellen verbreitert und an den Ufern sollen Kiesbänke angelegt werden. Dazu lassen die Bauherren hier und da die Uferwege zurückversetzen. An den Seiten der Iller sollen neue Lebensräume für Tiere entstehen, auch von Laichplätzen für Fische ist die Rede. Ein Problem: Für das alles wird Platz benötigt. Faigle appellierte an Kommunen und Privatleute, die nötigen Grundstücke bereitzustellen.
Das Programm zur ökologischen Aufwertung ist auf zehn Jahre angelegt und soll rund 70 Millionen Euro kosten. Die Länder Bayern und Baden-Württemberg teilen sich die Summe.
Quelle: Illertisser Zeitung 06.11.2017
Von der „stinkenden Kloake“ zum Vorzeigefluss
Die Iller wird zwischen Memmingen und Neu-Ulm für 70 Millionen Euro renaturiert. Doch es bleiben Fragen Von Jens Carsten
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Der Start des Renaturierungsprogramms „Agile Iller“ hat am Wochenende mit einem Geständnis begonnen: Als Kind habe er in dem Flüsschen gerne mal geangelt, offenbarte Thomas Wonhas, der parteilose Bürgermeister der baden-württembergischen Gemeinde Tannheim, auf deren Flur der Festakt stattfand. Die Fische habe allerdings damals niemand essen wollen: „Die waren nicht genießbar.“ Die Iller sei damals nämlich eine „stinkende Kloake“ gewesen, das Memminger Abwasser habe bei Heimertingen in den Auen gestanden, sagte Wohnhas. Und er erinnerte an die Jahrhundertflut im Mai 1999, als die Iller über die Ufer trat – bei Oberopfingen nahe Kirchdorf seien es 4,5 Meter gewesen. „Das brachte große Zerstörungskraft“, so Wonhas.
Seither sei viel passiert, die Länder Bayern und Baden-Württemberg hätten viel Geld für Kläranlagen und Hochwasserschutz ausgegeben. Mit dem nun aufgelegten Programm „Agile Iller“ werde ein neues Kapitel der Ökologisierung des Flusses aufgeschlagen, sagte Wonhas. Und er freute sich nicht alleine: Die Unterschriften der Umweltminister Ulrike Scharf (Bayern) und Franz Untersteller (Baden-Württemberg) auf den Kooperationspapieren wurden in einem Zelt an der Iller von zahlreichen Kameras und großem Beifall begleitet. Das markierte den offiziellen Start einer Serie von Vorhaben: Etwa 60 Maßnahmen sollen umgesetzt werden, zwischen Aitrach bei Memmingen und der Mündung des Flusses in die Donau bei Neu-Ulm. Dafür stellen die Länder in den nächsten zehn Jahren 70 Millionen Euro bereit.
Ziel ist es, der stark umgebauten Iller ein Stück weit ihre natürliche Gestalt zurückzugeben. Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie sollen umgesetzt werden. Geplant sind zum Beispiel 15 Umgehungsbauten für Wehre: Dadurch soll die Iller schneller fließen können, einst heimische Fischarten sollen sich wieder wohlfühlen. Zudem wird der Fluss breiter, an manchen Stellen zwischen 20 und 30 Meter: Dafür werden an den Seiten verlaufende Wege versetzt, Kiesufer sollen entstehen. Zu beiden Seiten der Iller sind neue Lebensräume für seltene Tiere vorgesehen. Zunächst soll ein Gutachten zeigen, wie hoch die Fließgeschwindigkeit der Iller sein muss, damit die EU-Vorschriften umgesetzt werden können.
Das Maßnahmenpaket sorgte nicht nur bei den Ministern für ein Lächeln: Naturschützer bezeichneten es vor Ort als „gutes Projekt“. Allerdings bleibt aus ihrer Sicht eine wichtige Frage unbeantwortet: Es ist die, ob der umstrittene (aber bereits genehmigte) Bau eines Schachtkraftwerks in einem Wehr bei Dietenheim stattfinden kann. Geht es nach Bernd Kurus-Nägele, dem Geschäftsführer des Bund Naturschutzes im Kreis Neu-Ulm, passt das groß angelegte Renaturierungsprogramm nicht mit den Kraftwerksplänen zusammen: „Entweder das eine oder das andere, beides geht nicht.“
Momentan läuft ein Rechtsstreit in der Sache: Gegner haben, wie berichtet, gegen die durch das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises erteilte Baugenehmigung geklagt. Gerichte haben die Beschwerden (im Eilverfahren) abgewiesen, eine Entscheidung im Hauptverfahren steht noch aus. Von dem Ökologisierungsprogramm erhoffen sich Kritiker des Kraftwerks eine Wende im Prozess: Er wolle sehen, wie die Gerichte die Ablehnung der Klage nun begründen, sagte Kurus-Nägele. „Wie sie die Quadratur des Kreises schaffen wollen, ist spannend.“
Ähnliche Töne schlug Hans-Joachim Weirather, Landrat im Unterallgäu (Freie Wähler) und zugleich Präsident des Fischereiverbands Schwaben, an. Er habe eine „gute Idee“, um das Land Baden-Württemberg bei den Kosten für die Ökologisierungsumbauten zu entlasten, sagte er mit einem Augenzwinkern. So könnten doch künftig Genehmigungsverfahren für kleine Wasserkraftanlagen von der bayerischen Seite durchgeführt werden. Damit spielte Weirather als Kritiker des Kraftwerks bei Dietenheim darauf an, dass die Genehmigung des Projekts auf der bayerischen Seite der Iller mitunter skeptisch betrachtet wird: In Baden-Württemberg verfolge man politisch gesehen eine offensivere Strategie beim Ausbau regenerativer Energien, heißt es. Mit der Renaturierung gehe für ihn ein „jahrzehntelanger Wunsch“ in Erfüllung, so Weirather weiter.
Der Neu-Ulmer Landrat Thorsten Freudenberger wollte sich in Tannheim nicht zu dem Streit um die Kraftwerkspläne äußern. Das liege im Ermessen der zuständigen Behörden. Die entscheidende Frage laute, ob Wasserkraftanlagen ins Flussbett sollten. Das Programm sei ein „Zeichen dafür, dass die ökologische Nutzung Priorität hat“.
Wasserkraft und Renaturierung stehen sich bei Dietenheim nicht im Weg – dieses Fazit zog Peter Faigle, der im Regierungspräsidium in Tübingen für Gewässerbau zuständig ist: „An dieser Stelle widersprechen sie sich nicht.“ Es sei prinzipiell möglich, dort ein kleines Kraftwerk zu bauen. Das Wehr bei Dietenheim sei eines der jüngeren und soll deshalb nicht zu einer Rampe umgebaut werden. Vorgesehen seien eine Fischaufstiegstreppe und Arbeiten am Seitenarm der Iller.
Eine der ersten Maßnahmen im Zuge der „Agilen Iller“ ist der Umbau des Wehrs bei Altenstadt zu einer Rampe: Das soll die geforderte Durchgängigkeit des Flusses stark erhöhen – Steine und Fische können danach ungehindert passieren. Der Umbau soll vier Millionen Euro kosten.
Quelle: Illertisser Zeitung 06.11.2017
Länderübergreifendes Projekt: Millionen für eine agilere Iller
Die Iller zwischen Aitrach und Neu-Ulm soll wieder wilder und ursprünglicher werden. 70 Millionen Euro aus Baden-Württemberg und Bayern stehen bereit.
Auf etwa 60 Kilometern zwischen Aitrach (bei Memmingen) und Neu-Ulm ist die Iller Grenzfluss. Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) und ihr baden-württembergischer Kollege Franz Untersteller (Grüne) trafen sich am Freitagnachmittag bei Buxheim, um den Start eines ehrgeizigen, gemeinsamen Arbeitsprogramms zu feiern.
Baden-Württemberg und Bayern wollen die „verbindende Lebensader zwischen den Ländern“ ökologisch stärken. Sie vereinbarten dafür das Projekt „Agile Iller“. Insgesamt umfasst das Programm rund 60 Einzelmaßnahmen entlang der Iller von Aitrach bis Wiblingen. Projekte, die dem Gebirgsfluss, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebändigt, kanalisiert und verschmälert wurde, alte ökologische Stärken zurückgeben wollen.
Iller bekommt mehr Raum
Geplant sind beispielsweise die verstärkte Gewässer- und Auenentwicklung für den Natur- und Hochwasserschutz. Außerdem sollen bestehende Seitengewässer besser angebunden werden. Auch neue Seitenarme als Lebensraum für Fische und Vögel sind geplant. Durch Deichrückverlegungen soll die Iller wieder mehr Raum bekommen und, zum Beispiel durch zusätzliche Kiesbänke, stärker erlebbar werden.
„Wir können die Uhr nicht um 150 Jahre zurückdrehen. Aber wir können mit dem Programm ein Ausrufezeichen für unsere Iller setzen“, sagte Scharf. „Wir verpflichten uns mit dieser Vereinbarung, die Projekte in den nächsten Jahren konsequent umzusetzen“, kündigte Untersteller an.
Angelegt ist das Projekt „Agile Iller“ auf zehn Jahre. Die Kosten von etwa 70 Millionen Euro tragen Bayern und Baden-Württemberg jeweils zur Hälfte. Geleitet wird das Renaturierungsprogramm gemeinsam vom Wasserwirtschaftsamt Kempten und dem Regierungspräsidium Tübingen. Anwohner sollen in einer „offenen Planung“ intensiv eingebunden werden.
Quelle: Südwest Presse 06.11.2017
Urteil zum Iller-Kraftwerk sorgt beim Bauherren für Freude
Naturschützer hatten im Eilverfahren Beschwerde gegen das geplante Projekt der Münchner Firma Fontin eingelegt, das Mannheimer Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Wie es nun weitergeht. Von Jens Carsten
Die Botschaft aus Mannheim stimmt einen Unternehmer in München froh: Als einen „Sieg an allen Fronten“ bezeichnet Mathias Fontin, Inhaber der gleichnamigen Firma mit Sitz in der bayerischen Landeshauptstadt, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu dem umstrittenen Schachtkraftwerk bei Dietenheim. Wie berichtet, will das Unternehmen die Anlage dort in ein bestehendes Wehr einbauen. Gegen eine Genehmigung des Landratsamts des Alb-Donau-Kreises in Ulm hatten Bund Naturschutz und Fischereiverband (auf bayerischer Seite) im Eilverfahren Einspruch eingelegt. Ohne Erfolg: Die Beschwerden wurden zuerst im Verwaltungsgericht in Sigmaringen und kürzlich in zweiter Instanz im Verwaltungsgerichtshof in Mannheim zurückgewiesen.
Was bei den Klägern großes Unverständnis hervor rief: Von einer „Frechheit“ sprach Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutzes im Kreis Neu-Ulm. Denn er befürchtet durch den Kraftwerksbau weitreichende negative Folgen für die Umwelt. Seine Forderung: Die Querbauwerke müssten komplett aus der Iller ausgebaut werden – auch das für das Kraftwerk vorgesehene. Nur so lasse sich die Fließgeschwindigkeit erhöhen. Die Anlage werde die jetzige Situation hingegen zementieren – auch weil Fontin mehrere Anlagen bauen will. Das alles hätten die Richter nicht gewürdigt, so Kurus-Nägele. Jene hätten von dem Fluss offenbar „null Ahnung“.
Keinen Grund mit den Entscheidungen zu hadern sieht dagegen Bauherr Mathias Fontin: „Es gab nicht die Haaresbreite eines Zweifels an der Zulässigkeit der Anlage.“ Das habe sich schon in Sigmaringen angedeutet und sei nun in Mannheim bestätigt worden, zumindest im Eilverfahren. Denn in der Hauptverhandlung – hier geht es um die Klage gegen die Baugenehmigung an sich – gibt es noch keinen Gerichtsbeschluss. „Rechtlich gesehen könnten wir sofort bauen“, stellt Fontin fest. Allerdings gebe es die Vorgabe, nur im Herbst starten zu dürfen. Im Hintergrund stünden schützenswerte Tiere, es gehe um das Brutverhalten von Vogelarten. Anfang Oktober könnte der Bau des Kraftwerks beginnen. In diesem Jahr scheide dieser Termin allerdings aus – die Arbeiten müssten erst noch ausgeschrieben und vergeben werden. „Aber im nächsten Herbst ist der Baubeginn definitiv geplant“, sagt Fontin.
Der Kritik der Gegner hat er einiges entgegenzuhalten: So soll die Anlage eben nicht nur umweltfreundlich betrieben werden können, sondern die ökologische Situation noch verbessern. Wassertiere und Steine könnten das Werk passieren, wodurch die immer wieder geforderte Durchlässigkeit in der Iller erhöht werde. Das entlaste den Staat von der Aufgabe, teure Rampen als Umgehung zu bauen. Neben dem Schachtkraftwerk seien auch eine Fischtreppe und Laichplätze vorgesehen. Dem Mutterbett der Iller werde kein Wasser entnommen, betont Fontin. Und erklärt: „Das fließt durch die Anlage hindurch so wie es jetzt über das Wehr fließt.“ Eine neue Schwelle werde in der Iller nicht errichtet. Die Kläger seien wohl insgesamt gegen die bestehenden Querbauwerke, vermutet Fontin. „Aber die gibt es ja schon.“
Im Landratsamt habe man entschieden, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht notwendig sei. Denn das Kraftwerksprojekt habe anders als von den Kritikern dargestellt einen „zu vernachlässigenden Einfluss“ auf die Umwelt. Viel mehr versuchten die Gegner eine negative Auswirkung auf ein einige Kilometer entferntes Naturschutzgebiet zu konstruieren. Die gibt es laut Fontin nicht: „Das Wasser ist ja nicht weg.“
Gegen eine immer wieder angesprochene Renaturierung des Illerbereichs hat der Bauherr nach eigenem Bekunden nichts. Auch wenn es ein Zurück zur Natur im eigentliche Sinne seiner Auffassung nach nicht geben kann: Landwirtschaft, Hochwasserschutz und Gebäude gebe eben bereits. Eine „maßgebliche ökologische Verbesserung“ sei jedoch zu erreichen, glaubt Fontin. Auch dank des Schachtkraftwerks. Es gebe keinen Grund, warum regenerative Energien sich nicht mit Ökologie verbinden lassen sollten. Die Debatte sei daher politisch motiviert, glaubt Fontin. Der Wahlspruch „überall nur nicht hier“ sei ein schlechter Berater, wenn es um die Energiewende geht: „Das funktioniert nicht.“ Neben dem bei Dietenheim sind weitere Schachtkraftwerke vorgesehen. Man wolle bald an die Planung gehen.
Demnächst werden die Unterlagen zu dem Rechtsstreit vom Verwaltungsgerichtshof in Mannheim zurück ans Verwaltungsgericht gehen. Auch wenn die bisherigen Entscheidungen nach Einschätzung Fontins auf einen Ausgang Verfahrens in seinem Sinne hindeuten – ein abschließendes Urteil gibt es noch nicht. „Wir werden sehen, was passiert“, sagt Fontin.
Quelle: Illertisser Zeitung 07.10.2017
Illerkraftwerk: Beschwerde erneut abgelehnt
Auch in zweiter Instanz sind die Naturschützer mit ihrem Einspruch gegen das Bauprojekt der Münchner Firma Fontin gescheitert. Trotzdem geben sie die Hoffnung nicht auf. Von Jens Carsten
Abgelehnt – diese Nachricht haben die Kläger gegen den Bau eines Wasserkraftwerks an der Iller bei Dietenheim nun aus Mannheim erhalten. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat ihre Beschwerde gegen die durch das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises in Ulm erteilte Baugenehmigung (im Eilverfahren) zurückgewiesen. Es seien von dem Projekt keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten, eine von den Gegnern geforderte sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung sei daher nicht notwendig. So gibt Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutzes im Kreis Neu-Ulm, die Aussage der Richter wider. Und die treibt ihm die Zornesröte ins Gesicht: „Das ist eine Frechheit. Die haben von dem Fluss offenbar null Ahnung.“
Nur so sei die Gerichtsentscheidung zu erklären, die Kurus-Nägele als „absolut enttäuschend“ bezeichnet. So habe man das Bauprojekt bei Dietenheim im Verwaltungsgerichtshof als einzelne Maßnahme betrachtet – und dabei ignoriert, dass das Unternehmen mehrere Kraftwerke plane. Was aus Sicht der Gegner durchaus negative Auswirkungen auf das ökologische System haben wird. Die Argumente der Kläger, dazu gehören der Bund Naturschutz Bayern und der bayerische Fischereiverband, seien in Mannheim gar nicht beachtet worden, sagt Kurus-Nägele. Aufgeben wolle man allerdings nicht. Und sich stattdessen Gedanken über das weitere Vorgehen machen.
Auch wenn im Hauptverfahren in Sachen Baugenehmigung eine gerichtliche Entscheidung noch aussteht. In diese setzen die Gegner des Bauprojekts allerdings keine große Hoffnung, betont Kurus-Nägele. Denn das Verfahren laufe (zunächst) am Verwaltungsgericht in Sigmaringen, wo die Beschwerde im Eilverfahren in erster Instanz abgelehnt worden war. Stattdessen werde man versuchen, eine andere juristische Ebene mit dem Rechtsstreit zu betrauen, möglicherweise den Europäischen Gerichtshof. Kurus-Nägele: „Wir hoffen, dass wir dadurch einen Richter erwischen, der über die nötige Sensibilität verfügt und der in diesen Dingen den Durchblick hat.“
Wie berichtet, plant die Münchner Firma Fontin, ein sogenanntes Schachtkraftwerk in ein Wehr bei Dietenheim einzubauen. Diese Anlage soll nicht nur umweltfreundlich betrieben werden können, sondern die ökologische Situation vor Ort sogar aufwerten, sagt Bauherr Mathias Fontin. Wassertiere und Steine könnten das Werk passieren, wodurch die immer wieder geforderte Durchlässigkeit erhöht werde. Das entlaste den Staat von der Aufgabe, dafür zu sorgen – etwa durch den Bau von teuren Rampen, sagt Firmenchef Fontin. Neben dem Kraftwerk seien auch eine Fischtreppe und Laichplätze vorgesehen. Dem Mutterbett der Iller werde kein Wasser entnommen, so Fontin. Im Zuge der Bauerlaubnis sei das alles genau geprüft worden.
Dennoch gibt es Widerstand: Die Durchlässigkeit der Iller werde durch das Schachtkraftwerk nur geringfügig erhöht, argumentieren die Mitglieder des Bund Naturschutzes. Aus ihrer Sicht müssen Querbauwerke wie das Wehr bei Dietenheim komplett ausgebaut oder aber durch Sohlrampen umgangen werden. Das Werk stehe einer dringend benötigten Sanierung des Flusses im Wege. Ähnlich sehen das die Fischer: Das Wasser der Iller werde durch zahlreiche Kanäle bereits intensiv zur Produktion von Energie genutzt. Ihre Forderung: Der eigentlich Fluss (das „Mutterbett“) muss davon frei bleiben. Zudem sei Fontins Anlage zu klein, um die Energiewende voranzutreiben.
Mit der in Mannheim abgewiesenen Beschwerde ist das Eilverfahren nun beendet: Wie Kurus-Nägele sagt, ist es nicht möglich, dagegen Rechtsmittel einzulegen. Doch die Verhandlung im Hauptverfahren steht noch aus. Ein Termin sei noch nicht angesetzt. Bis auf Weiteres bleibt es also dabei: Die Firma Fontin dürfte mit dem Bau loslegen. Ob und wann der Start erfolgt, ist noch unklar. In München will man zunächst die Begründungen des Gerichts auswerten, hieß es.
Quelle: Illertisser Zeitung 22.09.2017
Wie die Fischer um eine naturnahe Iller kämpfen
Bayerische Verbände wollen den Bau des genehmigten Wasserkraftwerks bei Dietenheim verhindern. Worauf sie hoffen. Von Jens Carsten
Größtenteils schnurgerade verläuft die Iller im Bereich zwischen Aitrach (südlich von Memmingen) und Vöhringen – und erinnert dabei mehr an einen Kanal denn an einen reißenden Wildbach. „Ein Gewässerparadies wurde vollständig zerstört“, sagt Hans-Joachim Weirather, Landrat im Unterallgäu und zugleich Präsident des Bezirksfischereiverbands Schwaben. Das sei Ende des 19. Jahrhunderts geschehen, mit dem Ziel, die Flächen entlang der Ufer urbar zu machen. Und zum Schutz vor Hochwasser: Je tiefer der Fluss in seinem Bett liegt, desto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Überschwemmungen kommt. Aus heutiger Perspektive war der Umbau ein großer Fehler, sagt Weirather. Denn als Lebensraum für Tiere sei die Iller in diesem Abschnitt kaum noch zu gebrauchen.
Aus Sicht des Fischereiverbandspräsidenten muss zurückgerudert werden: Durch eine Renaturierung des Flusses, wie sie in anderen Bereichen bereits stattgefunden hat. Etwa bei Vöhringen, wo sich die Iller über Kiesbänke schlängelt. Dem Unterfangen stehen aus Sicht von Weirather jedoch die Pläne der Münchner Firma Fontin entgegen: Sie will bei Dietenheim ein Wasserkraftwerk in ein bestehendes Wehr einbauen. Wie Unternehmenschef Mathias Fontin sagt, soll die Anlage, ein sogenanntes Schachtkraftwerk, besonders umweltfreundlich arbeiten und die ökologische Situation vor Ort verbessern. Wassertiere und mitgespülte Steine könnten das Werk passieren, heißt es. Zudem seien eine Fischtreppe und Laichplätze vorgesehen.
Den Funktionären der Fischereiverbände auf bayerischer Seite ist das Projekt, für das bereits eine Baugenehmigung erteilt worden ist, dennoch ein Dorn im Auge. Im Zuge eines naturnahen Rückbaus der Iller müssten die zahlreichen Querbauwerke (Wehre) entfernt oder durch Sohlrampen umgangen werden. Ansonsten lasse sich die Fließgeschwindigkeit nicht so stark erhöhen, dass sich Fische und andere Tiere in dem Fluss wieder wohl fühlten. „Die Iller steht ja mehr, als dass sie fließt“, sagt Ulrich Krafczyk, der Geschäftsführer des Fischereiverbands Schwaben. Viele Fischarten bräuchten eine Strömung und Kiesflächen, um sich fortzupflanzen. „Das haben sie dort gar nicht mehr.“ Weshalb die Bestände zurückgegangen seien. Bachforelle, Nase und Äsche könnten auf Dauer nicht überleben. Dass sich der Fluss nicht völlig in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen lasse, sei klar, sagt Krafczyk. „Aber ein bisschen etwas machen kann man schon.“
Vorausgesetzt das Fontin-Kraftwerk werde nicht gebaut: Denn dann sei die jetzige Situation durch die Laufzeit der Anlage (vorgesehen sind 40 Jahre) „zementiert“.
Die Fischer seien keineswegs grundsätzlich gegen Wasserkraft, sagen Weirather und Krafczyk. Wohl aber gegen die Gewinnung von Energie im sogenannten „Mutterbett“ der Iller. Darunter verstehen sie den Flusslauf abseits der zahlreichen Kanäle. Gewerblich genutzt werde das Gewässer ja bereits durch die zahlreichen Ausleitungen. 90 Prozent des Wassers der Iller werde zur Gewinnung von Energie verwendet, heißt es. Die Fischer erinnern an den Kampf für das Iller-Mutterbett in den 1990er Jahren. Das Fazit: An den Ausleitungsstellen (zu den Kanälen) müsse darauf geachtet werden, eine bestimmte Menge Wasser im Hauptstrom zu lassen, zwischen drei und fünf Kubikmeter seien das pro Sekunde.
Der Argumentation von Projektleiter Fontin – man entnehme der Iller im Zuge des Projekts bei Dietenheim kein Wasser, sondern nutze die jetzige Situation – stehen die Gegner kritisch gegenüber. Es gehe nicht um eine weitere Ausleitung, sagen sie. Sondern viel mehr darum, das Mutterbett von solchen Vorhaben völlig zu verschonen. Denn dem Bett werde ja ohnehin nur etwas Wasser belassen, gewissermaßen eine Art „ökologische Wiedergutmachung“ für die gewerblichen Bauten, sagt Krafczyk. Und fordert: „Die Energiegewinnung muss in den Kanälen bleiben.“ Fontins Pläne deckten sich nicht mit der Vorstellung der Fischer von der Iller als Lebenswelt, sagt Weirather. „Wir sehen ein fließendes Gewässer und kein stehendes.“ Und: „Es ist ein schlechter Weg, das letzte bisschen Wasser auch noch zu nutzen.“ Es gehe nicht nur um Fische, sondern auch um Insektenarten, deren abnehmende Bestände zuletzt immer wieder thematisiert worden seien.
Das Schachtkraftwerksprojekt bei Dietenheim stehe der Renaturierung nicht nur im Wege, so die Fischer. Sie halten es mit Blick auf die erzeugte Energiemenge schlichtweg für überflüssig. Große Wasserkraftwerke lieferten die meiste Menge Strom, sagt Weirather und verweist auf Zahlen des bayerischen Landesamts für Umwelt aus dem Jahr 2015. Daraus gehe hervor, dass kleinere Anlagen (mit einer Leistung von bis zu einem Megawatt) zwar den Löwenanteil aller rund 4200 Werke in Bayern ausmachten (95 Prozent) – im Gegenzug allerdings nur neun Prozent der insgesamt durch Wasserkraft erzeugten Strommenge lieferten. Die Fischer werten das bei Dietenheim geplante Werk als kleinere Anlage, sie gehen von einer Leistung von 360 Kilowatt aus und von einer daraus erzeugten Energiemenge von 1,6 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Große Kraftwerke verfügten dagegen über Leistungen von einem bis über zehn Megawatt (also 1000 bis über 10000 Kilowatt). Damit deckten diese den Markt nahezu vollständig ab, sagt Weirather. Und folgert: „Anlagen wie die der Firma Fontin bringen nichts, sie richten nur Schaden an.“
Die Baugenehmigung durch das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises mit Sitz in Ulm bezeichnet Weirather als „befremdlich“. Energetischer Nutzen einerseits und der mit dem Kraftwerk verbundene Eingriff in die Natur auf der anderen Seite stünden in keinem Verhältnis. Gezielt habe sich das Unternehmen wohl Dietenheim als Standort ausgesucht – und damit eine Exklave der Iller auf baden-württembergischer Seite, vermutet Krafczyk. Der Hintergrund: Immer wieder war von bayerischen Naturschützern zu hören, im Nachbarland werde politisch gesehen eine offensivere Strategie beim Ausbau regenerativer Energien verfolgt.
In Bayern gibt es Skepsis: Der Landesfischereiverband hatte sich Anfang dieses Jahres der Klage des Bund Naturschutzes Bayern gegen das Bauprojekt angeschlossen. „Wir fordern Herrn Fontin auf, von seinen Kraftwerksplänen in dem Gebiet Abstand zu nehmen“, sagt Weirather. Einsprüche gegen die Baugenehmigung (im Eilverfahren) hatte das Verwaltungsgericht in Sigmaringen zuletzt zurückgewiesen. Nach einer Beschwerde der Kläger dagegen liegt das Verfahren nun beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Ausgang: ungewiss.
Demnächst könnte der Rechtsstreit um das Schachtkraftwerk weitere Brisanz erhalten: Wie aus informierten Kreisen zu hören ist, gibt es offenbar konkrete Pläne, die Renaturierung des betreffenden Illerbereichs in die Wege zu leiten. Die Absprachen zwischen den Ländern Bayern und Baden-Württemberg seien in der Sache weit vorangeschritten, auch wenn es um die Bereitstellung der Gelder geht.
Das will man beim bayerischen Umweltministerium auf Anfrage nicht bestätigen. Vorgesehen seien weitere Renaturierungsmaßnahmen allerdings sehr wohl: Bayern und Baden-Württemberg wollen die Iller gemeinsam aufwerten, heißt es. Vorgesehen sei der Bereich zwischen dem Beginn der gemeinsamen Grenze der Bundesländer (bei Flusskilometer 56,725) und der Mündung in die Donau. Die Grundlage bilde ein neues Gewässerentwicklungskonzept. Im Zuge der Maßnahmen sollen die Durchlässigkeit verbessert und das Gewässer für Besucher erlebbar gemacht werden. Das Musterbeispiel: Vöhringen. Dort wurde der Fluss von 40 auf 60 Meter verbreitert und Kiesbänke angelegt. Die Renaturierung gilt im Ministerium offenbar als wichtig: „Die naturnahe Gestaltung der Iller ist ein Garant für hohe Lebensqualität in der Region“, lässt man wissen.
Das länderübergreifende Vorhaben könnte den ausstehenden Gerichtsbeschluss zu dem Kraftwerk im Sinne der Kläger beeinflussen, hoffen die Gegner. Der Disput um das Werk erhalte so einen neuen Aspekt, heißt es. In den scheint mancher Kritiker große Hoffnung zu setzen.
Quelle: Illertisser Zeitung 07.09.2017
Kraftwerkspläne: Kläger geben Kontra
Mit der bei Dietenheim vorgesehenen Anlage der Firma Fontin sind Naturschützer weiter nicht einverstanden. Man spricht von einem „Todesstoß“ für wichtige Sanierung des Flusses.
Von Jens Carsten
Ein Wasserkraftwerk, das nicht nur umweltschonend arbeitet, sondern die ökologische Situation an der Iller sogar noch verbessert – unter anderem, weil Steine und Fische die Anlage passieren können. So bewertet Bauherr Mathias Fontin sein Vorhaben bei Dietenheim. Dort will er ein sogenanntes Schachtkraftwerk in ein bestehendes Wehr einbauen. Die von ihm beschriebenen Vorteile werden an anderer Stelle jedoch bezweifelt: Bund Naturschutz und Fischereiverband (auf bayerischer Seite) sind erklärte Gegner des Projekts, sie haben gegen die Baugenehmigung geklagt. Daran werde sich auch nichts ändern, bekräftigt Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutz im Landkreis Neu-Ulm, gegenüber unserer Zeitung. Die Behauptung, der Iller werde durch das Schachtkraftwerk kein Schaden zugefügt, hält er für falsch: „Das ist Augenwischerei.“
Denn die einzig wirksame Methode, den „gepeinigten Fluss“ zu retten, sieht aus Sicht der Naturschutzverbände so aus: Sämtliche Querbauwerke (wie Wehre) müssten verschwinden – oder umgangen werden. Sollte Fontins Wasserkraftanlage aber wie geplant entstehen, würde die jetzige Situation auf Jahre „zementiert“, befürchtet Kurus-Nägele. Dies komme einem „Todesstoß“ für die dringend nötige Sanierung der Iller gleich. Deshalb wolle man vor Gericht weiter gegen das Vorhaben kämpfen.
Das Schachtkraftwerk bei Dietenheim soll die erste von mehreren Anlagen sein. Die komplett unter Wasser befindliche Einrichtung könne mit einer Leistung von 4000 Kilowattstunden 1200 Personen oder 400 Haushalte versorgen, heißt es. Steine könnten durch das Werk hindurch gelangen, ebenso Fische, die durch einen engmaschigen Rechen weitgehend (je nach Größe) vor der Turbine geschützt seien. Weil das die Durchgängigkeit des Flusses erhöhe, werde die Situation aus ökologischer Sicht verbessert. Das sei in der Europäischen Wasserrahmenrichtline so gefordert, sagt Unternehmenschef Fontin. Sein Projekt entlaste den Staat, der Steuergelder an anderer Stelle einsetzen könne. Ansonsten müssten teure Bauwerke errichtet werden.
Der Durchlass ist wichtig – da stimmt Kurus-Nägele zu. Denn: Werden am Boden der Iller mitgespülte Steine aufgehalten (etwa durch Wehre), fehlt Material – und der Fluss gräbt sich immer tiefer ein. Eine Folge: Die Gewässer an Land, in der Nähe des Ufers, trocknen aus. Dort leben seltene Tierarten. In dem Areal zwischen Illerzell und Senden – laut Kurus-Nägele das wertvollste Schutzgebiet in den Illerauen – seien dies etwa Kammmolch und Gelbbauchunke. Dort laufe die Illersanierung bereits, die Sohle des Flusses werde stabilisiert. Blieben die Blockaden oberhalb dieses Bereichs (zwischen Illertissen und Altenstadt) allerdings bestehen, würden die Bemühungen zunichtegemacht. Kurus-Nägele: „Dann haben wir in 20 Jahren wieder die gleiche Situation.“
Aus Sicht des Bund-Naturschutz-Kreischefs bietet Fontins Schachtkraftwerk viel zu wenig Durchlässigkeit. Wirksam seien nur zwei Maßnahmen: Entweder die Wehre würden abgebaut. Oder umgangen, etwa durch Sohlrampen, über die Steine und Flusslebenwesen ungehindert gelangen könnten. Das Argument, jene seien teuer, will Kurus-Nägele nicht gelten lassen. Die Ausgaben seien niedriger als die Kosten für den Ausbau eines Kilometers Autobahn. „Das ist eine Frage der Wertigkeit.“
Im Vergleich zu anderen Wasserkraftwerken sei die Schachtkraftwerkstechnik zwar positiv zu bewerten. Aber eben nur wenn eine alte Anlage durch eine neue ersetzt werde. Ein Werk zu bauen wo es bislang keines gibt, hält Kurus-Nägele für eine „eindeutige Verschlechterung“. Zudem sei die dort erzeugte Strommenge gering, um die Energiewende voranzutreiben. „Mit so kleinen Geschichten brauchen wir gar nicht anfangen.“
In Baden-Württemberg werde die Politik verfolgt, regenerative Energien rigoros voranzutreiben – notfalls zu Lasten des Umweltschutzes, sagt der Kurus-Nägele. Deshalb habe das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises das Bauvorhaben bei Dietenheim wohl auch genehmigt. Mit Verwunderung habe man die Zurückweisung der Klage (im Eilverfahren) des Verwaltungsgerichts Sigmaringen aufgenommen. Sämtliche Argumente der Naturschützer gegen das Projekt seien abgewiesen worden. Aufgeben werde man dennoch nicht: Der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim seien Studien von Fachbehörden beigefügt worden. „Da haben wir nachgelegt“, sagt Kurus-Nägele. Die Kläger wollen notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Nur ohne das Kraftwerk werde die Renaturierung der Iller (zwischen Altenstadt und Illertissen) umzusetzen sein. Die dafür notwendigen Grundstücke seien vorhanden, der Markt Altenstadt habe Bereitschaft signalisiert, sagt Kurus-Nägele. „Da könnte man etwas tolles machen.“
Quelle: Illertisser Zeitung 23.08.2017
„Wir sind keine Wasserkraft-Rambos“
Firmenchef Mathias Fontin kann die anhaltende Kritik an seinen Plänen zum Bau einer besonderen Anlage in ein Wehr bei Dietenheim nicht nachvollziehen. Von Jens Carsten
Ein wilder Fluss, der sich frei durch die Landschaft schlängelt: So sollte die Iller in der Region in der Vorstellung von einigen Naturschützern wohl aussehen – zumindest wenn es nach Mathias Fontin, dem Geschäftsführer und Inhaber des gleichnamigen Münchner Unternehmens geht. Es hat sich auf versorgende Infrastrukturen wie Energie und Verkehr spezialisiert und will bei Dietenheim ein Wasserkraftwerk errichten. Das Vorhaben stößt auf Kritik aus Reihen von Bund Naturschutz und Landesfischereiverband Bayern, beide haben gegen die Baugenehmigung geklagt. Dafür hat Fontin zwar Verständnis: „Wir leben in einem Rechtsstaat.“ Über Art und Weise einiger Vorwürfe gegenüber seines Projekts zeigt er sich jedoch irritiert.
Hier werde das „beliebte Feindbild“ vom Investor aufgebaut, der auf Kosten der Umwelt Geld scheffeln wolle. Das allerdings sei nicht richtig, sagt Fontin im Gespräch mit unserer Zeitung: „Klar stellen wir Geld für das Projekt zur Verfügung, aber wir sind keine Wasserkraft-Rambos.“ Vielmehr habe das Unternehmen seinen Ursprung in der universitären Forschung und sei über zwei Jahrzehnte mühsam aufgebaut worden. „Wir sind ein ganz normaler Mittelständler“, so der Inhaber. Und fügt hinzu: „Wir wissen, was geht und was nicht geht.“ Man sei nicht „ohne Sinn und Verstand“ auf die nun anvisierten Standorte gekommen, die sich in Illertissen, Dietenheim, Balzheim, Altenstadt, Kellmünz, Heimertingen und Tannheim befinden.
Der Kritik gegen das erste Werk, das in ein bestehendes Wehr bei Dietenheim eingebaut werden soll, hält der promovierte Wirtschaftswissenschaftler entgegen: Dort werde nicht nur eine umweltschonende Technik eingesetzt – viel mehr werde das Areal durch das geplante Schachtkraftwerk ökologisch aufgewertet. Das sei im Genehmigungsprozess ohnehin gefordert, sagt Fontin. Viele der 160 vom Unternehmen geprüften möglichen Standorte seien durch diese Vorgabe weggefallen. Nicht so der in Dietenheim. Dort habe der Mensch an der Iller bereits stark eingegriffen, sagt Fontin. Der Fluss verfüge über ein befestigtes Bett und allein im fraglichen Bereich befänden sich 24 Querbauwerke, welche die Fließgeschwindigkeit verlangsamten. Eine Folge des Versuchs, zu verhindern, dass die Iller durch ihre eigene Bewegung immer tiefer wird. Denn das könnte sich auf den Grundwasserstand auswirken, heißt es.
Der Fluss sei in diesem Bereich als „heavily modified waterbody“, als erheblich verändertes Gewässer, klassifiziert, sagt Fontin. Das Schachtkraftwerk werde die Situation verbessern: Es ermögliche, dass Fische, Kleinstlebewesen und auch Geschiebe – Steine, die sich auf dem Grund des Flusses bewegen – das Wehr durch die neue Anlage passieren können, die genannten Tiere sogar in beide Richtungen. Somit werde die Durchgängigkeit erhöht, was in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gefordert werde und vom Staat umzusetzen sei. Doch dafür seien teure Bauwerke nötig, etwa Rampen. Das Schachtkraftwerk entlaste den Staat somit und spare Steuergelder, sagt Fontin. Diese könnten dann an anderer Stelle eingesetzt werden.
Wasserkraftwerk: Fontin führt weitere Argumente für sein Projekt an
Gerade kleinere Wasserkraftwerke trügen zum Gelingen der Energiewende bei. Anders als Solaranlagen oder Windräder: „Wasser fließt immer.“ Das bei Dietenheim vorgesehene Kraftwerk könne mit einer Leistung von 4000 Kilowattstunden 1200 Personen oder 400 Haushalte versorgen. Es sei auch völlig unsichtbar, denn Turbine und Generator befänden sich unter Wasser.
Über einen feinen Rechen (die Stäbe liegen 15 Millimeter auseinander) könnten Steine über das Werk hinweg gelangen – genauso wie Fische. Große Tiere könnten den feinen Rechen nicht passieren und nicht in die Turbine gelangen, um dort verletzt oder getötet zu werden. Kleine würde in der rotierenden Apparatur nur selten verletzt, so Fontin. Es sei erwiesen, dass das Kraftwerk das Lebensrisiko eines Fisches statistisch gesehen nur minimal erhöht. Grundsätzlich schwämmen die im Wesentlichen zur Laichzeit und bei Hochwasser wandernden Tiere kaum in die Anlage, die sie als natürliche Barriere empfänden. Neben dem Werk ist eine Fischtreppe vorgesehen, über welche die Tiere das Wehr völlig sicher umgehen könnten. Zudem soll ein „Ersatzlebensraum“ mit Laichflächen entstehen.
Gefahr für die Tiere? – Fotos entsprächen nicht der Realität
In Umlauf gebrachte Fotos von zerhäckselten Flusstieren hätten mit der Realität nichts zu tun, sagt der Unternehmenschef, der eine „Entsachlichung“ der Debatte bemängelt. „Das stößt uns auf.“ Den von Kritikern viel zitierten „blutroten Strom“ in der Iller werde es nicht geben. Fontin: „Das wäre gar nicht genehmigungsfähig.“
Die Funktionsweise des Schachtkraftwerks sei in Tests erprobt und belegt worden. Für das Konzept habe Professor Peter Rutschmann die bayerische Umweltmedaille erhalten. Deshalb kann Fontin den anhaltenden Widerstand gegen sein bereits genehmigtes Wasserkraftwerks-Projekt nicht nachvollziehen. Wer sich mit Argumenten und Fakten beschäftige, könne gar nicht anders, als das Vorhaben positiv zu bewerten, glaubt er. Und geht verbal in die Offensive: Zu einer Präsentation in der Versuchsanstalt Obernach am Walchensee des Lehrstuhls für Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität München sei von Seite der Kritiker damals niemand erschienen – obwohl die zum Teil persönlich eingeladen gewesen seien. An einer fundierten Debatte seien jene wohl nicht interessiert, sagt Fontin und verweist auch darauf, dass das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Einsprüche der Projektsgegner gegen die Baugenehmigung (im Eilverfahren) kürzlich zurückgewiesen hat (wir berichteten). Die beiden Beschlüsse umfassen jeweils fast 40 Seiten und seien damit „massiv gut begründet“. Man habe keinem einzigen Einwand Recht gegeben.
Die Genehmigung liegt seit Dezember vor, Fontin dürfte bauen – ungeachtet des schwelenden Rechtsstreits. Der ist inzwischen im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gelandet. Die Kläger hätten ihre Beschwerden dort begründet. Wann eine Entscheidung fällt, ist unklar. Fontin rechnet im Herbst damit. Für ihn steht fest: „Wir wollen so schnell starten, wie möglich.“ Sollte der Gerichtsentscheid zugunsten Fontins ausfallen, müssten im nächsten Schritt Ausschreibungen und genaue Baupläne erstellt werden. Das Kraftwerk bei Dietenheim soll ein „Pilotprojekt“ sein, sagt der Unternehmenschef. Dieses versöhne Ökologie und Energiegewinnung. „Wir wollen zeigen, dass das funktioniert.“
Die Iller als ursprünglicher Fluss – das bleibt in dem fraglichen Bereich allerdings ein Traum, sagt Fontin. Das sei „ein romantischer Gedanke“, der sich nicht umsetzen lasse. Das Kraftwerk werde sich in die jetzige Situation einfügen und diese ökologisch gesehen verbessern. „Das sollte doch unser aller Ziel sein.“
Quelle: Illertisser Zeitung 19.08.2017
Klage abgewiesen: Darf das Kraftwerk gebaut werden?
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat den Einspruch der Umweltschützer gegen die Bauerlaubnis abgelehnt. Das Hauptverfahren ist davon unberührt. Wie es nun weitergeht. Von Jens Carsten
Bei den Klagen gegen den geplanten Einbau eines Wasserkraftwerks in ein Wehr in Iller bei Dietenheim haben die Naturschützer eine Schlappe hinnehmen müssen. Zumindest in einer Hinsicht: Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat den Einspruch gegen die Genehmigung (des sofortigen Baus) im Eilverfahren durch das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises in Ulm kürzlich abgewiesen. Die Argumentation der Beschwerdeführer sei nicht schlüssig, hieß es in der Begründung, wie Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutzes im Landkreis Neu-Ulm erklärt. Das Gericht habe die positive Einschätzung der Mitarbeiter des Landratsamts zu dem Vorhaben bestätigt. „Wir müssen das so hinnehmen“, sagt Kurus-Nägele, der die Entscheidung als „linientreu“ bezeichnet. Aufgeben sei für die Naturschützer allerdings keine Option: Sie haben Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt.
Nun wird die sofortige Baugenehmigung für das Werk wohl eine höhere Gerichtsinstanz beschäftigen: den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Man werde für die Iller kämpfen, sagt Kurus-Nägele. Zu wichtig sei das Anliegen, den Fluss in dem fraglichen Gebiet zu sanieren – was durch die Kraftwerkspläne gefährdet werde. Die Kläger nähmen deshalb in Kauf, dass der Rechtsstreit durch die Instanzen geht – und viel Zeit und Geld kostet: „Irgendwann werden wir jemanden erreichen, der die geltenden Gesetze achtet“, sagt Kurus-Nägele.
Unberührt von der (nun abgewiesenen) Klage gegen den sofortigen Baubeginn sei das Hauptverfahren um das Projekt der Münchner Firma Fontin, die mehrere kleinere Werke bauen will, das erste bei Dietenheim. Auch dagegen haben Bund Naturschutz und Fischereiverbände geklagt. Eine Entscheidung in dieser Sache ist noch nicht gefallen. Auch einen Gerichtstermin gebe es noch nicht, so Kurus-Nägele.
Aus Sicht der Umweltschützer lohnt sich ihr Einsatz vor den Gerichten: Sollte das Kraftwerk bei Dietenheim gebaut werden, sei die dringend nötige Illerrenaturierung in dem Bereich in Gefahr. Der Hintergrund: Um eine naturnahe Situation zu erreichen, müsse sich Material auf dem Grund des Flusses frei bewegen können (Geschiebe-Transport). Das Wehr ist dabei im Weg: Mitgespülte Steine im Flussbett, ein wichtiger Lebensraum für Fische und viele andere Tiere, würden durch das Bauwerk aufgehalten, so die Beschwerdeführer. Sie berufen sich in zweierlei Hinsicht auf europäisches Recht: So sei erstens in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ein Verschlechterungsverbot und ein Verbesserungsgebot festgelegt, was für die Iller und ihre Auen gelte. Und zweitens seien die Unteren Illerauen (vom Norden Vöhringens bis Ulm) als „Fauna-Flora-Habitat“ registriert. Das verbiete, dass sich der Zustand einer Landschaft verschlechtert. Genau das passiere allerdings, sagt Kurus-Nägele, der das Öko-System rund um den Fluss sei bedroht sieht. Die Iller vertiefe sich zusehends, wodurch Tümpel austrockneten: Seltene Tierarten wie Molche und Unken verlören ihre Lebensräume. Das soll durch die Illerrenaturierung gestoppt werden. Das Problem: Wird das Werk in das Wehr eingebaut, sei die jetzige Situation wohl auf Jahrzehnte zementiert. Kurus-Nägele: „Wenn das Kraftwerk dahin kommt, können für die Sanierung der Iller vergessen.“
Wie es weiter geht, ist unklar: Aus Sicht von Kurus-Nägele darf Fontin auch nach der Abweisung der Klage gegen den Sofortvollzug zunächst nicht bauen – wegen des Widerspruchs sei das Verfahren weiter in der Schwebe. Geht es nach dem Umweltschützer, ist in der Sache ein langer Weg durch die rechtlichen Instanzen denkbar, vielleicht sogar bis auf die europäische Ebene. Zunächst gelte es abzuwarten, was die hiesigen Gerichte machten: „Das wird sehr interessant“, so Kurus-Nägele.
Bei der Müncher Firma Fontin bedauerte man den Widerspruch gestern: Die Ablehnung der Klage gegen den Baubeginn sei vom Gericht „umfassend und sehr gut begründet“, sagte Geschäftsführer Mathias Fontin. Den Einwänden der Kläger sei in wesentlichen Punkten widersprochen worden, etwa dass sich der Zustand der Iller durch das Kraftwerk verschlechtern werde. Viel mehr bringe das Projekt umfassende ökologische Vorteile mit sich, so Fontin. Es werde nicht nur Energie aus Wasserkraft gewonnen – auch Fische und Steine könnten das Wehr nach dem Umbau passieren. Einer Revitalisierung der Iller stehe das Werk nicht entgegen. Näher wollte sich Fontin nicht äußern: Der jetzige Gerichtsentschluss sei lediglich „ein kleiner Schritt“, im Hauptverfahren stehe eine Entscheidung noch aus.
Quelle: Illertisser Zeitung 14.06.2017
Kraftwerke an der Iller: CSU hofft auf Hilfe der Umweltministerin
Der Kreisverband bekräftigt seine ablehnende Haltung gegen das Bauvorhaben. Nun wollen die Gegner in München die Strippen ziehen. Wie es in der Sache weitergeht.
Von Jens Carsten
Der politische Widerstand gegen den geplanten Bau von Wasserkraftwerken an der Iller wächst: Der CSU-Kreisverband hat sich erneut gegen das Vorhaben der Münchner Firma Fontin ausgesprochen. Dies teilte der stellvertretende Kreisvorsitzende Herbert Pressl mit. Im Jahr 2009 hatte der Verband seine ablehnende Haltung schon einmal kundgetan, bei einer Kreiskonferenz wurde diese nun einstimmig bestätigt: Auch die vom Bauherren inzwischen überarbeitete Konstruktionsweise der Anlage halte man weder für umweltverträglich noch für wirtschaftlich, betonte Pressl im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Kreisverband wolle sich dafür einsetzen, dass der Freistaat seine für den Kraftwerksbau benötigen Flächen an der Iller nicht zur Verfügung stellt. Die CSU hoffe auf eine entsprechende Zusage. Man werde Kontakt mit dem bayerischen Umweltministerium aufnehmen, um Ministerin Ulrike Scharf für einen Ortstermin an der Iller zu gewinnen.
Der Streit um den Bau der wasserkraftwerke schwelt seit Längerem: Wie berichtet, will das Unternehmen Fontin an der Iller zwischen Memmingen und Illertissen insgesamt acht Anlagen einrichten, die erste davon bei Dietenheim. Dagegen gibt es Bedenken: Umweltschützer erwarten negative Folgen für die Iller als Öko-System und auch die ansässigen Fischereivereine sind skeptisch. Mehrere Beobachter bezweifeln zudem, dass sich das teure Kraftwerk bei Dietenheim wirtschaftlich rentiert. Das Bauvorhaben war vom Landratsamt des Alb-Donau-Kreises genehmigt worden, Naturschützer und Fischer reichten dagegen vor einigen Wochen Klagen beim dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen ein. Ihrer Auffassung nach verstoßen der Bau (und damit die Erlaubnis) gegen europäische Richtlinien zum Umwelt- und Artenschutz. Ausführliche Begründungen der Klagen seien inzwischen bei Gericht vorgelegt worden, sagte Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutzes im Landkreis Neu-Ulm auf Anfrage. „Seitdem haben wir noch nichts gehört.“ Ein halbes Jahr könne die juristische Entscheidungsfindung möglicherweise dauern, so Kurus-Nägele, vielleicht auch bis in den Herbst hinein.
Der Investor geht dagegen davon aus, dass die Genehmigung für das Projekt bei Dietenheim gültig ist: Das Verfahren sei „sorgfältig und rechtmäßig“ erfolgt, hieß es kürzlich in einer Stellungnahme zu den Klagen. Das Landratsamt habe die fachlichen Belange intensiv geprüft und abgewogen. Man betonte die „umfassenden ökologischen Vorteile“ des geplanten Schachtkraftwerks. Dieses werde in eine bestehende Wehrschwelle eingebaut, Fische könnten die aktuell vorhandene Barriere dann besser passieren, hieß es. Und weiter: Das Kraftwerk stehe den Umbauten zur Revitalisierung der Iller nicht entgegen.
Zu einer gänzlich anderen Einschätzung kommt der CSU-Kreisverband: Die angepriesene Verbesserung finde nicht statt, glauben die Politiker. Denn die angedachte Aufstiegshilfe für Fische erfülle lediglich wasserrechtliche Vorschriften, eine wirksame Umgehungsgerinne für die Tiere sei dagegen nicht vorgesehen. Die Wasserführung um die geplanten Kraftwerke sei für Fische und Amphibien schädlich. Ökologisch verbessern ließen sich die Areale nur durch den vollständigen Abbau der bestehenden Schwellen, so der CSU-Verband. Dies werde in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie gefordert, die der Europäische Gerichtshof für verbindlich erklärt habe. Zudem werde bereits ein Großteil des Illerwassers in den Kanälen zur Gewinnung von Energie genutzt. Man sei nicht gegen Wasserkraft, so Pressl. Allerdings sollten lieber bestehende Werke aufgerüstet werden, statt neue Anlagen ins Auge zu fassen. So lasse sich mehr Energie produzieren als bei den von Fontin geplanten kleinen Werken. Das bei Dietenheim soll dem Vernehmen nach eine Leistung von 315 Kilowattstunden haben, was von Experten als klein angesehen wird.
Aus Pressls Sicht widersprechen die Vorhaben der Münchner Firma geltendem EU-Recht: Dieses sieht unter anderem vor, dass der jetzige Zustand des Flusses sich nicht verschlechtern darf. Auch habe der Freistaat Bayern habe viele Millionen Euro in die Renaturierung der Iller im Bereich Vöhringen gesteckt. Deren positive Wirkung sei anerkannt – werde aber durch weitere Kraftwerksbauten flußaufwärts „ad absurdum“ geführt.
Pressl sagte, weiterer sei „schwer enttäuscht“ von der Genehmigung durch das Landratsamt Alb-Donau-kreis. „Ein Bundesland mit einem grünen Ministerpräsidenten müsste die Ökologie im Auge behalten.“ In diesem Fall habe die Abwägung zwischen Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit wohl nicht funktioniert. Viel mehr habe man den Antrag „hemdsärmelig durchgewunken“. Und zwar „wohlwissend“, dass demnächst ein neuer Gewässerentwicklungsplan vorgestellt werden soll – der bei derartigen Projekten berücksicht werden müsse. Auf bayerischer Seite werde das Kraftwerksvorhaben kritisch gesehen, so Pressl. Gemeinsam mit Europaministerin Beate Merk (Stimmkreis Neu-Ulm) werde man sich um einen Termin mit Umweltministerin Scharf bemühen, um ihr die Situation vor Ort zu zeigen. Das Ziel: Der Freistaat Bayern soll bei der Abgaben seiner Flächen für die Kraftwerksprojekte restriktiv verfahren.
Ein solches Bekenntnis wünscht sich auch Umweltschützer Kurus-Nägele: „Das Ministerium sollte klar machen: ,An unserer Türschwelle nicht’.“ Bislang warte man allerdings vergeblich auf eine solche Äußerung. Dass sich die Politik nun dafür einsetzet, begrüßt Kurus-Nägele. Man hoffe allerdings auf den Rechtsweg und warte gespannt auf eine Gerichtsentscheidung. Sollte diese nicht im Sinne der Naturschützer ausfallen, werde man falls möglich in Berufung gehen, kündigte Kurus-Nägele an. „Wir werden nicht kampflos aufgeben.“
Quelle: Illertisser Zeitung 21.02.2017
„Nicht genehmigungsfähig“ – so urteilt der CSU-Kreisverband Neu-Ulm über die an der Iller geplanten Kleinkraftwerke. Die Vorhanden widersprächen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und der „Bayerischen Strategie zur Wasserkraft“, in der es um „ökologische und naturverträgliche Wasserkraftnutzung“ geht. Nach einer Mitteilung hat sich die CSU-Kreiskonferenz am Freitag einstimmig gegen die von der Münchener Firma Fontin geplanten Kraftwerke ausgesprochen und damit einen Beschluss von 2009 bestätigt. Der Kreiskonferenz gehören der Kreisvorstand und die CSU-Ortsvorsitzenden an. Kreisvorsitzender Thorsten Freudenberger saß bei der Abstimmung nicht am Tisch, denn als Neu-Ulmer Landrat ist er zur Neutralität verpflichtet. Seine Behörde wird sich voraussichtlich im Laufe des Jahres mit den Anträgen für zwei der Kleinkraftwerke befassen müssen: eines auf Höhe von Oberbalzheim, eines bei Altenstadt. Der so genannte Scoping-Termin, der dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorangeht, hat bereits stattgefunden.
Eines der Kraftwerke soll bei Dietenheim in die Iller gebaut werden und ist vom Landratsamt Alb-Donau genehmigt worden. Zum Ärger von Herbert Pressl, einem der stellvertretenden CSU-Kreisvorsitzenden in Neu-Ulm. Über die ökologischen Folgen des Projekts sei die Behörde „locker hinweggegangen“. Entgegen der Darstellung der Firma Fontin werde die Iller ökologisch nicht aufgewertet, die geplanten Aufstiegshilfen für Fische seien mangelhaft, die vorgesehene Wasserführung an den Kraftwerken für Fische und Amphibien sogar schädlich. Eine ökologische Verbesserung könne nur durch den Abbau der an den acht geplanten Standorten vorhandenen Sohlschwellen erreicht werden. Sinnvoller als solche Kleinkraftwerke in die Iller zu bauen sei es, die Leistung der an den Illerkanälen vorhandenen Kraftwerke zu erhöhen.
Quelle: Südwestpresse 21.02.2017
Naturschützer kritisieren Pläne für Wasserkraftwerk bei Illertissen
Ein baden-württembergisches Landratsamt genehmigt eine neuartige Wasserkraftanlage an der Iller. Der Landesfischereiverband und der Bund Naturschutz klagen.
Von Dorothea Schuster
Die Iller soll wieder fließen dürfen. Das ist das Credo von Hans-Joachim Weirather, dem schwäbischen Fischereipräsidenten. Umso mehr ist er empört über eine Entscheidung des baden-württembergischen Landratsamtes Alb-Donau-Kreis: Es habe in einer Hauruck-Aktion kurz vor Weihnachten den Bau einer Wasserkaftanlage auf der Höhe Illertissen/Dietenheim genehmigt, sagte Weirather jetzt in Augsburg.
Beim Gewässerunterhalt und der Renaturierung flussabwärts bei Vöhringen haben sich laut Weirather die Fachbehörden von Bayern und Baden-Württemberg immer eng abgestimmt. Aber jetzt seien vollendete Tatsachen geschaffen worden – obwohl inzwischen das Gesamtentwicklungskonzept des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth für den 50 Kilometer langen Abschnitt von der Mündung in die Donau bis auf die Höhe von Memmingen vorliegt. Es sieht ein Maßnahmenbündel vor, wie die geschundene Iller in einen von der EU geförderten guten ökologischen Zustand versetzt werden kann. Dafür wären den Behördenangaben zufolge 123 Millionen Euro notwendig.
Denn um die gesteckten Ziele erreichen zu können, müsste die starre Uferverbauung entfernt und der kanalisierte Fluss verbreitert werden. Wo dies nicht möglich ist, könnten Nebengewässer im Auwald als Umgehungsbäche aktiviert werden, sagt Dr. Oliver Born, Fischereifachberater des Bezirks Schwaben. Dass das funktioniert, zeigt eine Musterstrecke an der Iller bei Maria Steinbach (Unterallgäu). Dort wurden nach kurzer Zeit in einem ökologisch hergerichteten Laichhabitat zwölf junge Huchen gezählt. Ein Beweis, dass Fischen mit einer Strukturvielfalt sehr wohl geholfen werden kann.
Zweifel an „energiewirtschaftlicher Sinnhaftigkeit“
Durch die Genehmigung des Kraftwerks würden die Renaturierungspläne konterkariert, sagt der Unterallgäuer Landrat Weirather, der früher Chef des Wasserwirtschaftsamtes Kempten war. Mindestens 40 Jahre Stillstand würde das bedeuten. So lange laufe die Betriebsgenehmigung. Empört wie er ist auch Prof. Albert Göttle, Präsident des bayerischen Landesfischereiverbandes. Auch er war viele Jahre als Wasserwirtschaftler tätig. Der anerkannte Naturschutz-Verband hat jetzt Klage gegen den wasserrechtlichen Bescheid des Landratsamtes Alb-Donau-Kreis eingereicht. Göttle hat kein Verständnis, dass die Energiegewinnung von staatlicher Seite höher gewertet wird als das öffentliche Interesse des Artenschutzes.
Weirather und Göttle ärgern sich besonders, weil Kleinkraftwerke nur einen minimalen Anteil zur Energiegewinnung aus Wasserkraft beitragen. In Bayern gibt es 4300 Anlagen, die 200 großen produzieren 90 Prozent des Stroms. Die Fischereipräsidenten bezweifeln deshalb „die energiewirtschaftlichen Sinnhaftigkeit“. Der Eingriff in das Gewässer sei dagegen unverhältnismäßig groß.
Klage gegen das Wasserkraftwerk eingereicht
Die Sorge um die Iller hat eine lange Geschichte. Nach langwierigen Verhandlungen war es vor rund 25 Jahren gelungen, dem Mutterbett eine Restmenge zu sichern. Das wurde mit einem Staatsvertrag zwischen Bayern und Baden-Württemberg besiegelt, sagt Weirather. Immerhin 90 Prozent der natürlichen Wasserführung des Grenzflusses werden bereits in den Seitenkanälen energetisch genutzt. Die letzten zehn Prozent müssten dem alpinen Fluss deshalb uneingeschränkt erhalten bleiben. Die Menge sei unerlässlich, um den Mindestanspruch der Gewässerökologie zu erfüllen.
Die Genehmigung des technisch neuartigen Schachtkraftwerks bei Illertissen ist für die unermüdlichen Kämpfer für die Fischwelt nur der Anfang. Denn beantragt sind insgesamt acht Anlagen. Hier würden Türen aufgerissen, sagen sie.
Nicht nur der bayerische Landesfischereiverband hat Klage gegen das Wasserkraftwerk eingereicht. Der Bund Naturschutz in Bayern und der BUND Baden-Württemberg versuchen ebenfalls juristisch gegen die Genehmigung des Landratsamtes Alb-Donau-Kreis vorzugehen.
Im Gegensatz zu den Naturschutzverbänden argumentiert der Münchner Investor, dass die von der Technischen Universität München entwickelten sogenannten Schachtkraftwerke besonders umweltfreundlich seien. Turbine und Generator sind unter der Wasseroberfläche in einem Schacht im Flussbett verbaut. Das sei schonend für Fische.
Quelle: Illertisser Zeitung 24.01.2017
Fischer und Naturschützer klagen gegen Bau von Kraftwerk in der Iller
Sie sehen EU-Richtlinien zum Gewässer- und Artenschutz verletzt und erheben schwere Vorwürfe gegen die Genehmigungsbehörde. Der Investor hingegen betont ökologische Vorteile.
Von Jens Carsten
Über den Rechtsweg wollen Naturschützer und Fischer den Bau des umstrittenen Wasserkraftwerks in der Iller bei Dietenheim stoppen: Sie haben zwei Klagen beim Verwaltungsgericht in Sigmaringen eingereicht. Das gaben die Verbände gestern bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Illertissen bekannt. Ihrer Ansicht nach würde der Bau des Kraftwerks den Erfolg der viele Millionen Euro teuren Illerrenaturierung zum Teil gefährden und gegen europäische Richtlinien zum Schutz von Gewässern verstoßen. Außerdem sei die Anlage mit einer Leistung von maximal 315 Kilowattstunden so klein, dass sich der Aufwand gar nicht rentiere.
Die Umweltschützer erhoben schwere Vorwürfe gegen das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises, das den Bau dieses ersten von insgesamt acht geplanten Kraftwerken genehmigt hat: Angeblich ohne vorher zu prüfen, ob sich das Projekt an dieser Stelle mit der Umwelt verträgt, wie Johannes Schnell, der stellvertretende Geschäftsführer des Landesfischereiverbands Bayern, betonte. „Das hat ein Geschmäckle.“
Die Wirtschaftlichkeit des geplanten Kraftwerks stellte Günter Krell, der Sprecher des Bund-Naturschutz-Arbeitskreises Wasser, in Frage. In Bayern gebe es rund 4200 Wasserkraftwerke, etwa 300 größere Anlagen erzeugten 93 Prozent des gesamten Wasserkraftstroms, die zirka 3900 kleineren dagegen nur sieben. An der Iller seien durch den Münchner Investor Fontin nur kleinere Werke vorgesehen, deren Beitrag zum Klimaschutz dann gar nicht messbar sei.
Genauso sieht das Daniela Fischer, die Geschäftsführerein des Bund-Regionalverbands Donau-Iller: „Wir sind für die Energiewende, aber da wo sie Sinn macht.“ Und das sei hier eben nicht der Fall: Das Kraftwerk liefere gerade einmal zehn Prozent der Energie eines modernen Windkraftrads. Fischer: „Das ist eine ökologische Katastrophe.“ Der Bau sei ein schwerer Eingriff in die Natur.
Und zudem nicht rechtmäßig, wie Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe Neu-Ulm sagte. So sei erstens in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie für die Iller und ihre Auen sowohl ein Verschlechterungsverbot als auch ein Verbesserungsgebot festgelegt. Und zweitens seien die Unteren Illerauen (vom Norden Vöhringens bis Ulm) als „Fauna-Flora-Habitat“ registriert: Auch diese Richtlinie verbiete, dass sich der Zustand einer Landschaft verschlechtert, erklärt Kurus-Nägele. Genau das passiere aber – denn das Öko-System rund um den Fluss sei bedroht.
Der vertiefe sich durch seine Fließbewegung zusehends wodurch Tümpel in den angrenzenden Gebieten austrockneten. Diese böten jedoch seltenen Tierarten wie Molchen und Unken einen Lebensraum. Der Bestand an Libellen sei seit 1996 um 50 Prozent und der von Amphibien um 40 Prozent zurückgegangen. Diese Prozesse sollen durch die Illerrenaturierung aufgehalten werden. Das Kraftwerk würde diese Bemühungen viele Jahre lang unmöglich machen. Und gefährden: Denn mitgespülte Steine im Flussbett, ein wichtiger Lebensraum für Fische und viele andere Tiere, würden durch das Bauwerk aufgehalten. „Ein Riesenproblem in vielen bayerischen Flüssen“, sagte Thomas Frey, der Regionalreferent für Schwaben des Bund Naturschutzes. Mit 32 Wasserkraftwerken sieht er die rund 150 Kilometer lange Iller ausreichend eingedeckt.
Das Fazit der Umweltschützer: Mit der Genehmigung des Kraftwerksbaus habe das Landratsamt Alb-Donau-Kreis in Ulm „einen Kardinalsfehler“ begangen, wie Kurus-Nägele sagte. Man habe nur den unmittelbaren Bereich um das spätere Kraftwerk betrachtet, aber nicht flussaufwärts oder flussabwärts geschaut. Das Kraftwerks solle wohl ein Spekulationsobjekt für Anleger sein, die auf Renditen aus den Fördertöpfen im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hofften. Und das auf Kosten der Natur.
Bei Vöhringen sei die (renaturierte) Iller hui, bei Illertissen hingegen pfui: So drückte sich sinngemäß Ernst Renner, der Vorsitzende des Bund-Naturschutz-Gruppe Illertissen, aus. Die Bürger wollten eine Festschreibung des „trostlosen Zustands“ durch den Kraftwerksbau nicht akzeptieren. Renner sprach von „Trauer und Wut“.
Der Investor Fontin bezeichnete die Klagen gestern in einer Pressemitteilung als „bemerkenswert“. Ein vergleichbares Kraftwerk an der Loisach (ein Zufluss der Isar) sei von denselben Klägern nämlich gebilligt worden. Das Genehmigungsverfahren zum Kraftwerksbau bei Dietenheim sei „sorgfältig und gesetzmäßig“ erfolgt. Das Landratsamt Alb-Donau-Kreis habe die fachlichen Fragen intensiv geprüft und abgewogen, hieß es. Projektleiterin Susanne Adams betonte die „umfassenden ökologischen Vorteile“ des geplanten Kraftwerks, das die bestehe Wehrschwelle nutzen werde. Diese für Tiere kaum zu passierende Barriere werde durch den Einbau durchgängig, etwa durch einen Auf- und Abstieg für Fische. Eine Revitalisierung der Iller stehe das Kraftwerk bei Dietenheim nicht entgegen, so die Fontin GmbH weiter.
Zunächst hatte der Bauherr einen „vorzeitigen Maßnahmenbeginn“ erwirkt, hieß es gestern in Illertissen bei der Pressekonferenz. Diesen habe das Verwaltungsgericht in Sigmaringen aufgrund der Klagen zurück genommen. Ob sich der Bau durch die rechtlichen Einsprüche aber verhindern lässt, ist offen. Daniela Fischer sagte: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Quelle: Illertisser Zeitung 20.01.2017
Wasserkraftwerk bei Dietenheim – Glaubenskampf an der Iller
Wir haben nichts gegen die Energiewende“, das betonten die Umweltschützer gleich am Anfang des Pressegesprächs. Trotzdem haben der bayerische und der baden-württembergische Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen eine Klage gegen ein Schachtkraftwerk in der Iller bei Dietenheim eingereicht. Schützenhilfe erhalten sie vom Landesfischereiverband Bayern, der ebenfalls gegen das Kleinkraftwerk klagt, für das das Landratsamt Alb-Donau am 6. Dezember 2016 die Genehmigung erteilt hatte (wir berichteten).
Insgesamt plant die Münchner Firma Fontin & Company acht Schachtkraftwerke zwischen Memmingen und Illertissen an bestehenden Querbauten in der Iller. Teils auf baden-württembergischer, teils auf bayerischer Gemarkung. Der BUND läuft dagegen Sturm, will auch gegen alle weiteren vorgehen. Das Projekt sei „eine Bereicherung von bereits reichen Leuten im Raum München“, sagte Bernd Kurus-Nägele, Geschäftsführer der Kreisgruppe Neu-Ulm. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz verheiße einen konstanten Geldstrom.
Aus dem Blickwinkel des Naturschutzes sei das Vorhaben abzulehnen, eine „ökologische Katastrophe“, so Daniela Fischer, Regionalgeschäftsführerin des BUND-Regionalverbands Donau-Iller. Die geplanten Kraftwerke an den Querbauten zementierten über Jahrzehnte hinweg den Status quo; zunächst bis 2056 laufe die Genehmigung des Dietenheimer Kraftwerks. Renaturierung? In diesem Bereich dann unmöglich. „Die Querbauten müssen weg“, erklärte Kurus-Nägele. „Sie haben den Fließgewässercharakter komplett zerstört.“ Mit schlimmen Folgen für das Fauna-Flora-Habitat zwischen Vöhringen und der Illermündung bei Ulm, so die Naturschützer. Dort fielen wertvolle Flussauen trocken. Das Vorhaben verstoße gegen die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie gegen die europäische Wasserrahmenrichtline, heißt es in der vorläufigen Klagebegründung.
Keine Gründe für Ablehnung
Es hätten schlicht keine Gründe vorgelegen, das Bauvorhaben bei Dietenheim abzulehnen, erklärte hingegen Reinhold Ranz, Fachdienstleiter Umwelt- und Arbeitsschutz im Landratsamt Alb-Donau, auf Anfrage. Zudem sei der genehmigte Betriebszeitraum deutlich geringer, als die „Restlebensdauer“ des ohnehin vorhandenen Querbauwerks. Derzeit liegen im Landratsamt Neu-Ulm zwei Fontin-Anträge – für Kleinkraftwerke bei Balzheim und Altenstadt. Jeder Antrag werde einzeln geprüft. Ranz: „Wir haben keinen Präzedenzfall geschaffen.“
Strom für 400 Haushalte will Fontin in Dietenheim produzieren. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Vorwürfe der Umweltschützer. Die Klage sei bislang nur „rudimentär“ begründet, heißt es in einer Mitteilung. Projektleiterin Susanne Adams weist auf die „ökologischen Vorteile“ des Schachtkraftwerks hin, das an der TU München entwickelt wurde und eine bereits bestehende Wehrschwelle nutzen wird. Mit einem Fischauf- und Fischabstieg „auf aktuellem Stand der Technik“ werde die Iller für Wassertiere besser passierbar, der Fischschutz sei gegeben. Und das Kraftwerk könne ohne weiteres in ein Revitalisierungskonzept integriert werden. Der geplante Baubeginn ist im Herbst, dann führt die Iller Niedrigwasser.
Quelle: Südwestpresse 20.01.2017
Schachtkraftwerk: Bund Naturschutz will klagen
Verband will gegen die geplante Anlage bei Dietenheim vorgehen. Die Genehmigung habe ein „Gschmäckle“
Von Orla Finegan
Das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises hat der Münchner Firma Fontin die Genehmigung erteilt, an der Iller zwischen Dietenheim und Illertissen ein Schachtkraftwerk zu errichten. Für Bernd Kurus-Nägele, Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz Neu-Ulm, ist das unverständlich. Er ist überzeugt: Das Vorhaben sei ohne Zweifel auf höherer politischer Ebene „gepusht“ worden. Die naturschutzrechtlichen Vorgaben sprächen eindeutig dagegen, das hätte das Umweltministerium in München erkennen müssen. Kurus-Nägele erhebt schwere Vorwürfe: Für ihn habe die Genehmigung ein „Gschmäckle“. Dass das Münchner Umweltministerium kein Veto eingelegt habe, müsse daran liegen, dass die Firma Fontin, die das Kraftwerk bauen will, Kontakte ins Ministerium habe. „Das ist mehr als offensichtlich“, sagte er gegenüber der Illertisser Zeitung. Das Ministerium habe Millionen in die Iller-Renaturierung bei Vöhringen gesteckt. Kurus-Nägele befürchtet, dass das Schachtkraftwerk alle bisherigen Anstrengungen zunichtemachen würde.
Zusammen mit Bund-Naturschutz-Landesgeschäftsführer Peter Rottner und dem Regionalreferent für Schwaben, Thomas Frey, hat er überlegt, wie das Schachtkraftwerk doch noch verhindert werden kann. Der Bund Naturschutz teilt mit: „Konkret werden zunächst die Genehmigungsunterlagen von Juristen geprüft, und dann innerhalb der Frist von vier Wochen die notwendigen rechtlichen Schritte eingeleitet.“ Laut Kurus-Nägele hätten die Naturschützer schon einige Aspekte ausgemacht, die sie anfechten wollen. Jetzt müsse nur noch abgeklärt werden, wie sie juristisch verpackt werden. „Wir werden auf jeden Fall rechtliche Schritte einleiten, die Entscheidung wird vor Gericht fallen.“
Dietenheims Bürgermeister Christopher Eh geht davon aus, dass gerade aufgrund der „hohen Wellen“, die die Diskussion um das Schachtkraftwerk im Vorfeld geschlagen hatte, die zuständigen Behörden die Entscheidung in alle Richtungen geprüft hätten. Weiter möchte er das Projekt nicht kommentieren. Falls es zu einer Klage vonseiten der Naturschützer kommt, würde diese sich nicht gegen die Stadt, sondern gegen die übergeordneten Behörden richten.
Quelle: Augsburger Allgemeine 14.12.2016
An der Iller kann gebaut werden
Das Landratsamt Alb-Donau-Kreis hat das umstrittene Wasserkraftwerk zwischen Illertissen und Dietenheim genehmigt. Naturschützer wollen die Entscheidung anfechten.
Von Orla Finegan
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An Flusskilometer 23, genau zwischen Illertissen und Dietenheim, soll es entstehen: Ein neuartiges Wasserkraftkraft, das laut den Entwicklern, der TU München und der Münchner Firma Fontin, für „regenerative Energieerzeugung mit besonderer Berücksichtigung der Ökologie des Fließgewässers“ steht.
Laut Plan soll ein Schachtkraftwerk in die bestehenden Querbauten integriert werden. Die Turbine wird im Wasser versenkt, große Fische können drüber hinwegschwimmen. Zusätzlich soll ein Fischaufstieg geschaffen werden.
Das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises hat letzte Woche den Bau des Kraftwerks genehmigt, das teilte die Fontin mit. Als nächsten Schritt werde sich die Firma mit der Ausführungsplanung beschäftigen. In einem Gespräch mit unserer Zeitung hatte Dr. Susanne Adams im Sommer erzählt, dass die tatsächlichen Bauarbeiten erst im Herbst 2017 stattfinden könnten. Dann beginne die Niedrigwasserphase der Iller.
Im Juni hatten etwa 300 Menschen auf der Illerbrücke zwischen Dietenheim und Illertissen gegen die Anlage demonstriert, Naturschützer befürchten, dass das Schachtkraftwerk keine ökologische Verbesserung für die Iller bedeuten wird. Schon im Oktober 2015 hatte Hans-Joachim Weirather, Präsident des schwäbischen Fischereiverbands und Landrat des Unterallgäus angekündigt, Rechtsmittel einzulegen, falls die Anlage genehmigt wird. Heute ließ er verlauten, dass „der Fischereiverband Schwaben, gemeinsam mit dem Landesfischereiverband Bayern, diesen auf unsägliche Weise entstandenen wasserrechtlichen Bescheid rechtlich wie inhaltlich prüfen“ werde. Auch sei das Schachtkraftwerk „volkswirtschaftlicher Unsinn und für die Gewässerstruktur der Iller ein Kapitalschaden“.
Auch Wolfgang Höß, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Untere Iller und Bürgermeister von Altenstadt, hofft, dass das Schachtkraftwerk nicht errichtet wird. Er glaubt nicht daran, dass es gut für die Natur wäre – im Gegenteil: „Das geht komplett in die andere Richtung, als es das aktuelle Gewässerentwicklungskonzept für die Iller vorsieht“, sagt er. Über 30 Millionen Euro seien bei Vöhringen in die Renaturierung investiert worden, käme das Schachtkraftwerk, bliebe die komplette Ökologie auf der Strecke, befürchtet Höß. Auch er sagt, dass die Genehmigung genau geprüft werden müsse. Sollte das Kraftwerk bei Dietenheim gebaut werden, könnten sieben weitere folgen, eines bei Altenstadt. Hierfür sind die ersten Schritte eingeleitet: Vergangenen Donnerstag fand laut Pressemitteilung der Firma Fontin im Landratsamt Neu-Ulm der sogenannte „Scooping“ Termin für die Anlagen in Oberbalzheim und Altenstadt statt.
Quelle: Augsburger Allgemeine 13.12.2016
Herr Müller und der Traum von der naturnahen Iller
Die Genehmigung für das Wasserkraftwerk bei Dietenheim könnte bald erteilt werden. Naturschützer drohen bereits mit Klagen.
Gegen die geplanten Kleinkraftwerke ist der Naturschützer deswegen, weil er langfristig denkt. Und sein langfristiges Ziel ist eine naturnahe Iller. Diese würden die Kraftwerke in weite Ferne rücken lassen. „Die Kraftwerke setzen einen Fixpunkt“, befürchtet Müller. Ein Rückbau der zahlreichen Querbauten sei dann so gut wie undenkbar. Genau das seit aber wichtig, um die Iller zu renaturieren, sagt Müller. Die Querbauten verhindern nämlich, dass Geschiebe den Fluss entlang wandern kann. Dabei handelt es sich um Felsabbrüche, die am Alpenrand in die Iller gelangen und dann bis zur Mündung zu kleinen Kieselsteinchen geschliffen werden. „Das Flusssystem funktioniert nur mit Geschiebetransport“, sagt Müller. Die Artenvielfalt würde dadurch steigen und das von der EU vorgegebene Ziel eines zumindest „guten“ ökologischen Zustands des Flusses könnte erreicht werden.
Hier hält die Fontin & Company dagegen und führt ebenfalls ökologische Argumente ins Feld. Sie betont, dass die geplanten Kraftwerke beispielsweise die Durchgängigkeit des Flusses für Fische verbessere. Das sieht auch Oliver Born so. Aus Sicht des Fischereiberaters des Bezirks Schwaben wäre der Bau von rauen Rampen aber die bessere Lösung. Die sind jedoch sehr teuer, weswegen die Planer argumentieren, dass der Bau der Kleinkraftwerke deutlich schneller zu einer Durchlässigkeit des Flusses führe.
Das Besondere an den neu entwickelten Kraftwerken ist, dass nur ein Teil des Wassers in den Schacht in Richtung Turbine stürzt. Der andere Teil strömt hingegen darüber hinweg, sodass Fische die Querbauwerke künftig passieren könnten. Insgesamt könnten die acht geplanten Kraftwerke der Fontin & Company an der Iller rund 12,4 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr produzieren. Für Müller ist das im Vergleich zu den bestehenden Kraftwerken zu wenig.
Die zuständige Genehmigungsbehörde teilt Ulrich Müllers langfristige Sichtweise wohl nicht. Das Verfahren sei weitestgehend gediehen, mit einer Genehmigung in „wenigen Wochen“ zu rechnen, erklärt Reinhold Ranz. Auf eine langwierige und teure Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet die Behörde. „Die Vorprüfung hat ergeben, dass keine wesentlichen Verschlechterungen für die Umwelt zu erwarten sind“, sagt der Fachbereichsleiter Umweltschutz im Landratsamt des Alb-Donau-Kreises.
Das sehen die Umweltverbände erwartungsgemäß anders, der Bund Naturschutz im Kreis Neu-Ulm hat schon länger eine Klage gegen die Genehmigung des Landratsamtes angekündigt. Müller und die württembergischen Naturschutzverbände beraten noch, wie die Klage der bayerischen Seite unterstützt werden kann. Die Planer könnte allerdings ihrerseits einen sofortigen Vollzug der Genehmigung beantragen, auch dagegen könnten die Naturschützer dann Einspruch einlegen. „Vorbei ist da noch lange nichts“, sagt Reinhold Ranz.
Kraftwerk-Prototyp zu besichtigen
Vorstellung Wie funktioniert das Schachtkraftwerk? Diese und weitere Fragen beantworten die Verantwortlichen von Fontin&Company und der TU München am Samstag, 15. Oktober, ab 12 Uhr in der Versuchsanstalt der Universität in Obernach. dna
Quelle: Südwestpresse 05.10.2016
Dietenheim/Ulm.
Kraftwerksbau: Endspurt an der Iller
Pro und Contra zum geplanten Bau von Kleinkraftwerken in der Iller sind ausgiebig diskutiert. Die Entscheidung über einen der Stromerzeuger trifft der Alb-Donau-Kreis.
Demonstration, Infoabend, Abgeordnetenbesuche, Pressegespräche: Die Naturschützer sind auf breiter Front gegen die Pläne angetreten. Vor allem von bayerischer Seite gibt es Einwände im Genehmigungsverfahren, bestätigt Landratsamtssprecher Bernd Weltin. Die Argumente, in den kommenden Wochen abzuwägen bei der unteren Naturschutzbehörde, sind bekannt: Die Iller habe ihren Beitrag zur Gewinnung regenerativer Energie bereits vollauf geleistet. Die Wasserkraft sei mit den Kraftwerken in den Kanälen, die vom Fluss abgeleitet werden, bereits ausgereizt. Wenn die Kraftwerke gebaut würden, dann sei die frei fließende Iller Geschichte. Das könne man nicht hinnehmen, so die Argumente des Geschäftsführer des Bund Naturschutz in Bayern, Bernd Kurus Nägele. Für Nobert Frank werde dadurch die Möglichkeit verbaut, diesen Iller-Abschnitt so grundlegend zu renaturieren wie ein paar Kilometer weiter südlich bei Vöhringen. Mit Umleitungsbächen für Fische und Ausleitungsbächen, die mehr Wasser in den Auwald bringen. Mit großen Steinblöcken anstelle der Querbauwerke und einer Aufweitung des Flussbetts. Alles andere ist für ihn „ein ökologischer Schaden“, für die nächsten Jahrzehnte fortgeschrieben.
Aber auch das Unternehmen und die Technische Universität München, die die geplanten Schachtkraftwerke konstruiert hat, führen ökologische Argumente ins Feld. Auch jüngst beim bayerischen Wasserkraft-Forum im Energiepark Hirschaid in Oberfranken. Das Fazit der dortigen Veranstaltung klingt ähnlich wie die Argumente der Naturschützer: ökologische organisierte Wasserkraft sei ein Instrument, um stark verbaute Flüsse ökologisch aufzuwerten. Zum Beispiel durch die Herstellung der Durchgängigkeit von Querbauwerken, die bisher eine Barriere für Fische und Kleinstlebewesen darstellen. „Sie geben den Tieren wieder die Möglichkeit, ihre natürlichen Wanderungen aufzunehmen.“ Als Beispiel für Tierschutz, der „das Bild von gehäckselten Fischen in die Vergangenheit drängt“, wurde das von der TU München entwickelte Kraftwerk beurteilt, teilt die Fontin-Projektentwicklerin Susanne Adams mit. Turbine und Generator werden dabei unter der Wasseroberfläche in einem Schacht im Flussbett eingebaut. Das Schachtkraftwerk schütze in hohem Maße Fische vor Verletzungen mit Gittern über der Turbine sowie einem Rechen, „und bietet ihnen einen bereits erprobten Pfad, um flussabwärts zu wandern“. Denn es stürze nicht die gesamte Wassermenge in den Schacht in Richtung Turbine. Ein kleiner Teil strömt darüber hinweg, sodass die Flussbewohner der tödlichen Falle entgehen.
Die TU-München auf ihrer Homepage: „Das einfach konstruierte und damit kostengünstige Kraftwerk ist für kleine und große Wasserkraftstandorte gleichermaßen geeignet.“ Eine Pilotanlage des Schachtkraftwerks soll nun an der Loisach in Oberbayern entstehen: Dafür gebe es inzwischen eine Genehmigung – und das in einem Natura-2000-Schutzgebiet. Auch dort werde die Anlage an einem bereits vorhandenen Querbauwerk errichtet. Auch an anderen Standorten laufen Genehmigungsverfahren, zum Beispiel in Südtirol.
Bereits vor einigen Jahren hatte die Fontin AG auf bayerischer Illerseite versucht, die Genehmigung für Restwasserkraftwerke an Querbauten in der Iller zu erhalten. Bei einer Anhörung der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Neu-Ulm schlug den Firmenvertretern der Zorn der Fischer und Naturschützer entgegen.
Auch damals hatte das Unternehmen argumentiert, das Verfahren sei ein kostengünstiger Weg, eine Durchgängigkeit am Fluss herzustellen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Renaturierung mit Millionen-Investitionen sei sie schnell zu verwirklichen. Zudem verhinderten die Fontin-Pläne keineswegs, die stark verbaute Iller zwischen den Kraftwerken mit „klassischer Revitalisierung“ sowohl für Flora und Fauna als auch für den Menschen zur Naherholung effizient aufzuwerten.
Quelle: Südwestpresse 03.08.2016
Illertissen
Prominenter Besuch bei den Kraftwerksgegnern
Landtagsabgeordneter Klaus Holetschek verweist auf Gewässerentwicklungsplan.
Die Interessengemeinschaft Naturraum Iller weitet ihre Proteste gegen die geplanten Schacht-Wasserkraftwerke aus. „Es kann nicht sein, dass den Interessen eines privaten Investors Vorrang vor dem Schutz des Illertals und der Fischfauna der Iller eingeräumt wird“, betonte Wolfgang Höß, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Untere Iller, bei einem Vor-Ort-Termin an dem Fluss mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Klaus Holetschek.
Dabei fand auch ein Austausch über neue Sachverhalte statt. Eines der zentralen Themen war der Gewässerentwicklungsplan, der auch die künftigen Entwicklungen für den betroffenen Illerbereich definieren soll. „Bevor eine Entscheidung über das Wasserkraftwerk bei Dietenheim fällt, muss ein Gewässerentwicklungsplan (GEP) erstellt werden“, bekräftigte Holetschek und berichtete, dass sich der GEP bereits in Ausarbeitung befinde. Demnach könnte die Aufstellung der Planung schon in naher Zukunft erfolgen. Eine öffentliche Verfahrensbeteiligung hat allerdings noch nicht stattgefunden.
Ein weiteres zentrales Thema war die Nutzung der vorhandenen Iller-Querbauwerke für den Einbau des ersten von acht geplanten Wasserkraftwerken. Der Landtagsabgeordnete erläuterte, dass sich die Querbauten jeweils zur Hälfte im Besitz Bayerns und des baden-württembergischen Nachbarlands befänden. Wolfgang Höß betonte, dass es nicht sein könne, dass die Bauwerke mit Steuergeldern errichtet worden seien und nun einem privaten Investor im Rahmen der Wasserkraftnutzung kostenlos zur Verfügung gestellt würden. Der Fischereigenossenschaftsvorsitzende hob hervor, dass man nicht generell gegen Wasserkraftnutzung sei. Die Iller werde allerdings schon über Gebühr zur Stromerzeugung herangezogen. 32 Wasserkraftwerke seien einfach genug. Dass nun auch noch das letzte bisschen Restwasser zur Verstromung herangezogen werden solle, sei nicht hinnehmbar. „Sollte das Wasserkraftwerk bei Dietenheim in der geplanten Form gebaut werden, verbleiben der Iller nur noch 0,5 Prozent des Gesamtwassers für die natürliche Durchgängigkeit“, erläuterte Höß.
Zudem sei die Stromgewinnung dieser kleineren Wasserkraftwerke unbedeutend für die Stromversorgung der Bevölkerung. Den entstehenden Schaden für die Iller und die Umwelt hingegen hält Höß unter diesen Umständen für nicht tragbar.
Quelle: Illertisser Zeitung 26.07.2016
Versammlung
Demo gegen Wasserkraftwerke geplant
Kundgebung soll am 2. Juli an der Illerbrücke stattfinden. Auch das Thema Hochwasser bereitet der Fischereigenossenschaft Untere Iller derzeit Sorgen
- An dieser Solschwelle in der Iller bei Dietenheim soll ein Wasserkraftwerk gebaut werden.
Foto: Ulrich Krafczyk
Ein zentrales Thema der Mitgliederversammlung der Fischereigenossenschaft Untere Iller war der Widerstand gegen den Bau von weiteren Wasserkraftwerken in der Iller. Der Vorsitzende Wolfgang Höß betonte im Landgasthaus Fischer, dass der Protest gegen dieses Vorhaben unvermindert fortgesetzt werde. Zur aktuellen Situation meinte Höß, dass abgewartet werden müsse, ob das erste Wasserkraftwerk im Illerabschnitt bei Dietenheim genehmigt werde.
Gleichzeitig sind die Mitglieder der Fischereigenossenschaft und der Fischereivereine nicht untätig. Der stellvertretende Vorsitzende Dietmar Wagner gab bekannt, dass eine Großdemonstration geplant ist. Am Samstag, 2. Juli, um 16.30 Uhr wird es im Bereich der Illertisser Illerbrücke eine Demo mit Kundgebung der Interessengemeinschaft „Naturraum Iller“ geben, die sich für eine Renaturierung der Iller und gegen weitere Kraftwerke einsetzt.
Laut Höß sei es wichtig, die Bevölkerung breitflächig zu informieren und miteinzubinden. Parallel dazu werden rechtliche Schritte geprüft und immer konkreter. Der Vorsitzende erläuterte, dass die Vorbereitungen für eine mögliche Klage gegen das erste Wasserkraftwerk bereits in Gang gesetzt worden seien.
Aktuell bereitet den Fischern auch das Thema Hochwasser Sorgen. Durch die Wassermassen werde die Fischpopulation stark beeinträchtigt. Höß ist der Ansicht, dass die Iller auf ihrer ganzen Länge zwischen Ulm und Oberstdorf ganzheitlich betrachtet und renaturiert werden müsse.
Fischereifachberater Dr. Oliver Born referierte über den Sachstand bereits durchgeführter Renaturierungsmaßnahmen an der Iller. Demnach seien im Bereich von Fischen und beim Seifener Becken bereits Erfolge sichtbar. Dem Fischbestand habe dies jedoch bislang wenig gebracht. Da die Iller für die Fische nicht durchgängig ist, habe sich der Fischreichtum im oberen Bereich der Iller nicht sonderlich verbessert.
Weitergehen soll auch die Renaturierung der unteren Iller. Die Planungen für den nächsten Illerabschnitt im Bereich Illerzell und Ay liefen bereits. Der Geschäftsführer Norbert Frank machte deutlich, dass der Fischbestand in der Iller derzeit mehr durch den Gänsesäger als durch den Kormoran bedroht wird. Dies habe sich auch beim Fischbesatz gezeigt.
Der Vorstand der Fischereigenossenschaft Untere Iller wurde während der Mitgliederversammlung weiter verstärkt: Holger Plangl wurde durch einstimmiges Mitgliedervotum ins Führungsgremium berufen.
Landkreis Neu-Ulm
Naturschützer wollen Wasserkraftwerke an der Iller verhindern
In Schwaben sollen nun länderübergreifend acht moderne Kraftwerke entstehen. Der bayerische Bund Naturschutz lehnt das geplante Projekt ab – und wollen notfalls vor Gericht ziehen.
Die Kraftwerke sollen in Illertissen (Landkreis Neu-Ulm) und sieben Nachbargemeinden gebaut werden. Sechs Standorte sind im Freistaat, zwei in Baden-Württemberg. Die Iller verläuft in diesem Bereich fast auf der Landesgrenze.
Naturschützer kämpfen gegen geplante Wasserwerke
Das wasserrechtliche Verfahren für Dietenheim in Baden-Württemberg sei bereits weit fortgeschritten, sagte ein Sprecherin des Münchner Planungsbüros Fontin & Company. In den nächsten zwei Jahren sollen nach ihren Angaben die Verfahren für die sieben anderen Illerkraftwerke vorangetrieben werden.
Bei dem Projekt sollen sogenannte Schachtkraftwerke verwendet werden, die an der Technischen Universität München (TU) entwickelt wurden. Der Name leitet sich davon ab, dass Turbine und Generator unter der Wasseroberfläche in einem Schacht im Flussbett verbaut werden. Daher schütze dieses Kraftwerk «in hohem Maße Fische vor Verletzungen», teilte die TU mit. Ein Kritikpunkt an herkömmlichen Wasserkraftwerken ist, dass Fische oftmals durch die Technik verstümmelt werden.
Prozess am Münchner Verwaltungsgericht endet ohne Urteil
Bislang wurde das neue Konzept nur auf einer Versuchsanlage der TU getestet, eine Pilotanlage soll nun im oberbayerischen Großweil (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) gebaut werden. Der BN und der Landesfischereiverband hatten gegen das Kraftwerk an der Loisach geklagt, weil es in einem FFH-Naturschutzgebiet liegt. Der Prozess endete am Münchner Verwaltungsgericht Anfang Februar jedoch ohne Urteil. Die Parteien einigten sich auf zusätzliche Umweltauflagen.
Der BN lehnt aber die in Schwaben geplanten Kraftwerke dennoch weiterhin ab. Der Umweltverband verweist auf die große Zahl bestehender Anlagen in Bayern und ist generell gegen den Neubau von Kraftwerken an Flüssen, allenfalls dürfe es Effizienzverbesserungen bestehender Anlagen geben. Bernd Kurus-Nägele, BN-Kreisgeschäftsführer Neu-Ulm, kündigte an, gegen den Bau in Dietenheim kämpfen zu wollen.
«Wenn das erste Kraftwerk gebaut ist, haben wir einen Präzedenzfall.» Der BN werde im Rahmen seiner Möglichkeit gegen alle acht Anlagen vorgehen. dpa/lby
Quelle: Illertisser-Zeitung 27.02.16
Protest gegen Kraftwerke soll weiter wachsen
Gegner des Vorhabens in der Iller befürchten „Reihenansiedlung“
Acht Wasserkraftwerke will die Münchner Firma Fontin in die Iller bauen. Darüber informierte das Unternehmen vergangene Woche in einer Informationsveranstaltung in Dietenheim. Für die Gegner des Projekts kam diese Nachricht scheinbar überraschend: „Jetzt ist die Katze aus dem Sack“, so der Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Untere Iller, Wolfgang Höß.
Das geplante Wasserkraftwerk bei Dietenheim sei nur eine Musteranlage – später würden die Iller hinauf an immer mehr Wehranlagen immer mehr Kraftwerke gebaut. „Das ist eine regelrechte Reihenansiedlung“, so Höß. Sechs der acht Wasserkraftwerke, die gebaut werden sollen, befinden sich auf bayerischer Seite der Iller. Die Gegner des Projektes sehen sich in ihren Bemühungen weiter gestärkt. Wie Höß während der Mitgliederversammlung des Fischereivereins Altenstadt bekräftigte, sei die bayerische Seite weiterhin geschlossen gegen das Projekt.
Eine weitere Restwassernutzung der Iller komme nicht in Frage. Der Fluss sei bereits jetzt zur Umgehungsgerinne verkümmert. „Das ist unsere Heimat und unser Naturraum“, fügte Höß an und meinte, dass man die Bevölkerung noch stärker informieren und mit ins Boot nehmen wird. Der Vorsitzende bedauerte, dass es noch keinen Gewässerentwicklungsplan gibt. Dieser müsse seiner Ansicht nach zuerst erstellt werden.
Sollte eine Genehmigung für das Wasserkraftwerk bei Dietenheim erfolgen, müsse der Klageweg beschritten werden. Höß kündigte zudem an, dass der Aktionsraum für die Protestbewegung nun auf das ganze Illertal mit den Landkreisen Unter- und Oberallgäu ausgedehnt werden wird. (sar)
Quelle: Illertisser-Zeitung 25.02.16
Kreis Neu-Ulm
Naturschützer wollen gegen geplantes Kraftwerk in der Iller klagen
Die Neu-Ulmer Kreisgruppe des Bundes Naturschutz (BN) erwägt eine Klage gegen das bei Dietenheim (Fluss-Kilometer 23,48) geplante Kraftwerk in der Iller.
Das ist das Ergebnis der jüngsten Kreisgruppensitzung, in der sich die Naturschützer mit dem Thema ausgiebig auseinandergesetzt haben. Der Kreisvorstand will nun überprüfen, inwieweit eine Klage des Bundes Naturschutz als bayerischem Naturschutzverband gegen das Vorhaben auf württembergischer Seite möglich ist. Auch die Möglichkeiten einer Klage wegen Verstoßes gegen die Inhalte der EU-Wasserrahmenrichtlinie am Europäischen Gerichtshof müssten in Betracht gezogen werden.
Kreisgeschäftsführer Bernd Kurus-Nägele hielt fest, dass im Schulterschluss mit Fischereiverbänden, Vogelschützern, Gemeinden und vor allem auch der Bürgergruppierung „Naturraum Iller“ mit aller Schärfe gegen die Pläne eines Münchner Unternehmers vorgegangen werden solle. In einem Protest-Schreiben hatte die Kreisgruppe bereits den Landrat des Alb-Donau-Kreises als Chef der zuständigen Genehmigungsbehörde aufgefordert, den Bestrebungen zum Bau eines Wasserkraftwerkes in das Iller-Mutterbett entgegenzuwirken. Über den Landesverband des Bundes Naturschutz wurde beim Umweltministerium in München ebenfalls Protest erhoben.
Zum ersten Mal in der Geschichte baulicher Planungen im und um den Grenzfluss Iller wurde der bayerische Naturschutz nicht im Verfahren gehört, so Kurus-Nägele. Dies sei bedauerlich, da der bayerische BN die Illersanierung seit über 20 Jahren mit vielen bedeutenden Vorschlägen zur Aufwertung der Illerauen begleitet habe. Im vorliegenden Fall der Kraftwerksplanungen gebe es ebenfalls eine gemeinsame Vorgeschichte, da die Firma Fontin bereits 2009 versucht habe, im Iller-Mutterbett Wasserkraftwerke an vorhandenen Staustufen umzusetzen. Dies sei unter Federführung des Landratsamtes Neu-Ulm als zuständiger Behörde von allen Trägern öffentlicher Belange abgelehnt worden. Zudem wurden laut Kurus-Nägele auch rechtliche Schritte gegenüber Fontin angekündigt. Die Firma habe damals das Vorhaben zurückgezogen, das jetzt in Einzelschritten und „Salami-Taktik“ wieder auf den Tisch komme.
Die Iller als ehemals natürlich mäandrierender Hochgebirgsfluss sei durch die Begradigung und das Errichten von Querbauwerken in den letzten beiden Jahrhunderten zu einer „Flussleiche“ degradiert worden. Den Folgen dieser Fehlentwicklungen, wie Eintiefungen oder Austrocknen der Aue, wurde in den vergangenen 20 Jahren versucht durch die sogenannte „Illersanierung“ entgegenzutreten. Ziel dieser „Sanierung“ sei neben dem Hochwasserschutz und der Sicherung der Trinkwasserbrunnen auch die Wiedervernässung der Aue sowie der Erhalt und die Wiederschaffung des Fließgewässercharakters.
Das nun angestrebte Kraftwerk würde ein vorhandenes Querbauwerk für die nächsten Jahrzehnte rechtlich binden. Eine vielleicht zukünftig stattfindende Sanierung im besagten Bereich mit einem Rückbau des Querbauwerkes wäre somit nicht mehr möglich. Auch eine Hochwasser-Ausleitung oder Auenvernässung käme nicht mehr infrage, so Kurus-Nägele. Somit werde auch der Umsetzung von Forderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie zur Herstellung des „guten ökologischen Zustandes“ eines Fließgewässers dauerhaft ein Riegel vorgeschoben. Falls das geplante Vorhaben umgesetzt werden sollte, werde ein Präzedenzfall geschaffen, der die Chancen für einen weiteren Einbau von Kraftwerken in der Iller deutlich steigern könne, hält Kurus-Nägele fest. az
Keine weiteren Kraftwerke – 1797 Unterzeichner wollen eine durchgängige Iller
1797 Unterschriften wird Staatsministerin Beate Merk von Illertissen mit nach München nehmen. Die Unterzeichner, allen voran Bürgermeister Höß aus Altenstadt, wehren sich gegen weitere Kraftwerke an der Iller.
Die Pläne, auf baden-württembergischer Seite der Iller eine große Wasserkraftanlage zu bauen, stoßen auf bayerischer Seite auf wenig Zuspruch. Auch die Ankündigung mehrerer Kraftwerkbetreiber, auf bayerischer Seite weitere Kleinkraftwerke zu errichten, trifft auf breite Ablehnung. Um die Energiegewinnung aus Wasserkraft in allen Facetten zu beleuchten und die konkrete Situation der Iller vor Ort aufzuzeigen, haben die Landtagsabgeordnete und Staatsministerin Dr. Beate Merk und Bezirksrat Herbert Pressl zusammen mit dem CSU-Ortsverband Illertissen am Freitag in die Schranne geladen. Etwa 60 Interessierte kamen.
Wolfgang Höß, Bürgermeister von Altenstadt und Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Untere Iller, wetterte gegen solche Pläne. Die Iller werde auf Höhe von Altenstadt durch den UIAG-Kanal bereits um 90 Prozent ihres Wassers beraubt. Noch weitere Kleinkraftwerke würden die Flussökologie weiter verschlechtern, auch wenn sie der ökologischen Stromgewinnung dienten. Mit dieser Aussage erntete Höß Applaus bei den Anwesenden, darunter viele Vertreter von Fischereivereinen. Die meldeten sich in der Diskussion zu Wort, um den Kurs von Höß zu unterstützen. Der Lebensraum für Fische müsse verbessert werden. Höß übergab Staatsministerin Merk eine Liste mit 1797 Unterschriften gegen Kraftwerke. Der Bürgermeister hatte sie gemeinsam mit der Interessengemeinschaft Naturraum Iller gesammelt. Merk betonte, jahrzehntelang sei Raubbau am Fluss betrieben worden. Es gehe nun darum, die ökologische Situation nicht noch weiter zu verschlechtern. In Baden-Württemberg werde dies offenbar anders gesehen. Herbert Pressl bezeichnete den Gewässerentwicklungsplan (siehe Kasten) als „eine mutige Stellungnahme, ohne zu wissen, was dabei rauskommt“. Es sei unklar, ob dieser am Ende die Menge des Wassers im Hauptlauf der Iller vergrößere oder verkleinere.
Wasserwirtschaftsamtsleiter Ralph Neumeier räumte ein, es sei offen, ob der Entwicklungsplan zu einer Abnahme im Hauptlauf führe und ob dann Kleinkraftwerke unwirtschaftlich werden. Hier eine Entscheidung zu treffen, sei Sache der Kraftwerksbetreiber. Seine Behörde habe die Aufgabe, jeden Antrag zu prüfen. Die Behörde sei dabei weder gegen noch für einen solchen Bau. Voraussetzung für eine Genehmigung sei die Gewähr, dass das Kraftwerk den ökologischen Zustand des Flusses nicht verschlechtere – zum Beispiel mit Hilfe von Ausgleichsmaßnahmen. Ob Kraftwerke erlaubt werden, entscheide die Rechtsbehörde.
Oliver Born, Fischereifachberater des Bezirks Schwaben, unterstützte den Gedanken des Gewässerentwicklungsplans, Seitenarme entlang der Iller anzulegen. Diese müssten jedoch ganzjährig Wasser führen und auch die Au-Gewässer entlang des Flusslaufs speisen. Die Seitenarme könnten dann Kinderstuben für die Fische werden. Die Iller, wie sie heute ist, könne wegen der vielen Kraftwerke und Wehre kaum noch als Fluss bezeichnet werden – eher als Anreihung stehender Gewässer. Aus diesem Grund hätten die ursprünglichen Flussfischarten große Schwierigkeiten zu überleben. Ziel müsse sein, wieder einen durchgängigen Flusslebensraum herzustellen.
Schnell fließende Seitenflüsse als neue Rückzugsräume
Gewässerentwicklungsplan Ralph Neumeier vom Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz und Leiter des Wasserwirtschaftsamtes in Donauwörth erläuterte den Gästen den Gewässerentwicklungsplan für die Iller. Dieser soll im Herbst 2016 fertig sein. Um den angestammten Tieren und Pflanzenarten der Iller wieder mehr Lebensraum bieten zu können, ist demnach vorgesehen, Seitengewässer anzulegen. Und zwar schnell fließende Seitenflüsse, die neue Rückzugsräume für Flora und Fauna bieten. Wehre, die bislang einzelne Illerabschnitte trennen, sollen nach Möglichkeit durch Rampen ersetzt werden, über die das Flusswasser hinweg fließen kann.
Quelle: Südwestpresse 25.01.2016
Iller: Kraftwerksgegner fürchten Raubbau
Beim Informationsabend der CSU in der Schranne wird über das Vorhaben bei Dietenheim heiß diskutiert Von Michael Seefelder
Das bei Dietenheim in der Iller geplante Kraftwerk treibt die Menschen in der Region um. Das zeigte der gut besuchte Informationsabend in der Illertisser Schranne zu dem Thema, den der Illertisser CSU-Ortsverein veranstaltet hat, und zu dem die Europaministerin und Landtagsabgeordnete Beate Merk geladen war. Dabei wurde auch deutlich, wie vielschichtig die Debatte um den Naturraum Iller ist und dass es einfache Lösungen nicht gibt.
„Degradierte Restwasserstrecken“, „trostlose Abfolge von Tümpeln“ – mit deutlichen Worten beschrieben die Redner den aus ihrer Sicht bedenklichen Zustand des Flusses. Aber es ist noch nicht zu spät, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und die Artenvielfalt in der Iller zu retten: Diese Botschaft unterstrich Oliver Born, Fischereifachberater des Bezirks Schwaben. Die Restwassermenge, die nach der Ausleitung in den UIAG-Kanal noch im Flussbett verbleibt, müsse erhöht werden. „Fische brauchen Wasser“, so Born. Besonders wichtig sei ausreichend Kies, damit die Fische laichen könnten. Doch gebe es heute „massive Geschiebedefizite“. Der Fluss müsse durchgängiger werden, sonst hätten Wanderfische wie Nase und Huchen, die auf miteinander vernetzte Lebensräume angewiesen seien, keine Chance.
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Ralph Neumeier, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth, lieferte Zahlen zur Nutzung der Wasserkraft in Bayern. Es gebe 4174 Anlagen im Freistaat, darunter sehr viele kleine, denn 94 Prozent der Anlagen erzeugten neun Prozent des Stroms aus Wasserkraft. „Die Wasserkraft ist eine der ältesten Energien. Deshalb sind auch die verbleibenden Potenziale sehr gering“, sagte Neumeier. Der ökologische Zustand im Illerabschnitt vom UIAG-Kanal bis zur Einmündung in die Donau sei mäßig, auf der Strecke von Illertissen bis zur Einmündung in den UIAG-Kanal gar unbefriedigend. Es gebe dort keinen Teil der Iller, der nicht stark vom Menschen verändert sei. Mögliche Lösungen seien die Beseitigung von Querbauwerken oder deren Umbau in raue Rampen.
„An der ablehnenden Haltung der CSU hat sich nichts geändert“, so Bezirksrat Herbert Pressl. Er hält den Bau des Kraftwerks bei Dietenheim für rechtlich gar nicht umsetzbar, da der Europäische Gerichtshof festgestellt habe, dass die Wasserrahmenrichtlinie auch auf konkrete Vorhaben angewendet werden kann, wenn diese das Gewässer schädigen oder keine Verbesserung bringen. Die ökologischen Aspekte seien höher zu bewerten als die wirtschaftlichen. Er lobte die „segensreiche Renaturierung“ der Iller bei Vöhringen, die auch in Richtung Süden fortgesetzt werden müsse.
Als leidenschaftlicher Freund der Iller präsentierte sich Wolfgang Höß, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft „Untere Iller“. Es gehe „um ein Stück Heimat und ein Stück Natur“, appellierte Höß. Ein neues Kraftwerk mache Verbesserungen auf Jahrzehnte hin unmöglich. „Ich glaube, diese Zeit hat die Iller nicht mehr.“ Die Menschen hätten erkannt, dass hier ein weiterer Raubbau an der Natur drohe. Das zeigten die 1779 Unterschriften, die die Kraftwerksgegner bei nur einer größeren öffentlichen Aktion auf dem Illertisser Herbstmarkt gesammelt hätten. Die Liste wurde an Staatsministerin Beate Merk übergeben, die als Moderatorin durch die anschließende Diskussionsrunde führte.
Dabei wurde dann auch deutlich, wie komplex das Thema eigentlich ist. Diskutiert wurde beispielsweise darüber, wie es sich auswirkt, wenn das Ziel, mehr Restwasser in das Flussbett zu bekommen, im Gewässerentwicklungsplan festgeschrieben wird. Was ökologisch wünschenswert sei, mache die Iller andererseits für Kraftwerksbetreiber attraktiver, da so quasi mehr Rendite garantiert werde.
Quelle: Illertisser Zeitung 25.01.2016
Das Ringen um die Zukunft der Iller
Der geplante Bau von Kraftwerken polarisiert seit Jahren. Eine Bestandsaufnahme
Von Michael Seefelder
Seit Jahren wird über den Bau weiterer Kraftwerke zur Energiegewinnung in der Iller leidenschaftlich diskutiert. Derzeit sammelt die „Interessengemeinschaft Naturraum Iller“ Unterschriften gegen solche Pläne, da sie die Renaturierung des Flusses gefährdet sieht. Befürworter sprechen hingegen von einem wichtigen Schritt hin zu mehr erneuerbaren Energien. Hier einige wichtige Fragen und Antworten zu dem vielschichtigen Thema.
Um welche Vorhaben geht es überhaupt?
Konkret geht es um zwei verschiedene Pläne. Zum einen wollen die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) ein Kraftwerk bei Flusskilometer 17,0 auf der Höhe von Bellenberg bauen. Zum anderen plant die Münchner Firma Fontin bei Dietenheim (Flusskilometer 23,48) zunächst ein Schachtkraftwerk in die bestehende Wehranlage einzubauen. Sieben weitere sollen folgen.
Wie weit sind diese Pläne fortgeschritten?
Das SWU-Kraftwerk befindet sich seit 2013 im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Wie ein Sprecher der Stadtwerke auf Anfrage mitteilt, werde das Genehmigungsverfahren derzeit aber nicht weiterverfolgt. Dies bedeute nicht, dass die SWU das Projekt aufgegeben hätten. Allerdings seien die „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Neubau von Kraftwerken hierzulande in den letzten Jahren deutlich schwieriger geworden“. Es bestehe anhaltend Unsicherheit, was die Rentabilität von Investitionen angeht. Über den Antrag der Firma Fontin entscheidet noch das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises. Wie Geschäftsführer Mathias Fontin sagt, seien die Erörterungstermine abgeschlossen. Derzeit liefen noch technische Abstimmungen. Das Genehmigungsverfahren sei also relativ weit fortgeschritten.
Was kritisieren die Gegner an dem Projekt?
Die Kritiker weiterer Kraftwerke in der Iller sehen bisherige Renaturierungsbemühungen, beispielsweise bei Vöhringen, torpediert. Sie verweisen darauf, dass bereits 90 Prozent des Illerwassers, das bei Filzingen in den UIAG-Kanal eingeleitet wird, für die Energieerzeugung verwendet werde. Durch weitere Kraftwerke würde auch das verbleibende Restwasser seiner ökologischen Qualität beraubt. Stellvertretender Landrat Herbert Pressl und der Vorsitzende der Fischereigenossenschaft „Untere Iller“, Wolfgang Höß, betonen beide, dass die Wasserrahmenrichtlinie der EU vorsieht, dass sich der Zustand von Gewässern nicht verschlechtern dürfe. Genau das geschehe jedoch würden neue Anlagen gebaut. Stattdessen müsse das Ziel sein, die Iller durchgängig zu machen, was der gesamten Ökologie des Flusses zugutekäme.
Wie argumentiert die Firma aus München?
Für Geschäftsführer Mathias Fontin ist bei den Kraftwerks-Gegnern auch viel Polemik im Spiel. Er verweist darauf, dass es zwischen Memmingen und Illertissen bereits 24 Querbauwerke in dem Fluss gebe. Die derzeitigen Fischpässe, über die Fische die Bauwerke passieren sollen, seien entweder kaum oder gar nicht funktionsfähig. Würde das Schachtkraftwerk gebaut, gehöre dazu auch eine Ertüchtigung und Ergänzung der Fischauf- beziehungsweise -abstiege. Das geplante Schachtkraftwerk, das an der TU München entwickelt worden sei, übererfülle die Vorgaben der ökologischen Wasserwirtschaft, sei für Geschiebe, also Feststoffe, die das Gewässer mitführt, durchlässig. Außerdem sei das Kraftwerk unter Wasser, wodurch es kaum Eingriffe in die Natur gebe und die Fischschädigung minimiert werde.
Wie wird die Rolle der Stadt Dietenheim und des Landes Baden-Württemberg von bayerischer Warte aus gesehen?
Die Kraftwerksgegner äußern auch immer wieder Kritik an der Stadt Dietenheim und an der baden-württembergischen Landespolitik. Wie Wolfgang Höß sagt, seien 90 Prozent der Iller bayerisch. Trotzdem maße sich Baden-Württemberg an, einen Keil in die bayerischen Bemühungen zum Schutz des Gewässers zu treiben. Der Dietenheimer Gemeinderat habe dem Bauvorhaben wohl ohne tiefgründigere Auseinandersetzung mit dem Thema zugestimmt. Bürgermeister Eh sagt hingegen, er könne die Aufregung nicht nachvollziehen. Es sei nur ein „untergeordnetes Bauwerk“ des Kraftwerks, eine „kleine Hütte“, genehmigt worden. Es liefen derzeit keine Planungen für eine Renaturierung im besagten Illerabschnitt. Diese habe schon vor 25 Jahren stattgefunden. Außerdem sei die Laufzeit des Kraftwerks auf 30 Jahre begrenzt. Danach gebe es die Möglichkeit, die Renaturierungsbemühungen auch bei Dietenheim fortzusetzen.
Was machen die Gegner im Falle einer Genehmigung der Anlage?
Hans-Joachim Weirather, Präsident des Fischereiverbandes Schwaben und Unterallgäuer Landrat, kündigt an, dass dann Rechtsmittel eingelegt werden. „Wir werden das nicht auf sich beruhen lassen“, so Weirather. Der jetzige beklagenswerte Zustand der Iller dürfe nicht mit einem Wasserkraftwerk zementiert werden. Durchgängige Strukturverbesserungen könne es nicht geben, wenn die Anlage gebaut werde. „Die Iller ist keine Opferstrecke, sondern sie schreit danach, zum Leben erweckt zu werden“, sagt Weirather.
Quelle: Illertisser Zeitung 29.10.2015
Illertissen
Fischer fürchten um Renaturierung der Iller
Auf dem Herbstmarkt sammelt IG „Naturraum Iller“ Unterschriften gegen weiteren Kraftwerksbau
Jetzt gehen sie auch in die Öffentlichkeit: Mitglieder der Interessengemeinschaft „Naturraum Iller“ haben den Illertisser Herbstmarkt genutzt, um an einem Infostand ihre Standpunkte zur Renaturierung der Iller und gegen den Bau weiterer Wasserkraftwerke im Fluss unter die Leute zu bringen. Der Infostand fand bei den Marktbesuchern großes Interesse.
„Das Genehmigungsverfahren für die Wasserkraftanlage in der Iller bei Dietenheim ist schon weit fortgeschritten“, berichtete der Vorsitzende der Fischereigenossenschaft „Untere Iller“, Wolfgang Höß, und fügte an, dass die Bevölkerung seiner Meinung nach noch nicht ausreichend über die Folgen des Vorhabens unterrichtet sei. Dietmar Wagner, Vorsitzender des Fischereivereins Altenstadt, bekräftigte erfreut, dass bereits mehr als 500 Unterschriften gegen das geplante Kraftwerk zusammengekommen sind.
Dass das Kraftwerk, dem weitere folgen sollen, in einem Illerabschnitt mit der geringsten Restwassermenge im gesamten Illerbett eingebaut werden soll, ist nach Ansicht von Höß nicht hinnehmbar. Flussabwärts wurde die Iller bereits renaturiert. Flussaufwärts ist bis auf eine Fischaufstiegsanlage bei Filzingen noch nichts in Planung. Durch den Kraftwerksbau könnte die weitere Renaturierung des Flusses auf Jahrzehnte hinaus behindert oder unmöglich gemacht werden. Höß betonte auch, dass sich die bayerischen Kommunen im Landkreis Neu-Ulm frühzeitig und geschlossen gegen das Projekt ausgesprochen haben. Es könne nicht sein, dass die Stadt Dietenheim mit einem nur kleinen Illeranteil diese Bemühungen zunichtemacht.
Die Interessengemeinschaft berät derzeit, ob neben der Unterschriftenaktion auch eine Petition an den württembergischen Landtag eingereicht werden soll. Eine entsprechende Homepage unter „www.naturraum-iller.de“ ist auch bereits eingerichtet. „Es gilt nun, die Kräfte der Verbände und Bürgerschaft zu bündeln und geschlossen gegen den Kraftwerksbau vorzugehen“, betonte Höß abschließend.
Quelle: Illertisser Zeitung 26.10.2015
Region
Fischer gegen Iller-Kraftwerk – Behörden verhandeln mit Firma Fontin
Während die Behörden mit dem Investor um Details verhandeln, laufen die Fischer Sturm: Gegen den Bau eines Kleinkraftwerks in der Iller.
Der Widerstand auf bayerischer Seite ist nach wie vor hoch gegen den Plan der Firma Fontin, an bestehenden Querbauwerken in der Iller kleine Wasserkraftwerke einzubauen: Kommunen, Fischer und Naturschützer sind erbost darüber, dass ihnen im Genehmigungsverfahren für eine von acht Anlagen die Hände gebunden sind. Diese liegt auf württembergischer Seite der Iller, die Federführung im Anhörungsverfahren hat das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises.
Vor sechs Jahren bereits hatte der Kreis Neu-Ulm über die Fontin-Pläne diskutiert. Auslöser war der Antrag der Firma aus München, acht neue Turbinen zur Stromgewinnung entlang der Iller einzubauen. 24 solcher Flussbauwerke gibt es zwischen Illertissen und Memmingen. Kern des Fontin-Konzepts sind so genannte Restwasserkraftwerke. Nutzen will das Unternehmen das Flusswasser, das hinter einer Kette seit Jahrzehnten bestehender Kraftwerke wie zum Beispiel der Unteren Iller AG übrig bleibt.
Renaturierung und gänzlicher Abbau von Wehren und Querbauten im Fluss lautet dagegen die Forderung im Kreis Neu-Ulm. Die Nutzung des Restwassers verringere die Wassermenge für Flora und Fauna – vor allem für die Fische. Der Antrag auf bayerischer Seite ruht seither. Umso mehr erbittert die Naturschützer das Genehmigungsverfahren für ein solches Kleinkraftwerk südlich von Dietenheim. Um dieses zu verhindern, haben sich Fischereivereine und Kommunen zu einer Interessensgemeinschaft (IG) zusammengeschlossen. Diese versucht nun, die Bevölkerung zu sensibilisieren, Unterschriften zu sammeln und auf sich aufmerksam zu machen. Den Auftakt bildete eine Infoveranstaltung in Altenstadt – mit Verbandsvertretern, Bürgermeister Wolfgang Höss und dem stellvertretenden Landrat Herbert Pressl. Ihre Kritik: dass das Kraftwerk in einem Illerabschnitt mit der geringsten Restwassermenge errichtet werden soll. „90 Prozent des Illerwassers werden bei Filzingen in den Kanal umgeleitet, um dort technisch genutzt zu werden“, erklärte Höss. Pressl kritisiert die geringe Energieleistung: Die Versorgung von rechnerisch 400 Haushalten pro Jahr stehe für ihn in keiner Relation zum Eingriff in die Ökologie.
Die Genehmigung für die Anlage sei noch nicht erteilt, bestätigte am Montag Reinhold Ranz, der Leiter des Fachdienstes Umwelt im Landratsamt Alb-Donau. Eine Anhörung habe Mitte des Jahres stattgefunden. Im Wesentlichen gebe es seitdem zwei strittige Punkte, zu denen die Fischereibehörden der Regierung von Schwaben Augsburg und des Regierungspräsidiums Tübingen mit der Firma in Verhandlungen stehen. Die Dichte der Reusen zum Schutze des Kraftwerks. Und ein weiterer Ausschnitt im Querbauwerk, um die Wanderrouten der Fische in der Iller noch weiter zu öffnen. Das Problem: Dadurch würde sich die Menge an Wasser verringern, das zur Stromproduktion genutzt werden kann.
Quelle: Südwestpresse 29.09.2015
Altenstadt
Widerstand gegen Kraftwerks-Pläne an der Iller
Fischer, Politiker und Naturschützer wollen weitere Anlagen in der Iller verhindern. Sie würden gegen EU-Richtlinien verstoßen und dem Gewässer erheblichen Schaden zufügen.
Die Protestbewegung gegen Wasserkraftwerke in der Iller gewinnt immer mehr an Dynamik und Fürsprechern. Auf großes öffentliches Interesse stieß nun auch eine Informationsveranstaltung der Interessengemeinschaft „Naturraum Iller“, die sich gegen weitere Iller-Kraftwerke richtet. Letztlich konnte das Zelt gar nicht alle Besucher fassen. Kommunen und Verbände wie Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz und Fischereiverbände sprachen sich unisono und vehement gegen Klein-Wasserkraftanlagen aus.
Versammelt hatten sich Vertreter der Fischereivereine aus dem Raum Neu-Ulm und dem Landkreis Unterallgäu. Im Prinzip von Neugablonz (bewirtschaftet ein Teilstück Iller bei Altusried) bis über Buxheim hinaus. Konkret geht es momentan darum, den Bau eines Wasserkraftwerks durch die Münchner Firma Fontin am Flusskilometer 23,48 bei Dietenheim zu verhindern.
Unterschriftenaktion gegen Wasserkraftwerk
„Das Genehmigungsverfahren läuft“, betonte der Vorsitzende des Fischereivereins Altenstadt, Dietmar Wagner, der den Start einer Unterschriftenaktion gegen das Projekt bekannt gab. Der Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Untere Iller, Wolfgang Höß, betonte, dass man weitere Kraftwerke im Restwasserbereich der Iller unbedingt vermeiden muss. Zu den Hauptbetroffenen gehöre die Bevölkerung von Ulm bis Oberstdorf, die man nun mobilisieren müsse. Die Fischer seien zwar die Organisatoren, doch gehe es nicht nur um die Fische, sondern auch um den Naturraum Iller und die Gewässerökologie. Höß meinte, dass die Renaturierung der Iller durch den Einbau des Kraftwerks ins Mutterbett der Iller auf Jahrzehnte zum Stillstand kommt. Dies hielt er für umso unsinniger, da man für die Renaturierung des Flusses bei Vöhringen viele Steuergelder in die Hand genommen habe. Die begonnene Arbeit könne bei einem Kraftwerksbau nicht fortgeführt werden. „90 Prozent des Illerwassers, das in Filzingen ankommt, fließt in den Uiag-Kanal zum Betrieb der bestehenden Kraftwerksanlagen und nur zehn Prozent Restwasser verbleiben in der Iller“, berichtete Wolfgang Höß.
Als problematisch wird gesehen, dass sich der aktuelle Antrag der Firma Fontin zum Kraftwerksbau auf ein kleines Iller-Teilstück auf württembergischer Seite bezieht. Laut dem stellvertretenden Landrat des Kreises Neu-Ulm, Herbert Pressl, sind die württembergischen Behörden offenbar gewillt, das Projekt zu genehmigen. Auch habe der Gemeinderat Dietenheim zugestimmt. Auf bayerischer Seite hatten die Kommunen dem Erstantrag vor ein paar Jahren die Zustimmung versagt. Höß bekräftigte, dass eine Entscheidung erst fallen sollte, nachdem ein Gewässernutzungsplan für die gesamte Iller erstellt wurde.
Umweltschützer fürchten um die Fischbestände der Iller
„Das rechtfertigt keinen so großen ökologischen Eingriff“, würdigte Pressl die Tatsache, dass das Kleinkraftwerk nur etwa 400 Haushalte mit Strom versorgen könnte. Wenn aber der Antrag durchgehe, sei das nur die erste Wasserkraftanlage von acht oder mehr. Pressl zeigte sich entschlossen, dass man letztlich auch den Rechtsweg gehen wird. Auch Ulrich Krafczyk, Geschäftsführer des Fischereiverbandes Schwaben, sprach davon, Klage einzureichen. Er glaubt, dass die Fischbestände in der Iller überaltern und aussterben. Da die Durchgängigkeit des Gewässers fehle, kommen nicht genügend Fische von der unteren Iller in den oberen Bereich nach.
Die bestehenden Querbauwerke könne man umgestalten. Allerdings nur, wenn keine neuen Kraftwerke eingebaut würden. „Wir sind massiv gegen das Vorhaben“, betonte Bernd Kurus-Nägele vom Bund Naturschutz. Eigentlicher Skandal sei der Missbrauch der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. So müsse ein Gerinne, das als Fischaufstiegshilfe gedacht ist, als Begründung für den Kraftwerksbau herhalten. „Dadurch wird ein Präzedenzfall geschaffen, der uns Jahrzehnte beschäftigen wird“, fügte Kurus-Nägele an. Jürgen Kath vom württembergischen Fischereiverband freute sich, dass so viele Verbände an einem Strang ziehen und wünschte viel Erfolg für das Vorhaben.
Quelle: Illertisser Zeitung 28.09.15
Altenstadt
Jungfischer demonstrieren gegen geplantes Wasserkraftwerk
Fischerjugend im Landkreis sieht durch ein geplantes Wasserkraftwerk bei Dietenheim Tiere und Pflanzen in Gefahr. Was die Naturschützer stattdessen fordern.
„Die Iller ist hier nur ein lahm fließendes Gewässer mit wenig Sauersoff und Nährstoffen“, erläuterte Max Liedel aus Altenstadt. Der Jugendwart des Altenstadter Fischereivereins sprach sich für eine Renaturierung und Wiederbelebung der Iller, wie sie im Bereich Vöhringen stattgefunden hat, aus. Wichtig sei es, Unterstände und Laichplätze für die Fische zu schaffen. Ein neues Wasserkraftwerk, wie es die Firma Fontin aus München plant, würde die Renaturierung des Flusses auf viele Jahre hinaus verhindern, so Liedel. Der gleichen Meinung ist Markus Kaufmann vom Fischereiverein Illertissen-Dietenheim. Fische würden bei Hochwasser die Iller hinuntergespült, hätten aber wegen der fehlenden Durchgängigkeit keine Möglichkeit, hinauf zu kommen. Die Artenvielfalt nehme ab. Kleinkraftwerke würden diese Entwicklung noch verstärken.
Weit mehr als 30 Jugendliche hatten sich eingefunden, um gegen den Bau des Wasserkraftwerks bei Dietenheim zu protestieren. Die Werke zerstörten die Natur. Das Kraftwerk solle ausgerechnet in einem Illerabschnitt mit der geringsten Restwassermenge der gesamten Iller erbaut werden. Mit dem Kleinkraftwerk könnten lediglich 300 bis 400 Haushalte versorgt werden. Die Iller bleibe mitsamt ihren Wasserlebewesen auf der Strecke.
Quelle: Illertisser Zeitung 22.07.15
Altenstadt
Fischer wollen Kleinkraftwerk mit allen Mitteln verhindern
Genossenschaft Untere Iller will gegen Vorhaben bei Dietenheim vorgehen. Wenn nötig auch über den Rechtsweg.
Die Fischereigenossenschaft Untere Iller stemmt sich weiterhin und vehement gegen den Bau von Klein-Wasserkraftwerken in der Iller. Zunächst berichtete bei der Jahresversammlung in Altenstadt Vorsitzender Herbert Pressl, dass sich die Iller nach der Renaturierung allmählich erhole und ihren eigenen Lebensraum entfalte. Pressl bedauerte jedoch, dass die Renaturierung der Iller noch nicht weiter in Richtung Süden fortgeführt worden sei. Die positive Entwicklung werde aber getrübt von der Nachricht, dass die Firma Fontin aus München ein Kleinkraftwerk plant und hierfür beim Landratsamt des Alb-Donau-Kreises die wasserrechtliche Bewilligung beantragt hat. „Dafür müsste man in das Illerbett eingreifen, wie es für uns nicht hinnehmbar ist“, wetterte der Vorsitzende und sagte, dass die weitere Renaturierung des Flusses auf viele Jahre hinaus blockiert werde. Die erste Teilstrecke, die gemacht wurde, bringe nicht viel. Vielmehr müsse man den naturgerechten Rück- und Umbau der lller auf der ganzen Strecke umsetzten, um die gewünschten positiven Effekte erzielen zu können. „Durchgängigkeit ist das Ziel“, fügte Pressl an. Die Firma Fontin habe ihr Vorgehen bei Kleinkraftwerken geändert. Nachdem im Gebiet der Fischereigenossenschaft Untere Iller zunächst acht Kleinkrafktwerke angekündigt waren, wurde die Antragstellung beim Landratsamt Neu-Ulm aufgrund öffentlicher Proteste nach Aussage Pressls nicht weiterverfolgt. Vielmehr sei Fontin nach einer Überarbeitung der Planung auf die württembergische Seite zugegangen und und habe den „Vorteil“ genutzt, damit im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Alb-Donau-Kreis zu sein. Die Rechnung ging offenbar auf. Der Vorsitzende berichtete, dass der Gemeinderat der Stadt Dietenheim den Antrag auf ein Kraftwerk bis auf eine Stimmenthaltung befürwortet habe. „In Bayern hatten alle Kommunen das Projekt abgelehnt“, fügte Geschäftsführer Norbert Frank an. Bei einem Erörterungstermin habe man dann erfahren, dass von Seiten des Regierungspräsidiums Tübingen unter Auflagen bereits eine Genehmigung in Aussicht gestellt wurde. Pressl bedauerte, dass auf württembergischer Seite die Schaffung regenerativer Energien höher bewertet werde als ökologische Belange. Das gehe in diesem Fall soweit, dass ein Kleinkraftwerk, das lediglich 300 bis 400 Haushalte versorgen könne, wahrscheinlich gebaut werden darf und die Iller mitsamt ihren Wasserlebewesen „auf der Strecke bleibt“. Zudem werde die begonnene Illerrenaturierung ad absurdum geführt. Statt ein Kraftwerk zu bauen, müsse man die bestehende Schwelle abbauen und den Flusslauf durchgängig gestalten. „Wir werden das Vorhaben rechtsstreitig prüfen müssen“, kündigte Pressl an. Im Prinzip werde man den Bescheid abwarten und Rechtsmittel einlegen. Der Fischereigenossenschaftsvorsitzende befürchtet zudem, dass die Firma Fontin nach einer Genehmigung des ersten Kleinkraftwerks versuchen werde, weitere Kleinkraftwerke zu realisieren.
Quelle: Illertisser Zeitung 02.07.15